Der Rauchsalon
schaden, wenigstens einmal ein wenig Stil
zu zeigen, finden Sie nicht?«
»Warum auch nicht, sie hat immerhin
sonst schon fast alles gezeigt, was sie hat«, antwortete Mrs. Sorpende mit
einem Anflug ihrer gewöhnlichen sanften Ironie. »Ich habe das Alter erreicht,
in dem es mir etwas schwer fällt, die junge Generation zu verstehen, aber ich
werde tun, was ich kann, um sie davon zu überzeugen, wenn Sie wollen. Und Mr.
Porter-Smith ist ein liebenswürdiger junger Mann, ich bin sicher, daß er uns
auch begleitet. Falls Sie allerdings eine professionelle Charakteranalyse von
Professor Ormsby wünschen, würde ich Ihnen raten, Ihre Zeit nicht an ihn zu
verschwenden.«
»Das klingt wie ein sehr vernünftiger
Rat«, sagte Sarah lachend. Sie war erleichtert, daß die Spannung gebrochen war.
»Kommen Sie, ich schenke Ihnen einen Sherry ein.«
Einer nach dem anderen zeigten sich
jetzt auch die übrigen Pensionsgäste. Professor Ormsby, ein männlicher
Chauvinist bis in die Stiefelspitzen, war deutlich enttäuscht, als er Mrs. Sorpendes
hochgeschlossenes Kleid gewahr wurde. Mr. Porter-Smith war natürlich sehr
bekümmert darüber, daß er seinen unauffälligen Geschäftsanzug anbehalten
sollte. Miss LaValliere verzog den Mund, als Sarah bemerkte, ihre Großmutter
würde sicher erwarten, daß sie sich in der Leichenhalle einfände, begann aber
zu strahlen, als sie erfuhr, daß sie in Mr. Bittersohns Wagen transportiert
werden würde.
Im großen und ganzen überstanden sie
das Abendessen relativ gut. Professor Ormsby war letztlich mit der Beobachtung
zufrieden, wie überaus attraktiv doch Mrs. Sorpendes schwarzes Kleid die
rubenschen Konturen ihres wohlkorsettierten Körpers betonte. Jennifer
LaValliere besaß den außerordentlichen Takt, zu Mr. Porter-Smith zu sagen:
»Also, Gene, ich hatte noch gar nicht bemerkt, wie breit Ihre Schultern sind.«
Als sie schließlich den Kaffee einnahmen, herrschte eine durchaus entspannte
Atmosphäre.
Dann verschwand Mr. Bittersohn, um
seinen Wagen zu holen. Sarah fragte, wer mit zum Beerdigungsinstitut fahren
wolle. Professor Ormsby reagierte den Erwartungen gemäß mit einem abweisenden
Knurren und verschwand nach oben. Die anderen zogen sich die Mäntel über und
warteten draußen auf den Eingangsstufen auf Mr. Bittersohn, da das Einladen von
Fahrgästen in der Tulip Street stets mit Schwierigkeiten verbunden war, weil
Autofahrer, die die enge, gewundene Straße hinunterwollten, sich dann in ihren
Bemühungen behindert sahen und meist ihrer Frustration mit ohrenbetäubendem
Hupen und lauten Verwünschungen Luft machten.
»Möchten Sie hier auf der Fahrerseite
einsteigen, Mrs. Kelling?«
Bittersohn hatte Sarah bereits auf den
Beifahrersitz manövriert, bevor Jennifer LaValliere zur Stelle war. Ihrem
Verhalten nach zu urteilen, hätte sie wohl am liebsten zwischen ihnen Platz
genommen, aber Mr. Porter-Smith schob sie in einem Anflug von Machismo nach
hinten neben Mrs. Sorpende und stieg dann selbst ein. Sie mußte sich damit
zufriedengeben, dem Fahrer von hinten in den Nacken zu glucksen, was für ein
tolles Auto er doch habe, und ihm diverse Fragen zu stellen, die jedoch Mr.
Porter-Smith sich bemüßigt fühlte, lang und breit zu beantworten. Alles in
allem genoß Sarah die kurze Fahrt sehr viel mehr, als sie eigentlich erwartet
hatte.
Sie trafen Miss Hartler hofhaltend
neben dem glücklicherweise verschlossenen Sarg an, umgeben von zahlreichen
teuren Blumenarrangements, unter denen sich zweifellos auch ein Kranz aus der
Tulip Street hätte befinden müssen, was aber leider nicht der Fall war, da
Sarah einfach nicht daran gedacht hatte, etwas zu schicken. Sarah und ihr
Gefolge wurden von Tante Marguerite und ihrer Newport-Truppe, deren Mitglieder
sich selbst zu Hofdamen der Haupttrauernden ernannt hatten, recht abweisend
behandelt. Das war zwar verständlich, da sie alle von ihr auch nicht gerade
freundlich empfangen worden waren, aber es war Sarah doch etwas peinlich, ihre
Pensionsgäste mehr oder weniger grundlos hergeschleppt zu haben.
Glücklicherweise war auch Dolph
gekommen, fühlte sich allerdings etwas fehl am Platz, da er weder Hartler noch
Hartlers Freunde sehr gut gekannt hatte, und hastete herbei, um sie zu
begrüßen. Auch Anora Protheroe, die niemals eine Beerdigung verpaßte, wenn es
irgendwie ging, war zu einem Schwätzchen bereit. Die würdevolle Mrs. LaValliere
senior nahm sofort ihre Enkelin Jennifer in Beschlag und führte sie weg, um sie
ein paar Leuten
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