Der Rausch einer Nacht
Mrs. Canfield mit einem breiten Lächeln. »Ganz zu schweigen davon, daß die Summe für jedes einzelne Stück dabei ganz elegant in die Höhe getrieben wurde. Als Delberts Vater und ich gerade verheiratet waren, hatte ich mich in eine wunderschöne Rubinbrosche verliebt, die bei der Auktion vorgeführt wurde. Ich ging natürlich davon aus, daß er sich mit den Traditionen auskannte, aber da hatte ich mich geirrt, und ich habe die Brosche an diesem Abend nicht bekommen. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie enttäuscht ich war, gar nicht erst zu reden von der Blamage.«
»Das tut mir leid«, entgegnete Cole, weil ihm nichts Besseres einfallen wollte.
»Nun, Harold hat es noch viel mehr leid getan«, fuhr die alte Frau mit grimmiger Miene fort. »Und das geschah ihm durchaus recht. Schließlich konnte ich mich eine Woche lang bei meinen Freundinnen nicht mehr blicken lassen.«
»Tatsächlich! So lange?« fragte Harrison, und es gelang ihm, seine ernsthafte Miene aufrechtzuerhalten.
Mrs. Canfield nickte. »Ja, denn so lange hat Harold gebraucht, bis er in New York eine ähnliche Brosche auftreiben und mir schenken konnte.«
»Aha.«
Danach fiel ihm nichts mehr ein, und er schlug wieder den Katalog auf, schätzte den Wert der verbliebenen Stücke ab und versuchte auszurechnen, wie lange er noch hier sitzen mußte, ehe er in seine Suite zurückkehren und sich dort der Arbeit widmen konnte, die auf dem Couchtisch ausgebreitet lag. Ja, tatsächlich, die Ladys-Abteilung umfaßte zwölf Stücke. Neben jedem einzelnen stand angegeben, welche Dame es vorführen würde.
Beim zwölften Gegenstand fiel ihm etwas auf. Ein örtlicher Juwelier hatte das Set gespendet, und Diana Foster sollte es präsentieren. Zur Beschreibung stand dort zu lesen:
»Eine kostbare Halskette mit dazu passenden Ohrringen, bestehend aus dunkelroten Amethysten von fünfzehn Karat, die von feinen weißen Diamanten umrahmt sind. Das Ganze eingefaßt in achtzehnkarätiges Gold. Aus der Sammlung der verstorbenen Gräfin Vandermill, circa 1910.«
Cole hob den Kopf und schaute nach Diana. Sie unterhielt sich gerade mit ihrer Schwester und wirkte auf den ersten Blick gefaßt. Doch auf den zweiten stellte er fest, daß sie noch blasser geworden war. Er ahnte, wie sehr sie den Moment fürchtete, in dem sie aufstehen und diese Halskette mit den Ohrringen vorführen mußte.
Missy Desmond, die gerade in ihrem Katalog las, schien zu der gleichen Schlußfolgerung gelangt zu sein. »Diana Foster, die Ärmste. Warum hat sie das Set nicht zurückgegeben und die Leitung gebeten, jemand anderen zu bitten, es vorzuführen?«
Für Cole lag die Antwort auf der Hand. Da Dianas Name bereits im Katalog zu lesen stand, hätte sie durch einen Rückzug verstärktes peinliches Aufsehen erregt.
Auf der anderen Seite des Tisches beobachtete Haley Cole genau. Sie ärgerte sich immer noch darüber, daß Harrison Diana Foster gleich wiedererkannt zu haben schien, sie selbst aber nicht. Auch ihrem Mann, der sich den ganzen Abend an seinem Glas festgehalten hatte, fiel auf, wie oft der Ehrengast zu Diana hinüberschaute. Schließlich beugte er sich zu seiner Frau hinüber und flüsterte: »Diana scheint eine neue Eroberung gemacht zu haben. Harrison kann ja nicht den Blick von ihr wenden.«
»Da seid ihr ja schon zu zweit«, gab sie giftig zurück und ärgerte sich maßlos, weil ihr Mann es gewagt hatte, den verhaßten Namen in ihrer Gegenwart fallenzulassen; und noch viel mehr verdroß es sie, daß er mit seiner Bemerkung über Cole absolut recht hatte. So wandte Haley sich an Missy und erklärte ihr: »Diana Foster hatte überhaupt kein Interesse daran, eine andere die Halskette vorführen zu lassen, weil sie noch nie eine Gelegenheit versäumt hat, im Rampenlicht zu stehen.« Sie drehte sich zur Seite, um auch ihre Freundin Marilee Jenkins an der Verdammung Dianas teilnehmen zu lassen. »Ist dir auch aufgefallen, wie sie heute abend die Rolle der Märtyrerin zu spielen versucht? Sieh nur, was für ein unglaubwürdiges tapferes Lächeln die Foster aufgesetzt hat!«
»Mir tut Diana leid«, wandte Mrs. Canfield ein. »Was Daniel Penworth ihr angetan hat, war unentschuldbar.«
»Nein, vielmehr unvermeidlich«, schoß Haley zurück. »Diana war für ihn doch wie ein Mühlstein am Hals. Er hat sie nie geliebt, und als es nicht mehr ging, hat er versucht, sich in Freundschaft von ihr zu trennen. Aber Diana wollte ihn nicht aus ihren Klauen lassen. Wer sie nicht so gut kennt,
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