Der Rauchsalon
Außerdem paßte
es so — so gar nicht zu ihr, dort zu sitzen. Ich hatte schon angefangen zu
glauben, daß sie und ich uns irgendwie nähergekommen waren, nicht direkt wie
Freundinnen, aber etwa in der Art. Und jetzt muß ich feststellen, daß ich sie
überhaupt nicht kenne. Entschuldigen Sie bitte, ich muß eben an den Toaster.«
Sarah hantierte mit dem Tablett, das
sie gerade für Miss Hartler vorbereitete. »Mr. Bittersohn, glauben Sie, es war
richtig von mir, ihr zu sagen, sie solle nicht ausziehen, während die Polizei
noch nach Mr. Hartlers Mörder sucht? Wissen Sie, ich muß die ganze Zeit daran
denken.«
Sie erzählte ihm, was sie über Mrs.
Sorpende und Dolph gedacht hatte. »Lächerlich, nicht? Es wäre doch sicherlich
sehr ungerecht ihr gegenüber gewesen, wenn ich sie gebeten hätte, uns zu
verlassen, finden Sie nicht?«
»Nicht nur ihr gegenüber. Denken Sie
nur an Ormsby! Wollen Sie außerdem auch noch dafür verantwortlich sein, daß
eine Romanze im Keim erstickt wird? Ich kann nur sagen, daß Sie genau das getan
haben, was ich an Ihrer Stelle auch getan hätte, Mrs. Kelling, wenn Ihnen das
irgendwie hilft.«
»Und wie! Würden Sie mir bitte die
allerkleinste Pfanne reichen? Mörder kommen und gehen, aber Tabletts bleiben
ewig bestehen, scheint es mir fast. Wo um Himmels willen bleibt Mariposa? Sie
sollte eigentlich jetzt den Tisch decken.«
Sarah hob gerade Miss Hartlers
pochiertes Ei aus dem Pfännchen, als Mariposa die Treppe heraufgestürzt kam.
Sie trug brandneue Sachen, alles in Purpurrot mit Fuchsienborte.
»Entschuldigen Sie bitte, daß ich zu
spät komme. Wie finden Sie es?« Sie legte die Hände auf die Hüften und drehte
sich langsam im Kreis, ganz wie ein echtes Mannequin. »Charles meinte, ich
sollte mir besser etwas weniger Poppiges zulegen als das orangefarbene Ding,
das ich sonst immer anhabe, weil wir uns in dieser Situation würdevoll zu
verhalten haben, nach allem, was geschehen ist. Ich habe 30 Dollar von dem
Zahngeld dafür verpulvert.«
»Es war jeden Cent wert«, versicherte
ihr Mr. Bittersohn feierlich. »Meinen Sie nicht auch, Mrs. Kelling?«
»Ich bedaure sehr, daß Sie heute
nachmittag nicht hier waren und meiner angeheirateten Tante und ihren
Freundinnen den Tee serviert haben«, sagte Sarah. »Sie hätte bestimmt der
Schlag getroffen.«
»Dann laden Sie sie doch jetzt nochmal
ein«, meinte Mariposa.
»Das würde ich auch, wenn ich mir
wirklich sicher wäre, daß es diese Wirkung hätte. Hier, Sie können statt dessen
Miss Hartlers Tablett hochbringen. Sie wird bestimmt auch sehr beeindruckt
sein, da bin ich sicher.«
»Hoffentlich aber nicht im positiven
Sinn«, fügte Sarah hinzu, nachdem Mariposa die Küche durch die Pendeltür
verlassen hatte. »Ach du liebe Zeit, ich wünschte wirklich, ich bräuchte diesen
Abend nicht durchzustehen. Wenn ich nur daran denke, wird mir sofort übel.«
»Was halten Sie davon«, sagte
Bittersohn, »wenn ich nach dem Abendessen mein Auto hole und Sie und alle, die
sonst noch mitwollen, hinfahre?«
»Das ist wirklich schrecklich nett von
Ihnen, aber warum sollen Sie sich deswegen auch noch den Abend verderben? Ich
könnte auch den Studebaker nehmen.«
»Aber Mrs. Kelling, Sie würden doch
nicht im Ernst diesen kostbaren Oldtimer der kalten Nacht aussetzen?
Möglicherweise holen sich seine Zündkerzen noch eine Erkältung! Außerdem glaube
ich, daß mein Schwager dafür einen Käufer gefunden hat, also passen Sie lieber
auf, daß der Wagen keinen Kratzer abbekommt.«
»Tatsächlich? Und wieviel will er-«
Bittersohn nannte eine Zahl, und Sarah
schnappte entgeistert nach Luft.
»So viel Geld? Aber dieser Mensch hat
den Wagen doch noch nie gesehen?«
»Ich glaube, er hat ihn sich angesehen,
als Sie den Wagen letzten Monat in der Werkstatt hatten. Er wollte schon damals
auf der Stelle ein Angebot machen, aber Ira und Mike glaubten nicht, daß Sie
davon etwas hören wollten. Er ist ein leidenschaftlicher Sammler und weiß, was
ein makelloses 1950er Starlite Coupé wert ist. Ira sagt, es sei ein fairer
Preis. Sie könnten mehr bekommen, wenn Sie noch etwas warten, aber da Sie das
Auto so schnell wie möglich aus dem Verkehr ziehen wollen, scheint es mir nicht
sinnvoll, sich einen ehrlichen Käufer durch die Lappen gehen zu lassen.«
»Stimmt. Davon gibt es sicher nicht
sehr viele, nicht? Und ich würde auch für das Auto bezahlen müssen, wenn ich es
irgendwo unterstelle. In Ireson’s Landing würde ich es auf keinen Fall
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