Der Rauchsalon
rausgekommen, allein schon wegen des Aufsehens,
das Onkel Fredericks Beerdigung erregt hat. Sehen Sie sich bloß an, welches
Tamtam sie vorige Woche wegen mir gemacht haben, bloß weil Mr. Quiffen zufällig
in meinem Haus gewohnt hat. Ich hatte schon zwei anonyme Briefe, in denen man
mich beschuldigt hat, seine Geliebte gewesen zu sein und ihn in den Tod
getrieben zu haben.«
»Um Gottes willen!« Bittersohn sah sie
entsetzt an.
»Ach, es ist nicht weiter schlimm. Mir
macht das nichts mehr aus, aber Dolph würde es umbringen, wenn sie ihn in den
Schlagzeilen als mutmaßlichen Betrüger zerreißen würden. Wann wird das alles
bloß endlich aufhören?«
»Bitte sehen Sie doch nicht so traurig
aus! Ruhen Sie sich ein wenig aus. Ich hole Ihnen einen Brandy.«
»Nein, bitte nicht.« Sarah kämpfte um
ihre Fassung. »Wir wollten doch eigentlich nur ein nettes kleines
Arbeitsgespräch führen, erinnern Sie sich? Wenn es Ihnen nichts ausmacht,
könnten Sie mir vielleicht ein Glas Wasser aus dem Badezimmer holen. Ich werde
nicht in Ohnmacht fallen, keine Sorge. Es ist bloß — irgendwie scheint es
einfach nicht aufzuhören.«
»Ich verstehe Sie gut. Glauben Sie mir,
ich wollte es Ihnen auch zuerst gar nicht sagen, aber ich hatte Angst, daß
Quiffen bereits Andeutungen über die Nachforschungen gemacht hatte, vielleicht
sogar hier im Haus, und ich dachte, es würde Sie weniger schockieren, es privat
von mir zu erfahren und dann Ihren Cousin darauf aufmerksam zu machen, so daß
eventuelle Gerüchte bereits im Keim erstickt werden können, bevor sie außer
Kontrolle geraten. Es tut mir leid, Mrs. Kelling.«
»Bestimmt nicht so leid wie mir.« Sarah
nahm das Glas, das er ihr reichte, und trank. »Entschuldigen Sie bitte meinen
Ton. Dabei hatte ich Sie ja schließlich selbst um Hilfe gebeten, nicht? Wenn
sich herausstellen sollte, daß mein Pensionsgast von dem Cousin umgebracht
wurde, der mir die Genehmigung für eben diese Pension verschafft hat, dann ist
das wohl einfach nur Pech, oder?«
»Möchten Sie noch ein wenig Wasser?«
»Seien Sie doch bitte nicht so nett zu
mir! Ich muß mich ja direkt schämen. Ganz ehrlich, Mr. Bittersohn, ich kann mir
wirklich nicht vorstellen, wie Dolph einem alten Mann auflauert und ihn unter
die Bahn stößt. Ich will damit nicht sagen, daß er nicht rachsüchtig gewesen
wäre, wenn er alles herausgefunden hätte, das wäre er ganz bestimmt, aber das
ist ganz einfach nicht sein Stil. Seine Vorstellung von Rache wäre eine
öffentliche Versammlung in der Faneuil Hall, wo er Mr. Quiffen aufs Podium
schleifen und vor aller Welt als Schweinehund und Mistkerl beschimpfen würde.
Dann würde er eine komplette Betriebsprüfung seiner gesamten Bücher zu Onkel
Fredericks Fonds seit Menschengedenken beantragen.«
»Frösche inklusive?«
»Es würde mich nicht wundern, wenn
jemand das Thema und ein paar andere Wahnsinnstaten auch noch erwähnen würde.
Wie zum Beispiel die Sache, als Großonkel Frederick zufällig mitbekam, wie ein
junger Mann ein Mädchen damit neckte, doch mit ihm gemeinsam nachts an der
Esplanade das Wettrennen für U-Boote anzusehen. Sofort war er überzeugt, daß
die Russen irgendwelche subversiven Aktivitäten auf dem Charles River
vorhätten. Er hat sich furchtbar aufgeregt und schließlich auch noch Dolph
überzeugt. Dann sind die beiden gemeinsam in das Zeughaus der National Guard
gestürmt und haben verlangt, daß man Truppen aussendet, um die Hatch Memorial
Shell zu bewachen, so daß keiner Arthur Fiedler bombardieren konnte.«
»Wundert mich, daß ich das verpaßt
habe.«
»Sie können mir glauben, daß es eine
Menge Leute gibt, die es keineswegs verpaßt haben. Jedenfalls hätte man am Ende
der Vorstellung sehr wohl den Schluß ziehen können, daß Dolph sich nicht einmal
dazu eignen würde, das Kakaogeld für kleine Pfadfinderinnen zu verwalten und
daß die Familie für ihn am besten gleich auch einen Vormund einsetzen sollte.
Obwohl Dolph in finanzieller Hinsicht völlig klar im Kopf ist. Die wirklich
komplizierten Geschäfte erledigen seine Anwälte, und die läßt er durch eine
Gruppe Rechnungsprüfer kontrollieren. Ich kann mir also kaum vorstellen, daß
Mr. Quiffens Nachforschungen irgend etwas ergeben haben, es sei denn, es
handelt sich um eine Verschwörung einer ganzen Gruppe von respektablen Bürgern.
Mr. Quiffen hat sicher wie üblich nur das Schlechteste angenommen. Allerdings
bleibt die Tatsache, daß er tot ist. Wenn wir aber jetzt Schwierigkeiten
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