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Der Rauchsalon

Der Rauchsalon

Titel: Der Rauchsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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besser
doch welche zeichnen sollten«, sagte Bittersohn. »La belle dame sans merci hat
uns die Geschichte nämlich nicht ganz abgekauft, wie Sie sicherlich bemerkt
haben.«
    »Natürlich habe ich das. Was denken
Sie, warum ich das ganze Trara mit den Fotos veranstaltet habe? Aber gnadenlos
dürfen Sie sie nicht nennen. Wenigstens hat sie doch den Anstand gehabt, nicht
zu sagen, was sie dachte.«
    »Es ist wahrscheinlich auch nicht
gerade sehr angebracht, seine Vermieterin der Lüge zu bezichtigen.«
    »Ach, nehmen Sie es ihr bitte nicht
übel. Haben Sie schon irgend etwas herausgefunden?«
    »Könnte man sagen. Übrigens, wie gut
haben Sie diesen Quiffen gekannt, bevor Sie ihn bei sich aufgenommen haben?«
    »Offensichtlich nicht gut genug, sonst
hätte ich es nämlich nicht getan. Ich hatte ihn zwar einige Male bei den
Protheroes gesehen, aber nie besonders beachtet, und er mich auch nicht. Es
waren immer eine Menge Leute da, denn George kann nie länger als zehn Minuten
wach bleiben, und das ist natürlich für Anora ziemlich langweilig. Quiffen
gehörte zu den Leuten, von denen man annimmt, daß man sie kennt, bis man dann
herausfindet, daß man sich geirrt hat.«
    »Fällt Ihr Mr. Hartler nicht in
dieselbe Kategorie?«
    »Ja, da könnten Sie recht haben, aber
finden Sie nicht, daß er ein liebenswerter alter Herr ist?«
    »Ich würde bloß gern einmal einen Blick
auf die königlichen Schätze aus Hawaii werfen, die er sammelt«, sagte
Bittersohn.
    »Warum denn? Glauben Sie etwa, daß man
ihn betrügt? Und was könnte das mit Mr. Quiffen zu tun haben?«
    »Ich habe keine Ahnung, ob er betrogen wird
oder nicht, und eine Verbindung zu Quiffen sehe ich auch nicht. Nennen Sie es
einfach professionelle Neugier. Aber eigentlich wollte ich mich mit Ihnen über
Ihren Cousin unterhalten.«
    »Über welchen denn? Ich habe Tausende
davon.«
    »Adolphus Kelling. Sie haben ihn doch
in Verbindung mit Ihrem Großonkel Frederick erwähnt, nicht wahr?«
    »Cousin Dolph? Ja, natürlich. Seine
eigenen Eltern sind früh gestorben, und er wurde von Großonkel Frederick und
Großtante Matilda mehr oder weniger wie der eigene Sohn großgezogen. Er wird
ihren Besitz erben. Was ist denn mit ihm?«
    »Hat er nicht auch die Gelder
verwaltet, die wohltätigen Zwecken oder so zukommen sollen?«
    »Nachdem Großtante Matilda tot war, hat
man ihn offiziell zum Verwalter bestimmt, weil Großonkel Frederick damals schon
nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte und man kein Scheckbuch mehr in seiner
Nähe lassen konnte. Er hat sich immer gern in der Rolle des öffentlichen
Wohltäters gesehen, wissen Sie, und Dolph stellte jahrelang so etwas wie seinen
Adjutanten vor. Dolph kämpft immer noch in Onkel Freds Namen auf der Seite des
Guten, und ich glaube, daß er damit auch nicht aufhören wird. Es füllt ihn aus,
und er kann sich wichtig fühlen, und man muß schon sagen, daß sie irgendwie
auch schon eine Menge erreicht haben, wenn auch nichts wirklich Besonderes. Was
ist denn mit Dolph?«
    »Gute Frage. Um mich ganz kurz zu
fassen, dieser Barnwell Quiffen hat einen Privatdetektiv angeheuert, um
herauszufinden, wie Ihr Cousin den Besitz seines Onkels verwaltet hat.«
    »Aber warum denn das?« Sarah schnappte
nach Luft. »Meinen Sie damit, daß Mr. Quiffen dachte, Dolph hätte — wie heißt
es doch gleich — die Bücher frisiert?«
    »In seine eigene Tasche gewirtschaftet,
war die Formulierung, die Mr. Quiffen dem Detektiv gegenüber gebraucht hat.«
    »Aber das ist doch absurd! Warum hätte
er so etwas denn tun sollen? Dolph hat doch sowieso schon das ganze Geld seiner
Eltern, und ich kann Ihnen versichern, daß er bestimmt kein Verschwender ist,
aber da er mich einmal im Jahr immer in ein sehr nettes Restaurant einlädt,
kann ich ihn auch nicht wirklich als Geizhals bezeichnen. Aber bevor er
bezahlt, rechnet er jedesmal ganz genau nach, ob auch alles stimmt. Onkel Freds
Geld hätte er doch sowieso bekommen, er hätte sich also nur selbst bestohlen,
wenn das überhaupt möglich ist.«
    »Wußte er, daß er alles erben würde?«
    »Aber natürlich. Das wußte doch jeder.
Bei jedem Familientreffen ist Onkel Fred wie General Pershing herummarschiert
und hat laut deklamiert: ›Dir werfe ich die Fackel zu mit ermattender Hand.
Dein soll sie sein, so halte du sie hoch!‹ Und Dolph hat sich aufgeplustert wie
ein Kugelfisch, bis ihm die Augen aus dem Kopf traten, sich in die Brust
geworfen, wie er es immer tut, und gesagt: ›Ich werde dich nicht

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