Der Rausch einer Nacht
beigebracht hatte. Vermutlich war er belesen genug, um auf einem College einen Ehrenabschluß erringen zu können.
Cole hatte dennoch nicht vor, seinem Onkel jetzt schon zu raten, den Vertrag zu unterzeichnen. Zuerst wollte er die Dokumente einem erfahrenen, praktizierenden Anwalt vorlegen, am ehesten jemandem, der sich in der Ölbranche auskannte. Calvin war zwar alles andere als auf den Kopf gefallen, aber in diesem Fall würde er sich auf ein Gebiet begeben, das für ihn einfach eine Stufe zu hoch war.
Nach vier Jahren in Houston hatte Cole genug darüber gehört, gelesen und sonstwie erfahren, wie es in der Petrobranche zuging. Auch wußte er, daß so etwas wie ein unabänderlicher Standardvertrag nicht existierte. Und wenn die Bohrfirma diesen Kontrakt aufgesetzt hatte, würde er auch so abgefaßt sein, daß in erster Linie ihre eigenen Interessen gewahrt würden.
Morgen, wenn Charles Hayward von seiner Geschäftsreise nach Philadelphia zurückkehrte, wollte Cole ihn nach dem Namen des Anwalts in Houston fragen, der sich am besten mit dieser Materie auskannte. Sein Arbeitgeber hatte sein Vermögen in der Ölbranche gemacht und würde bestimmt jemanden kennen, an den Cole sich wenden konnte. Vermutlich würde er dem Pferdepfleger auch selbst mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Anders als die meisten anderen aus der Oberschicht, die Cole bei seiner Arbeit hier kennengelemt hatte, war Charles Hayward weder aufgeblasen noch überheblich noch egozentrisch. Mit seinen fünfzig Jahren arbeitete er immer noch hart, hatte nichts von seiner Energie verloren, war direkt und behandelte seine Angestellten und Mitarbeiter fair.
Charles hatte genaue Vorstellungen davon, was er von seiner Umgebung erwarten durfte, und darunter fielen nicht nur die Angestellten, sondern auch seine Familie und die Pferde im Stall. Wenn jemand diesen Erwartungen nicht entsprach, hatte er auf seinem Grund und Boden nichts mehr verloren, sei er nun Angestellter, Roß oder Jagdhund. Die anderen aber behandelte er mit Respekt.
Wenn Charles nicht auf Reisen war, kam er jeden Abend in den Stall, spazierte an den Boxen entlang, verteilte Möhren und klopfte den Tieren auf den Hals. Im Lauf der Zeit hatte er große Bewunderung für Coles Wissen und seinen Umgang mit Pferden entwickelt, und daraus hatte sich sogar so etwas wie eine Freundschaft zwischen den beiden entwickelt. Oftmals blieb Charles nach seinem Rundgang noch auf einen Kaffee bei Cole und wurde bald zu dessen väterlichem Freund. Cole erhielt von ihm Rat und Einblick in die beiden Dinge, die ihn am allermeisten interessierten: die Geschäftswelt und das Geld.
Wenn sie auf diese Themen zu sprechen kamen, erwies sich der Ältere als unterhaltsamer, erfahrener und eindringlicher Erzähler. Soweit Cole das feststellen konnte, besaß der Mann eigentlich nur eine schwache Stelle, und das war seine Familie.
Haywards erste Frau und Kind waren vor fünfundzwanzig Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Sein Schmerz hatte damals so tief gesessen und so lange angehalten, daß seine Bekannten und Freunde sich sogar heute noch hinter seinem Rücken darüber unterhielten.
Vor siebzehn Jahren hatte Charles zum zweitenmal geheiratet, und seine neue Frau hatte ihm innerhalb von zwei Jahren einen Sohn und eine Tochter geschenkt. Hayward verwöhnte die drei über die Maßen. Er gab seiner zweiten Frau und den Kindern alles, was es für Geld zu kaufen gab, und er schien zu glauben, daß sie irgendwann all seine Hoffnungen und Erwartungen erfüllen würden, wenn sie das nicht schon längst taten.
Cole hätte ihm gern gesagt, wie grundfalsch er damit lag. Auf diesem einen Gebiet besaß er größere Einsicht als sein Mentor, und er hätte ihm schmerzlich die Augen darüber öffnen können, welche Resultate man damit erzielte, Kindern jeden Wunsch zu erfüllen und die Augen vor dem Treiben einer Frau zu verschließen, die ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit betrog.
Cole bekam hier im Stall mehr mit, als so manchem der Hausbewohner lieb sein konnte. Und aus eigener Beobachtung wußte er, daß es sich bei Jessica Hayward um eine ungemein attraktive, verdorbene, unzufriedene und sexgeile vierzigjährige Schlampe handelte.
Die fünfzehnjährige Tochter Barbara stand so sehr unter der Dominanz ihrer Mutter, daß sie nie die Möglichkeit erhalten hatte, ein eigenes Rückgrat zu entwickeln. So gehörte sie zu den Menschen, die ständig der Führung und Anleitung durch andere bedurften. Die
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