Der Rausch einer Nacht
vielen Kleider, Geschenke und sonstigen Dinge, die Charles wie ein Füllhorn über sie ausschüttete, halfen ihr auch nicht weiter, ein eigenes Selbstbewußtsein zu bilden. Niemals hatte sie sich für etwas anstrengen müssen.
Bei Sohn Doug handelte es sich um einen sehr charmanten, verantwortungslosen und gutaussehenden Sechzehnjährigen. Cole glaubte, daß sich am ehesten noch aus dem Jungen etwas machen ließe. Trotz seiner oft frivolen Unreife blitzten doch gelegentlich Charles Haywards Energie oder dessen scharfer Intellekt in ihm auf. Seine Noten waren durchschnittlich, doch wie er Cole einmal anvertraut hatte, erhielt er von seinen Freundinnen nur Bestbewertungen.
Der junge Mann sah auf seine Uhr. Keine Stunde mehr bis Mitternacht. Er streckte die Arme aus und gähnte.
Dann erhob er sich und unternahm einen letzten Kontrollgang durch den Stall, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war.
Kapitel 9
Jessica Hayward trat vom Laufband in ihrem Fitneßraum, der zur Schlafzimmersuite gehörte, und schlang sich ein Handtuch um den Hals. Sie trug dünne weiße Shorts und ein engsitzendes rotweißes Top. Als sie ins eigentliche Schlafzimmer zurückkehrte, fühlte sie sich überhaupt nicht müde, sondern ruhelos und allein. Ihr Mann sollte erst morgen von einer Geschäftsreise zurückkehren, aber selbst wenn Charles sich im Haus aufgehalten hätte, wäre er kaum in der Lage gewesen, ihr das zu geben, was sie jetzt brauchte.
Die Frau in den mittleren Jahren wollte Sex, heißen, harten, leidenschaftlichen und fordernden Sex, bei dem sich der Verstand ausschaltete. Der Sinn stand ihr überhaupt nicht nach diesem lauwarmen, rücksichtsvollen und regelmäßig absolut langweiligen Getue, das Charles Liebe und Erotik nannte. Jessica verlangte es nicht nach Liebe und zärtlicher Sinnlichkeit, sondern nach Sex, bei dem einem die Schädeldecke wegflog. Und das konnte ihr Mann ihr nicht geben.
Aber Cole...
Jessica ärgerte sich darüber, daß sich ihre Fantasien und Gelüste um diesen arroganten, dahergelaufenen Macho drehten, der ihrer sozialen Stellung nicht einmal entfernt nahekam. Sie trat an die Bar, die im begehbaren Kleiderschrank eingebaut war, und nahm eine teure Flasche Chardonnay aus dem Kühler. Die öffnete sie und füllte sich ein goldgerandetes Glas. Damit trat sie ans Fenster, von dem aus man auf den hinteren Garten und die Stallungen blicken konnte. Die einsame Frau schloß die Augen und stellte sich Cole vor. Seine breiten und muskelbepackten Schultern, seine glatte, schweißfeuchte Haut und wie er in der rohen, unermüdlichen und animalischen Art in sie eindrang, die ihr am allerliebsten war.
Ihre Schenkel spannten sich bei der köstlichen Vorstellung an. Sie stürzte den Inhalt des Glases in einem Schluck hinunter und entfernte sich von dem Fenster. Dann schleuderte sie das Handtuch in eine Ecke, nahm die Weinflasche aus dem Behälter, besorgte ein zweites Glas und machte sich auf den Weg.
Die Tür zum Zimmer ihrer Tochter war geschlossen, aber Licht drang durch den unteren Ritz auf den Flur. Jessica bewegte sich vorsichtig daran vorbei und schlich dann die Treppe hinunter.
Die Nacht draußen war heiß und schwül, und der Duft der Gardenien lag in der Luft, die in den Beeten entlang des Wegs zum Stall blühten. Mondlicht beschien die Steinplatten unter ihren Füßen, aber sie hätte den Weg zwischen den Eichen auch blind finden können. So oft hatte sie ihn in ihren Fantasien beschriften, und einige Male war sie ihn auch wirklich entlanggegangen. Jessica hielt die Flasche und die Gläser in den Händen und stieß die Seitentür mit ihrem Hinterteil auf. Wie angenehm kühl das Airconditioning für ihre feuchte Haut war.
Die Frau machte sich nicht erst die Mühe, das Licht einzuschalten, und schlich durch den Hauptgang, bis sie vor der Tür zu seiner Kammer ankam. Die stand etwas auf, und sie konnte sehen, wie er sich das Hemd auszog und in eine Ecke warf. Im sanften Licht der Lampe auf seinem Schreibtisch bewegten sich die Muskeln an seinen Schultern und an seinem V-förmigen Rücken. Als er an den Gurt seiner Hose griff, hielt Jessica den Atem an.
Doch dieses kaum hörbare Geräusch schien ihm nicht entgangen zu sein, denn er fuhr sofort herum und starrte sie zuerst erschrocken und dann verärgert an. »Sie haben mich zu Tode erschreckt, Jessica!«
Die Frau hielt Flasche und Gläser hoch und spazierte in sein Zimmer, als ob sie hier zu Hause wäre. »Ich habe bei dir noch Licht gesehen, und da wir
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