Der Rebell - Schattengrenzen #2
gebaren .
Du bist kaum älter und verliebst dich in einen erwachsenen Mann.
Diese verhasste Stimme …
Die heutige Zeit war anders, ohne ein Regime, dem jedwede Menschlichkeit fehlte.
»Die sieben Toten in deinem Keller, sind das Rudolph, Helene, Rachel, Ruth, Ibrahim und Arel ?«
»Und Mardochai , Helenes älterer Bruder, der einzige, der die Deportation seiner Familie in Berlin überlebte.«
Mardochai , die einzige Leiche, die er nicht zuzuordnen gewusst hätte. War er der Mann, dessen Geist Michael verfolgt hatte? »Wie sah er aus?«
Walter seufzte. »Du weißt die Antwort. Michael hat dir sicher von ihm erzählt.«
Hitze erfasste ihn. Erneut entflammten alle Nervenenden. Seine Wangen glühten. Walter wusste, dass die Geister Chris angriffen, ihm schadeten. Und er akzeptierte es widerspruchslos?
Wut sammelte sich in seinem Magen. » Mardochai hat Chris angegriffen?«
Walters Lider senkten sich bestätigend.
»Warum? Wie konntest du das zulassen …«
»Hör mir weiter zu.« In seiner Stimme lag ein schneidender Tonfall. Wesentlich sanfter fügte er hinzu: »Bitte.«
»Meine Mutter litt unter der Situation. Sie hatte nichts vergeben. All die Jahre lauerte sie auf ihre Chance, bis Rachel, Ruth und ich keine Chance mehr sahen, uns in Sicherheit zu bringen. Dann spielte sie ihre Karten aus …«
Seine Hand fiel schlaff auf den Tisch. Mühsam atmete er. Sein Herz schien schneller zu schlagen. Der ausgezehrte Körper zitterte. Tränen sammelten sich in seinen Wimpern. Feine Bäche bahnten sich ihren Weg über die Täler und Hügel seiner Falten. Tropfen zerplatzten auf der Tischplatte.
Was bedeutete, ihre Karten auszuspielen?
Er zog seine Hand zurück, erhob sich und schloss den ausgemergelten Körper in die Arme. Kalt und knochig. Wo war der stolze Mann, vor dem er als Kind Angst gehabt hatte?
Walter klammerte sich an ihm fest. Tränen durchweichten seinen Pulli. Abscheu und Mitleid rangen in Oliver um die Vorherrschaft. Walter, der in sich gespaltene Mann, beeinflusst von etwas Bösem, bereit zu sterben, in Gefangenschaft und dennoch befreit. Oliver drückte ihn an sich. »Mit was hat sie dich erpresst?«
»Dem Kindstod ihres Ungeborenen, meiner Stellung in der Hitlerjugend, dem Verrat an meinem Obersturmbannführer, dem Verrat meiner Rachel und meiner Ruth. Sie nahm in Kauf, sich und mich zu töten, wenn ich nicht reagieren wollte.«
»Und du hast reagiert.« Es gelang Oliver nicht, die Bitterkeit aus seiner Stimme zu verbannen.
»Ich habe mich gewehrt, woraufhin sie wahr machte, was sie angedroht hatte.« Seine Stimme erstarb.
»Aber ihre Leichen lagen im Keller …«
Walter nickte gepresst. »Sie reagierten schnell, zu schnell. Rachel war schwach, krank, wie Helene und Vater und alle anderen. Ich konnte sie nicht in Sicherheit bringen, nur verstecken.« Seine Nägel durchdrangen den Stoff. Er rang nach Atem. »Es war zu spät. Als sie sie im Keller fanden, lagen sie im Sterben. Sie mauerten meine Frau und mein Kind, meine Familie, ein.«
Ein unmenschlicher Laut kam über seine Lippen. Oliver umfing ihn fester. Der alte Mann krallte sich an ihn, hilflos, verstört. Walter war das ärmste und elendeste Geschöpf, das ihm je begegnet war.
Sein Großvater keuchte erstickt. »Wie schon einmal trage ich die Schuld … ich …« Ein Krampf schüttelte ihn. Er erlitt einen Zusammenbruch.
Entsetzt löste Oliver Walters Finger.
»Opa?«
Das uralte Gesicht hatte sich zu einer abscheulichen Grimasse verzerrt. Ein Infarkt!
Vorsichtig ließ er Walter zu Boden gleiten, kniete nieder und zog ihn wieder an sich. Entsetzen und Schmerz brachen aus ihm heraus. »Tun Sie was!«
Der Haftarzt löste sich rasch. »Rufen Sie den Notdienst.«
Während der Vollzugsbeamte in Bewegung geriet, klammerte Walter sich an Olivers Arm. Seine Lippen zitterten. Er bewegte sie, ohne dass ein Laut nach außen drang. Soweit die ungünstige Position es zuließ, neigte Oliver sich zu ihm.
Warmer, feuchter Atem streifte Wange und Ohr.
»Ich war es … Ich wusste nicht … ihr Essen war vergiftet.«
Die Buchhandlung
O liver blieb abrupt im Flur stehen, als ein massiger Mann mittlerer Jahre das Krankenzimmer verließ. Sie waren sich zuvor nicht begegnet, oder doch? Wahrscheinlich handelte es sich um jemand aus der Verwaltung.
Die Antwort war irrelevant, solange er keine Informationen über Walter besaß.
Olivers innere Unruhe stieg. Wie ging es Walter? Überstand er den Zusammenbruch? Würde er wieder
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