Der Rauchsalon
aus«, sagte
Mariposa.
»Woher wissen Sie das?«
»Reine Logik, wie Charles sagen würde.
Wenn sie das Kleingeld für ein Sandwich hätte, würde sie es für was anderes
ausgeben. Wissen Sie, daß sie ihre Unterwäsche im Badezimmer auswäscht?«
»Das wußte ich zwar nicht, aber was ist
denn so schlimm daran? Es sei denn, sie ließe es so hängen, daß es Miss
LaValliere völlig volltropft.«
»Pah! Sie würde nie zulassen, daß es
jemand sieht. Wissen Sie auch, warum?«
»Weil sie zu schamhaft ist?«
Wenn sie allerdings daran dachte,
wieviel Mrs. Sorpende jeden Morgen von ihrer Front zur Schau stellte, konnte Sarah
sich nicht vorstellen, daß dies die richtige Antwort war, womit sie völlig
recht hatte. Mariposa schnaufte verächtlich.
»Weil ihre Unterwäsche völlig zerrissen
ist. Deshalb.«
»Ist meine auch.«
»Ja, wir müssen Ihnen unbedingt was
Anständiges kaufen. Es schadet unserem Image, wenn Sie vor der silbernen
Kaffeemaschine sitzen und eine zerlöcherte Unterhose tragen. Und was wäre, wenn
es plötzlich ein Erdbeben gäbe? Aber wenigstens war Ihre Unterwäsche beste
Qualität, als Sie sie gekauft haben. Aber die von Mrs. Sorpende ist wirklich
billigstes Zeug. Und wie viele Kleider haben Sie je an ihr gesehen?«
»Keinen blassen Schimmer. Ich habe sie
nie gezählt. Es scheint so, als ob sie jeden dritten Abend ein neues Kleid
anhätte.«
»Richtig. Es scheint so. Aber wenn man
sich die ganzen Schals, Blumen und Perlen und all das Zeug mal wegdenkt, was
bleibt dann übrig?«
»Ein einfaches schwarzes Kleid, vermute
ich. Sie trägt immer Schwarz.«
»Genau ins Schwarze getroffen,
Liebchen. Ein einfaches schwarzes Kleid für den Abend, und wenn sie das nicht
in Filene’s Basement gekauft hat, bin ich die Königin Liliuokawhoozis. Und ein
einfaches kurzes Kleid für tagsüber, ein einfacher Mantel und ein Paar schwarze
Lederpumps und ein Paar schwarze Vinylstiefel und eine Schublade voll Kunstblumen
und billige Schals und Modeschmuck und ein Paar Nylonstrümpfe und ein paar
Kniestrümpfe, die wirklich kunstvoll gestopft worden sind, und wenn sich jemand
schon die Mühe macht, eine Laufmasche zu stopfen, wenn die Strümpfe nur 49 Cent
kosten — «
»Mariposa, Sie haben in den Schubladen
herumgeschnüffelt!«
»Sie haben Klasse, Liebchen. Charles
hat Klasse. Hier gibt es einfach zuviel Leute mit Klasse, und bald bricht der
ganze Laden zusammen wie das Kartenhaus von ‘nem Falschspieler. Ich, ich hab’
keine Klasse. Könnt’ ich mir nie erlauben. Und Sie können mir glauben,
Liebchen, diese Lady kann es sich auch nicht erlauben. Sie ist doch wohl
hoffentlich nicht mit der Miete in Verzug?«
»Nein, überhaupt nicht. Sie zahlt immer
pünktlich, genau wie die anderen.«
»Wie?«
»Sie überreicht es mir in einem kleinen
Umschlag. Ach so, Sie meinen, ob sie bar bezahlt oder mit einem Scheck? Sie
bezahlt immer bar. Komisch, sie ist eigentlich die einzige, die das tut. Alle
anderen schreiben Schecks aus. Hat das etwas zu bedeuten?«
»Für mich bedeutet das sogar eine ganze
Menge«, sagte Mariposa. »Wenn man ein Konto eröffnet, muß man erst einmal Geld
einzahlen, oder? Und wenn man nicht genug auf dem Konto hat, muß man für jeden
Scheck eine Gebühr bezahlen, nicht? Zählen Sie mal so Gebühren zusammen, und
schon haben Sie den Preis von einem Paar Kniestrümpfe für 49 Cent raus, die man
dann unter einem poppigen schwarzen Abendkleid tragen kann. Und keiner merkt
was, nicht?«
»Aber Mariposa — «
»Sie brauchen gar nicht erst aber zu
sagen, Liebchen. Ich nehme an, sie hat irgendwo ein kleines Sparguthaben. So
kriegt sie wahrscheinlich ein oder zwei Dollar Zinsen, statt selbst
draufzuzahlen. Sie hebt die Miete für eine Woche ab, gibt Ihnen das Geld, ißt,
was Sie ihr vorsetzen, und schon braucht sie keinen Pfennig mehr auszugeben,
als sie schon hat. Sie führt uns weiter ihren Schleiertanz vor, vielleicht kann
sie Ihnen noch ein paar Wochen länger vormachen, daß sie die vornehme Dame ist,
für die sie sich ausgibt. Aber in dem Moment, wo sie die Miete nicht mehr
pünktlich bezahlt, schaffen Sie sich am besten schnellstens eine kranke Tante
an, die das Zimmer dringend braucht.«
»Wirklich, Mariposa! Eine kranke Tante
würde doch wohl nicht zwei Treppen hochsteigen!«
»Dann eben eine gesunde Tante. Sehen
Sie, am besten legen Sie sich schnellstens mit einer Halsentzündung hin und
überlassen Charles die ganze Angelegenheit. Ich schätze, Sie haben nicht viel
Erfahrung damit,
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