Der Rauchsalon
was
für ein Kinderspiel es war, mit ihm fertigzuwerden. Und sie würde, wie Mr.
Bittersohn wahrscheinlich bemerken würde, ganz bestimmt von keinem der beiden
einen Gebrauchtwagen kaufen.
Aber jetzt hatten sie Mr. Quiffens Geld
oder würden es bald haben, wenn der Nachlaß geregelt war. Und wenn einer von
ihnen das Warten einfach nicht mehr länger ausgehalten hatte? Und was war, wenn
einer — oder beide — enttäuscht worden waren? Sie war so mit ihren eigenen
Angelegenheiten beschäftigt gewesen, daß sie niemals bei George und Anora
nachgefragt hatte, wer eigentlich wieviel bekommen hatte. Dieser streitsüchtige
Mann hätte durchaus ein geheimes Testament haben können, das sie beide
ausschloß, um sein ganzes Vermögen aus reiner Bosheit irgendeiner
Zufallsbekanntschaft zu vermachen. Jemandem wie William Hartler und seinem
Iolani-Palast-Projekt beispielsweise.
Aber das war einfach zu absurd! Warum
konzentrierte sie sich eigentlich nicht auf das Nächstliegende? Hatte Miss
Hartler jemanden, der ihre Interessen vertrat, oder war sie ganz auf sich
selbst gestellt? Wie gefährlich war es eigentlich, sie zu bitten auszuziehen?
Wie viele der vorhin Anwesenden machten
sich wirklich etwas aus der alten Dame, und wie viele hielten es lediglich für
ihre Pflicht, sich zu zeigen? Tante Marguerite hatte einen großen Auftritt als
Joannas treue Freundin gehabt, aber Sarah wußte ganz genau, wie wenig das
bedeutete. Wie oft hatte sie Tante Marguerite früher gebeten, Tante Caroline,
ihre einzige Schwester, einzuladen, nur für eine Woche, für ein paar Tage oder
auch nur für eine Nacht, so daß Alexander und sie endlich ein wenig Zeit allein
miteinander verbringen konnten. Wie oft hatte Tante Marguerite dringende,
unaufschiebbare Gründe gefunden, damit sie sich nicht die Mühe zu machen
brauchte?
In Newport gab es eine Menge netter
Leute. Sarah hatte bereits viele bei den zahlreichen Parties getroffen, die für
sie die lange Hinfahrt und die lange Rückfahrt und die oft unerträgliche
Langeweile zwischen diesen beiden Fahrten bedeutet hatten. Aber auf Tante
Marguerites Parties hatte sie nette Leute höchstens ein oder zweimal getroffen.
Die einzigen Menschen, die sie immer um sich hatte, waren Leute wie Iris
Pendragon, die weder geistvoll noch intelligent genug waren, sich
anspruchsvollere Freunde aussuchen zu können. Und Leute wie William Hartler,
der auf seine Art drollig und lustig war und dem es relativ egal gewesen war,
mit wem er redete, solange man ihn reden ließ, und auch seine Schwester Joanna,
die ihrem Wumps überallhin folgte.
Wenn die Hartlers tatsächlich mit
irgend jemandem in Newport wirklich eng befreundet gewesen waren, hätten sie
bestimmt nicht so leicht in ihrem Alter noch alle Brücken abbrechen und nach
Boston zurückkehren können. Wenn sie vorher in Boston Freunde gehabt hätten,
wären sie wiederum erst gar nicht nach Newport gezogen. Dieser enttäuschende
Rombesuch war ein typisches Beispiel. Miss Joanna hatte sich bestimmt nie die
Mühe gemacht, jemals diese Dorothea näher kennenzulernen, die sich als
grundverschieden von der ehemaligen Klassenkameradin herausgestellt hatte, an
die sie sich so gut zu erinnern glaubte. Menschen veränderten sich nicht so
drastisch, wenn sie älter wurden, ihre Charaktereigenschaften wurden nur
ausgeprägter als vorher.
Sogar Alexander hatte sicher schon als
Kind die Eigenschaft gehabt, standhaft wie ein Zinnsoldat auf seinem Posten
auszuharren, sonst hätte er sich irgendwie von Tante Caroline lösen können.
Dann hätten Sarah und er nie geheiratet und seine junge Witwe würde jetzt nicht
hier sitzen und darüber nachdenken, wer wohl als nächster ermordet werden
würde. Sie hörte Schritte im Korridor und sprang auf.
Es war Mrs. Sorpende. »Ich habe mir
schon gedacht, daß Sie hier sind, Mrs. Kelling, nachdem ich oben an Ihrer Tür
geklopft habe und keine Antwort bekam. Ich nehme an. Sie warten auf Miss
Hartler.«
»Ja, irgendwie fühle ich mich dazu
verpflichtet. Ich weiß auch nicht, warum ich das tue, aber sie ist eine alte
Frau, und das alles muß schrecklich für sie sein, und ich habe ihretwegen ein
schlechtes Gewissen, weil ich plane, sie so schnell wie möglich loszuwerden,
und ich frage mich, was dann aus ihr werden soll.«
»Und was soll aus mir werden?«
Sarah sah sie erstaunt an. »Wie meinen
Sie das?«
Mrs. Sorpende stand genau vor ihr, und
ihre schönen schlanken Hände verkrampften sich zu einem häßlichen Knoten, aus
dem die
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