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Der Rauchsalon

Der Rauchsalon

Titel: Der Rauchsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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jemanden rauszuschmeißen, oder?«
    »Aber ich mag Mrs. Sorpende«, jammerte
Sarah. »Ich mag sie sogar von allen Pensionsgästen am liebsten, außer natürlich
— aber Mr. Bittersohn kannte ich schließlich schon vorher.«
    »Mr. Quiffen auch, Liebchen. Ich hab’
allerdings nicht bemerkt, daß Sie deswegen Trauer tragen.«
    »Vielleicht bilden Sie sich das meiste
nur ein«, brauste Sarah auf. Es war das erste Mal, daß sie mit Mariposa
aneinandergeriet. »Wenn Sie soviel überschüssige Energien haben, warum kümmern
Sie sich dann nicht um die Eingangshalle, statt die Löcher in anderer Leute
Unterwäsche zu zählen? Die Halle sieht immer aus wie bei Hempels, ich weiß auch
nicht wieso. Bis vor ein paar Tagen war doch noch alles in Ordnung.«
    »Das sind all die Leute, die ständig
bei Mr. Hartler rein- und rausrennen. Treten sich nicht mal die Füße ab und tun
so, als hätten sie einem auch noch ‘nen Gefallen damit getan, daß man ihnen die
Tür aufmachen darf. Mr. Hartler ist vielleicht einer von Ihren netten alten
Bostoner Gentlemen, aber er hat verdammt merkwürdige Freunde.«
    »Das sind nicht seine Freunde«,
korrigierte Sarah. »Es sind bloß Leute, die ihm Dinge verkaufen wollen, die
angeblich aus dem Iolani-Palast stammen, von dem er ständig redet.«
    »Und wieso kommen die alle mit leeren
Händen und gehen mit Paketen weg?«
    »Weil sie ihm die Sachen dagelassen
haben, damit er sie untersucht und für echt oder unecht erklärt, und er ihnen
immer sagen muß, daß es sich nicht um das handelt, wonach er gesucht hat, und
sie bitten muß, wieder herzukommen und sich die Sachen abzuholen. Ich vermute,
sie sind alle wütend und enttäuscht, und darum sind sie auch nicht besonders
höflich.«
    »Das ist überhaupt keine Entschuldigung
für schlechte Manieren«, sagte Mariposa eingeschnappt. »Besonders nicht in ‘nem
Nobelschuppen wie diesem. Charles sagt immer, die Unfähigkeit, mit
Frustrationen fertigzuwerden, ist ein Zeichen von Unreife. Wie finden Sie das?
Na ja, das ist wohl auch der Grund, warum ich in Mr. Hartlers Zimmer nicht
saubermachen soll. Ich wette, er hat Angst, ich würde ihm seine echten falschen
Antiquitäten klauen!«
    »Ich bin ganz sicher, daß er nichts
dergleichen denkt. Er ist bloß so sehr mit dem Iolani-Palast beschäftigt, daß
alles andere ihm unwichtig erscheint. Wenn Mr. Hartler nicht wünscht, daß wir
bei ihm Sachen staubwischen, die ihm nicht gehören, finde ich das ganz
verständlich, aber wir werden das Zimmer natürlich trotzdem saubermachen. Sonst
haben wir nachher Ohrenkneifer und Küchenschaben oder Gott weiß was noch im
Haus. Ich denke, am besten unterhalte ich mich mit ihm über diese
Angelegenheit. Außerdem werde ich ihm sagen, er soll dafür sorgen, daß sich
seine Besucher die Füße abtreten. Schließlich ist dies ein Privathaus. Oder
zumindest noch halbprivat. Jetzt muß ich zur Bank und die Mietschecks
einreichen und Tante Emmas Bestellung bei der Boston Music Company abholen, was
ich gestern vergessen habe, und Schlagsahne für den Pudding kaufen, den wir
heute abend servieren. Brauchen wir sonst noch etwas?«
    Die Großeinkäufe wurden immer samstags
erledigt, wenn Charles da war, um die Taschen zu tragen. Zusammen tuckerten sie
dann in ihrem alten Studebaker zu einem nahegelegenen Supermarkt in einer recht
heruntergekommenen Gegend. Mariposa hatte ihn ausfindig gemacht, und die
Lebensmittel waren hier bedeutend billiger. Trotzdem fehlte jedesmal irgend
etwas, das im letzten Moment besorgt werden mußte, so daß die Läden in der
Nachbarschaft wie eh und je ihr Geschäft mit den Kellings machten. Mariposa
nannte ein oder zwei Dinge, und Sarah zog sich den Mantel über und verließ das
Haus.
    Sie überquerte die Beacon Street, nahm
die Abkürzung über die Grünanlage, den Boston Common, und ging zu dem hübschen
Gebäude, in dem die Boston Music Company schon untergebracht gewesen war, bevor
sie und ihre Eltern auf der Welt waren. Sie ging sehr langsam und schaute
gerade nach Miss Smith aus, als sie plötzlich eine imponierende Person in
einiger Entfernung vor sich hergehen sah, die einen schwarzen Mantel, einen
pflaumenfarbenen Samtturban, einen Schal und einfache schwarze Stiefel trug.
Sarah hatte eigentlich nicht vorgehabt, ihr zu folgen, mußte aber feststellen,
daß sie ihre Richtung unterbewußt leicht verändert hatte, wohl um Mrs. Sorpende
besser im Blick zu haben. Nach kurzer Zeit war völlig klar, daß diese
schnurstracks auf die öffentliche

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