Der Rausch einer Nacht
farbige Beschreibungen besaß; und zum zweiten, daß sie kein Wort über die zweite Kabine verlor, die das ebenfalls geschmackvoll eingerichtete Schlafzimmer beherbergte.
Vor seinem geistigen Auge sah er Diana wieder, wie sie in all ihrer Schönheit quer auf der Satindecke des Betts lag. Sie stützte sich auf einem Ellenbogen ab. Und trug ein dunkles lilafarbenes Seidennachthemd, das ihm einen hocherotischen Einblick auf ihren Busen gestattete. Sie sah ihn so an, daß er sie einfach küssen mußte. Doch als er sich dem Bett näherte, zögerte er. Sein Verstand rang hart mit seiner erwachten Leidenschaft, und am Ende siegte die Vernunft, so wie es bei ihm immer schon der Fall gewesen war. Nicht ohne Bedauern, aber bestimmt flüsterte er: »Nein.« Und zog sich von ihr zurück.
Diana hob die Hände. Ihre Finger wanderten über seinen Nacken und die Schultern und tasteten sich schließlich in sein Brusthaar, das aus seinem geöffneten Hemdkragen lugte. Ihre Augen strahlten wie nasse Jade, und sie wirkte verletzt wie ein Kind.
»Nein«, sagte er wieder, doch diesmal mit mehr Zögern und Bedauern - und das entging ihr nicht...
Sie berichtete ihren Lieben gerade, wie es im Cockpit ausgesehen hatte, hob dabei aber vor allem die Farben und die Einrichtung hervor. Cole fragte sich, warum sie das Schlafzimmer aussparte. Aus Taktgefühl, aus Scham oder weil sie es völlig vergessen hatte? Wie eigenartig, wenn sie sich daran erinnerte, daß die Sitzmöbel in der Kabine mit hellgrauem Leder bezogen waren, während vom Bett nichts in ihrem Gedächtnis haftengeblieben sein sollte?
Auf der anderen Seite hatte sie die bewußte zweite Kabine erst nach der Trauung zu sehen bekommen - und da lagen bereits der Streß der Zeremonie in der grellbeleuchteten Hochzeitskapelle, der Besuch im Kasino und noch mehr Champagner hinter ihr. Von ihren Verlusten an den Spieltischen hatte sie heute schon nichts mehr gewußt, und auch von der Zeremonie der Heirat war ihr einiges entfallen. Cole vermutete, daß sie die Stunden also ebenso vergessen hatte, die sie letzte Nacht mit ihm im Schlafzimmer verbracht hatte.
Diana legte eine kurze Pause ein, weil gerade die Platte mit der gebratenen Entenbrust bei ihr anlangte. Großmutter ergriff die Gelegenheit, ihre Fragen loszuwerden. »Erzählen Sie uns doch etwas über sich, Mr. Harrison.«
»Nennen Sie mich doch bitte Cole, Mrs. Britton.«
»Also gut, Cole, erzählen Sie uns doch etwas über sich.« Er bemerkte, daß sie zwar auf seinen Vorschlag einging, von ihm aber weiterhin verlangte, sie mit Mrs. Britton anzusprechen.
»Ich lebe in Dallas, bin aber oft auf Geschäftsreise. Wenn ich alles in allem zusammenrechne, bin ich die Hälfte des Jahres unterwegs«, antwortete er und verzichtete bewußt darauf, etwas über seine Vergangenheit oder Herkunft preiszugeben.
Großmutter ging nicht weiter darauf ein, starrte ihn über den Rand ihrer Brille an und fragte dann sehr direkt: »Gehen Sie sonntags in die Kirche?«
»Nein, tue ich nicht«, entgegnete er ebenso direkt und ohne den leisesten Versuch, sich irgendwie dafür zu entschuldigen.
Sie hob enttäuscht die Brauen und fuhr dann fort: »Ach so. Und wie steht es mit Ihrer Familie?«
»Die geht ebenfalls nicht zur Kirche.«
Mrs. Britton starrte ihn einen Moment lang verwirrt an. »Ich wollte eigentlich etwas mehr über Ihre Herkunft erfahren.« Großmutter bestrich sich ein Biskuit mit Butter. »Wollen Sie uns nicht verraten, wo Sie aufgewachsen sind und wie Sie Ihre Jugend verbracht haben?«
Das war ihm absolut unmöglich, und schon die bloße Vorstellung löste Abscheu in ihm aus. So versuchte er, Zeit zu schinden, indem er etwas von dem Salat zu sich nahm und dabei die Menschen betrachtete, die sich an diesem Tisch versammelt hatten. Eine nette Familie, für die es nichts Ungewöhnliches war, sonntags zum Essen zusammenzusitzen, und das an einer gedeckten Tafel mit Porzellan und dem guten Besteck - und mit einem Teppich unter den Füßen statt nacktem Lehmboden.
Cole sah kurz zu Diana, die so frisch und perfekt wirkte wie eine höhere Tochter in einer Familienidylle. Dann zu Addison, dem im Leben wohl kaum etwas Schlimmeres widerfahren war, als im Country-Club ein Tennis-Match zu verlieren. Und schließlich zu Mary Foster, der es auf unvergleichliche Weise gelang, Würde, Grazie und allgemeine Freundlichkeit auszustrahlen.
Der Großvater zu seiner Linken roch nach frischer Seife und Old Spice, aber nicht nach Schweiß. Und ihm
Weitere Kostenlose Bücher