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Der Rauchsalon

Der Rauchsalon

Titel: Der Rauchsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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älter« gesetzt. Hielt Mrs. Sorpende Mr. Bittersohn
für einen zu attraktiven Untermieter im Haus einer jungen Witwe? Befürchtete
sie, daß er Miss LaValliere verführen könnte oder die ihn?
    Oder befürchtete sie, daß er ihrem
eigenen gereiften Charme widerstehen könnte? Aber warum sollte das ihr etwas
ausmachen, wo sie doch Professor Ormsby hatte, der offensichtlich nach ihr und
ihrem Kopfschmuck lechzte, und Mr. Hartler, der sich schon bereitwillig in ihr
seidenes Netz gestürzt hatte, noch bevor sie es überhaupt ausgebreitet hatte,
und Cousin Dolph, Onkel Jem und Gott weiß wie viele andere betuchte
Junggesellen passenden Alters, die ebenfalls Interesse gezeigt hatten?
    Vielleicht bildete sich Sarah aber auch
alles nur ein. Jedenfalls schien Mr. Bittersohn keinerlei Mißstimmung
wahrzunehmen. Sie hatten sich darauf geeinigt, daß sie ihn ganz einfach als
einen Experten für Kunstgegenstände und Gemälde einführen würde und daß die
anderen sich darunter vorstellen konnten, was sie wollten.
    Mr. Porter-Smith verstand darunter
offenbar Gutachter und begann seine eigenen Kenntnisse über die Finanzen im
Kunstbetrieb auszubreiten, der in seinen Worten so kompliziert erschien, daß
nur ein äußerst scharfer Verstand wie der von Eugene Porter-Smith ihn
durchdringen konnte.
    Max Bittersohn hörte ihm höchst
respektvoll zu. Mr. Hartler gelang es, sich von Mrs. Sorpende lange genug
losreißen zu können, um einige Worte über den Iolani-Palast einwerfen zu
können, und er war überglücklich, als er erfuhr, daß Mr. Bittersohn ihn bereits
besucht hatte. Doch diese Fahnenflucht mußte Mrs. Sorpende nicht frustrieren,
denn sofort nahm der Professor den Platz des abtrünnigen Bewunderers ein und
überschüttete den grünen Chiffonschal der Dame, der nur notdürftig ihren
beeindruckenden Vorbau verhüllte, mit überaus faszinierenden Kostbarkeiten aus
seinem aerodynamischen Schatzkästchen.
    Das Essen war hervorragend, die
Konversation verlief sichtlich lebhafter durch die Abwesenheit von Mr. Quiffen
und die Bereicherung durch den jovialen Mr. Hartler und den zurückhaltenden,
aber dennoch beeindruckenden Mr. Bittersohn. Charles reichte die Sauciere und
füllte die Weingläser mit noch größerer Würde als sonst. Sein Verhalten ließ
deutlich erkennen, daß er dies für eine echt starke Versammlung hielt.
    Sarah hatte es sich zur Gewohnheit
gemacht, die Sitzordnung ihrer Pensionsgäste immer wieder zu verändern, so daß
keiner darüber klagen konnte, vernachlässigt zu werden. An diesem Abend saßen
Mr. Hartler und Mr. Bittersohn neben ihr. Nachdem Charles den Hauptgang
hinausgetragen hatte und es sichtlich genoß, einen Rechaud zu entzünden, der
mit Dosenpfirsichen gefüllt war, die Sarah als Sonderangebot erstanden hatte
und in eine bescheidene Version von Pêches flambées verwandelt hatte,
überraschte Bittersohn sie, indem er lauter, als es sonst seine Art war, zu ihr
sagte: »Was die Illustrationen betrifft, die Sie mir versprochen haben, Mrs.
Kelling, hoffe ich, daß Sie es nicht allzu unhöflich von mir finden, wenn ich
dieses Thema am Essenstisch anspreche, aber mein Verleger drängt auf die
Nennung eines Abgabetermins. Glauben Sie, wir könnten das irgendwann einmal
besprechen?«
    »Aber natürlich.« Sarah war überrascht.
Sie hatte angenommen, daß er die Idee mit dem Buch über antiken Schmuck längst
hatte fallen lassen. Wollte er wirklich damit weitermachen, oder suchte er nur
nach einer Entschuldigung, um mit ihr über etwas ganz anderes zu sprechen, etwa
Mary Smith oder Mr. Quiffen? Am besten spielte sie mit.
    »Es tut mir schrecklich leid. Ich habe
es Ihnen schon vor so langer Zeit versprochen, nicht wahr?«
    Da der Rest der Versammlung sie
verständnislos ansah, begann sie die Angelegenheit zu erklären. »Mein Ehemann
und ich haben häufig Bücher illustriert. Er war ein hervorragender Fotograf.
Einige seiner Aufnahmen hängen hier im Zimmer.«
    Sie hatte inzwischen endlich einige von
Alexanders gerahmten Abzügen ins Eßzimmer gehängt, was sie schon seit langem
vorgehabt hatte, aber nie hatte verwirklichen können, solange ihre
Schwiegermutter noch am Leben gewesen war. Alle bewunderten einen Moment in
respektvoller Stille die äußerst einfühlsamen Fotografien, dann sagte Miss
LaValliere: »Können wir nicht einige von Ihren Bildern sehen?«
    »Aber gern. In der Bibliothek befinden
sich mehrere Bücher, an denen wir mitgearbeitet haben. Allerdings sind meine
Beiträge meist nur kleine

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