Der Rebell - Schattengrenzen #2
ihrer pathologischen Neugier kommen Ungeduld und ziemlich viel Temperament. Sie hat für viel Ärger gesorgt.« Er setzte sich wieder auf.
»Camilla hat den Fall also in die eigenen Hände genommen?«
»Und ist dafür mehrfach nur knapp dem Tod entkommen, genau.«
»Aber was gibt ihr dann die konkrete Präferenz, bei dem, was vor uns liegt, zu helfen?«
Daniel zuckte mit den Schultern. »Durch die und ihre besonderen Fähigkeiten hat sie nicht nur reichlich Unruhe gestiftet, sondern auch aktiv bei der Aufklärung geholfen.«
»Besondere Fähigkeiten? Sieht sie Geister?«
»Nicht direkt. Sie spürt sie.« Er grinste. »Seit Theresas Tod hat sie sich sehr gut in das Thema eingearbeitet.«
»Warum?«
»Theresas Steckenpferd war die Parapsychologie. Sie war so etwas wie hypersensibel. Camilla hat sich erst nach ihrem Tod wirklich darauf eingelassen.«
Oliver stöhnte. »Also ist sie auch so?«
»Bitte?«
»Eine Parapsychologin.«
Daniel lachte auf. »Ne, echt nicht, sie studiert hier Kommunikationsdesign.« Wieder ernst schüttelte er den Kopf. »Genau genommen beschäftigt sie sich nur mit dem, was sie mit Theresa erlebt hat, analysiert es und baut dieses Wissen aus.«
Oliver legte den Kopf schief. Das Mädchen klang doch nicht so falsch. Genau genommen schien sie die Richtige für die Informationsbeschaffung zu sein. Davon abgesehen würden Matthias und Weißhaupt sicher nicht mosern, wenn sie half. »Praktische Erfahrungen, Durchsetzungsvermögen und tiefere Einblicke? Brauchen wir nicht genau das?«
Daniel nickte lächelnd. »Du bringst es auf den Punkt.«
Er konnte sich gar nicht auf die Hausentdeckertour konzentrieren. Während Chris Micha von einem Zimmer zum anderen zog und jeden Raum auf Herz und Nieren untersuchte, ging der Zauber der Villa vollkommen an Oliver vorbei. Langsam ging er hinter den Zwillingen her.
Wie war wohl diese Camilla?
Wie Daniel sie beschrieben hatte, war sie sicher recht locker. Aber das konnte auch bedeuten, dass sie zu den Okkultismus-Freaks gehörte. Vor einem Jahr war das ein heißes Thema in seiner Klasse gewesen. Zwei Mädchen experimentierten mit Pendel, Karten legen, Ouija -Board und anderem Quatsch herum. Bei einem ihrer Experimente auf dem Nordfriedhof wurden sie mitten in der Nacht von der Polizei aufgegriffen und nach Hause gebracht. Beide hatten die Verantwortung von sich geschoben. Sie seien beeinflusst worden. Ihrer Aussage nach habe die reine Gegenwart einer Klassenkameradin aus der Gothic -Szene sie dazu inspiriert.
Vollkommener Quatsch. Der kleine Goth gehörte eher zur Happy- go -lucky-Variante der dunklen Szene. Sie zählte zu den lustigsten und freundlichsten Menschen, mit der kürzesten Aufmerksamkeitsspanne der Welt. Wenn es sich für Oliver damals ergeben hätte, wäre sie eher in die engere Wahl seiner Freunde gefallen, als ausgerechnet die beiden durchgeknallten Modebienen mit Okkult-Hang.
Hoffentlich war Camilla nicht gleichermaßen drauf wie die beiden überdrehten Tussen.
Wie Daniel sie beschrieben hatte, ging sie mit diesen Dingen sicher anders, viel natürlicher, um. Schließlich begleitete sie das Unheimliche schon ihr ganzes Leben.
Er atmete tief durch und schloss die Augen.
Wer war Camilla? Was umfassten ihre Fähigkeiten? Wie war sie? Wie sah sie aus?
Bestimmt war sie wenig mädchenhaft, herb, wahrscheinlich sehr dominant und nahm Widerspruch nicht hin. Das Bild eines hageren, kühlen Mädchens mit Brille und herablassenden Blick erwachte. Nein, das konnte nicht hinhauen. Sie war eine von Daniels Freundinnen, das bedeutete, dass sie ziemlich herzlich sein musste.
In der Etage unter ihm tappte jemand mit nackten Füßen über den Marmorboden.
»Olli?«
Er sah über die Balustrade nach unten. Daniel stand im Erdgeschoss und winkte ihm.
»Ich komme runter.«
Froh, sich absetzen zu können, eilte er ins Erdgeschoss.
»Ich habe mit Matthias gesprochen. Er bringt dein Zeug aus der Reha mit und auf dem Weg hierher holt er Camilla ab.«
Oliver saß auf seinem Bett. Der Bequemlichkeit halber hatte er die Daunendecke in seinem Rücken zusammengerollt. Daniel hatte ihm aus der sogenannten Überwachungszentrale Block und Kugelschreiber besorgt. Hastig notierte der die Erlebnisse des vergangenen Abends und Tages.
Als die Tür aufschwang, erschrak er dermaßen, dass ihm der Stift abrutsche.
Matthias warf eine Sporttasche auf den Sessel neben dem Bett und stützte sich schwer auf die Holzornamente am Fußende des Bettes. Mit dem
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