Der Rauchsalon
Pflicht!«
»Das ist es wohl.« Sarah versuchte
nicht einmal mehr, rücksichtsvoll zu sein. »Und Sie werden mir außerdem Geld
für die Dinge geben müssen, die Sie anbieten wollen.«
»Aber Sie können mir doch die
Rechnungen noch geben, wenn alles-« preßte Miss Hartler mit erstickter Stimme
hervor, »wenn alles vorbei ist?«
Jeremy Kelling hatte eine unantastbare
Regel geschaffen, die nicht in der Hausordnung stand. »Wenn es um Geld geht,
traue keinem über den Weg. Laß dir alles im voraus bezahlen, bis auf Heller und
Pfennig. Und zwar immer bar auf die Hand.« Es war eine gute Regel, und Sarah
wollte sie auf keinen Fall brechen.
»Es tut mir leid, aber das kann ich
nicht. Sicher hat Tante Marguerite Ihnen erzählt, wie schlecht meine
finanzielle Situation aussieht? Was wollen Sie denn überhaupt anbieten?«
»Ach je, ich hatte gar nicht — aber Sie
sind ja so — ich glaube, daß ich — könnte Ihre Köchin nicht ein paar kleine
Sandwiches und vielleicht Petits fours machen? Und einen Fruchtpunsch ohne
Alkohol für diejenigen, die keinen Sherry mögen, obwohl ich annehme, daß einige
lieber Cocktails wollen — und Tee und Kaffee für die Leute, die unbedingt-«
»Außer Ihnen wird bestimmt niemand
Fruchtpunsch wollen«, sagte Sarah. »Wir lassen es bei Sherry, Plätzchen, ein
paar Sandwiches oder ein paar Dips. Es sei denn, Sie haben vor, sich Speisen
und Getränke liefern zu lassen, obwohl ich mir kaum vorstellen kann, daß Sie so
kurzfristig noch jemanden finden werden, der bereit ist, Ihnen für eine
unbestimmte Anzahl von Leuten Verpflegung zu liefern. Geben Sie mir 50 Dollar,
und ich werde mein Bestes tun. Was übrig ist, werde ich Ihnen natürlich mit den
Rechnungen und einer genauen Aufstellung meiner Ausgaben zurückgeben.«
»Aber Sarah, Wumps hätte es gehaßt,
wenn wir ihm so eine armselige — «
»Darüber wollen wir uns jetzt nicht
streiten, Miss Hartler. Wir können nicht viel auftragen, weil wir einfach nicht
genug Platz haben. Jedenfalls möchte ich nicht, daß die vielen Leute hier alle
ewig herumstehen. Bis fünf Uhr müssen sie wieder fort sein, so daß wir schnell
alles wieder in Ordnung bringen und für meine Pensionsgäste vorbereiten können.
Bis dahin sind Sie wahrscheinlich sowieso erschöpft und froh, daß Sie wieder
allein sind. Glauben Sie mir, ich kenne das. Würden Sie mir jetzt bitte das
Geld geben?«
Mit zusammengepreßten Lippen ging Miss
Hartler, um 50 Dollar aus ihrer Tasche zu holen, schloß sich dann in ihrem
Salon ein und fing an, alles herumzuschieben. Wenigstens konnte sich Sarah
endlich den Mantel ausziehen, ihr Porzellan abstellen und sich etwas zu essen
machen.
Zweifellos war es gemein von ihr, eine
alte Frau so zu behandeln, aber es war auch ganz schön unverschämt von Miss
Hartler gewesen, ihr das anzutun. Sie und ihr Bruder waren offenbar vom selben
Schrot und Korn. Beide dachten, sie konnten im Haus eines anderen einfach tun
und lassen, was sie wollten.
Sarah versuchte mehrfach, Tante
Marguerite zu erreichen, um einige Vorstellungen über ihre Rolle als
Gastgeberin zu korrigieren, aber der Anschluß war dauernd besetzt. Als sie
schließlich durchkam, informierte man sie, daß die Hausherrin bereits mit
mehreren Freundinnen in ihrer Limousine davongefahren war und auf dem Weg nach
Boston sei. Die Hausherrin und ihre Clique wußten es zwar noch nicht, aber
ihnen stand ein kühler Empfang bevor, falls sie sich irgend etwas Großartiges
erhofft hatten.
Natürlich hatten sie das. Marguerite
kam in einem triefendnassen Nerzmantel hereingestürzt und erkundigte sich
wortreich, wo der Chauffeur den Wagen abstellen sollte.
»Sag ihm, er soll um den Block fahren
und dich in einer guten Stunde wieder abholen«, teilte Sarah ihr mit, noch
bevor Miss Hartler auch nur ein Wort sagen konnte. »Im Copley sind ein paar
Zimmer für euch reserviert.«
»Aber ich dachte, wir könnten hier bei
dir bleiben!«
»Ich kann euch gern in Ireson’s Landing
unterbringen, wenn ihr es spartanisch liebt. Dort gibt es kein Licht und keine
Heizung, und das Wasser ist abgestellt, aber ihr könnt Petroleumlampen anmachen
und am Kamin kampieren. Das ist wirklich der einzige Platz, den ich euch
anbieten kann, Tante Marguerite. Ich habe hier sogar Pensionsgäste auf dem
Dachboden und im Keller untergebracht. Ich dachte, das wüßtest du.«
»Nun, ganz offensichtlich wußte ich es
nicht. Ich muß schon sagen, Sarah-«
»Tut mir leid«, antwortete ihre
ehemalige angeheiratete
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