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Der Rausch einer Nacht

Titel: Der Rausch einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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gegenüber saß die Großmutter, die ihn aus wachen haselnußbraunen Augen musterte. Sie hatte die Brauen in Erwartung seiner Antwort leicht hochgezogen. Ihr volles weißes Haar war so kurz geschnitten, wie sie es für ihre Arbeit am sinnvollsten hielt. Die Brille mit dem Goldrahmen stand ihr sehr gut, und überhaupt wirkte sie wie eine grundanständige Frau, die mit beiden Beinen im Leben stand.
    Harrison wäre es leichter gefallen, ihr seine exotischsten erotischen Abenteuer in allen Details zu schildern, als ihr die Wahrheit über seine Familie und seine frühen Jahre zu verraten. Um diesen guten Menschen nicht alle Illusionen über den neuen, wenn auch zeitlich befristeten Schwiegersohn zu nehmen, antwortete er mit den Aussparungen und halben Wahrheiten, die er sich für solche Fälle zurechtgelegt hatte.
    »Ich stamme aus einer kleinen Stadt in West-Texas mit dem schönen Namen Kingdom City. Ich hatte zwei ältere Brüder, doch die sind schon tot, und ein paar Vettern, die im Lauf der Zeit fortgezogen sind und zu denen ich jeden Kontakt verloren habe. Das heißt, mit einem von ihnen verkehre ich noch regelmäßig.
    Ansonsten habe ich noch einen Großonkel, von dem ich ja bereits sprach. Mein Vater wollte, daß ich auf der Ranch bleibe und dort arbeite. Onkel Cal meinte aber, ich sei gescheit genug, aufs College zu gehen, und hat mich so lange beschwatzt, bis ich selbst davon überzeugt war. Ich glaube, Diana wird ihm sehr gut gefallen, und ich freue mich schon darauf, sie ihm nächste Woche vorzustellen.«
    »Ich möchte ihn auch gern kennenlernen«, warf Diana rasch ein, weil ihr die Kälte und die emotionale Distanz nicht entgangen waren, mit denen Cole auf Fragen nach Herkunft zu reagieren pflegte. Sie erinnerte sich noch gut an die Zeit, in der er als Pferdepfleger gearbeitet hatte. Damals hatte er ebenso vage geantwortet, wenn sie etwas über ihn herausfinden wollte.
    »Mein Onkel wohnt westlich von Kingdom City, und das liegt etwa achtzig Meilen von San Larosa entfernt. Dort befindet man sich zwar noch nicht in der typischen Hügellandschaft, aber die Gegend dort ist auch schön und unverdorben.«
    »San Larosa«, wandte die Großmutter sich an ihre Tochter. »Habt ihr da nicht haltgemacht, als du und Robert mit den Mädchen zum Yellowstone Park gefahren seid?«
    »Ja, dort zieht es viele Camper hin«, bestätigte Harrison und war froh darüber, endlich nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen. »Soviel ich weiß, ist die Gegend aber nur erfahrenen Wanderern und Zeltern zu empfehlen.«
    Aus irgendeinem ihm unbekannten Grunde löste das bei den anderen große Heiterkeit aus.
    »Nun, man konnte uns nicht gerade als erfahrene Camper< bezeichnen«, erklärte ihm dann Mrs. Foster. »Corey und ich hatten zwar schon ein paarmal gezeltet, und Robert war in seiner Jugend bei den Pfadfindern gewesen. Aber, na ja, die Mädchen und ich glaubten, die Sache würde ein Riesenspaß, und so sind wir zu unserer dreiwöchigen Reise aufgebrochen. Wir waren alle fest davon überzeugt, für das Leben im Freien gerüstet zu sein.«
    Cole konnte sich Diana kaum als begeisterte Camperin vorstellen, nicht einmal mit vierzehn Jahren. Sie hatte doch immer so sehr auf ihr Äußeres geachtet, angefangen von den makellos weißen Tennisschuhen bis zu den sorgfältig manikürten Fingernägeln. »Tut mir leid, aber dich habe ich nie als jemanden gesehen, den es in die unberührte Natur zieht.«
    »Wir hatten alle viel Spaß, und ich habe diesen Urlaub geliebt«, entgegnete sie, ohne eine Miene zu verziehen.
    Harrison glaubte ihr trotzdem nicht, und dann kam ihm plötzlich eine Unterhaltung wieder in den Sinn, die sie damals im Stall geführt hatten. »Haben wir nicht einmal bei den Haywards über die Dinge gesprochen, die dir am wenigsten gefallen?«
    Weil Diana damals so vernarrt in ihn gewesen war, hatte jedes Beisammensein mit ihm bei ihr so etwas wie ein mittleres Erdbeben ausgelöst. Alle ihre Unterhaltungen hatten sich tief in ihr Gedächtnis eingegraben, und sie ahnte gleich, worauf er jetzt anspielte. Andererseits freute es sie natürlich, daß er sich noch daran erinnern konnte, und beschloß, nicht weiter darauf einzugehen. »Tatsächlich?« fragte sie, setzte eine Unschuldsmiene auf und machte sich dann über eine Kartoffel her.
    Doch Cole ließ sich nicht täuschen. »Du mußt das doch noch wissen«, entgegnete er lächelnd. »Auf deiner Negativliste standen Dreck und Zelten ganz oben.«
    »Nein, Schlangen und Zelten«, verbesserte

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