Der Rebell - Schattengrenzen #2
oder er hatte sich schlicht gut genug im Griff, um nicht überzureagieren .
Matthias knurrte unwillig. Schließlich nickte er. »Bernd und ich waren mit einem Fall betraut, der eigentlich noch gar keine richtige Basis besaß. Soll heißen, wir hatten ein paar Handlanger, aber keine Ahnung, wer die Fäden zog.« Er strich sich das Haar aus der Stirn. »Wir verfolgten Antikkunst-Schmuggler. Daniel weiß ja davon.«
Unbehaglich nickte dieser.
Antikkunst und Berlin, sicher ging es dabei um die Arbeit von Olivers Mutter. Sie war Museumskuratorin, hatte Archäologie und Geschichtswissenschaften im Fachbereich ägyptischer Kunst, speziell für die Epoche des neuen Reiches, der Dynastien 18 bis 20, studiert. Die Hinweise auf sie reichten aus. In Bezug zu dem, was er schon an Verdächtigungen aufgeschnappt hatte, fügte sich vielleicht jetzt ein Bild zusammen. Sein Mund fühlte sich trocken an. »Meine Mutter, nicht?«
Daniels Arm schlang sich vertraut um Olivers Hüften. Er lehnte sich sanft an.
»Deine Mutter.« Bestätigend nickte Matthias. »Silke Hoffmann war Aufhänger meiner Ermittlungen. Sie schleuste Ausgrabungen von geringem Wert aus Kairo nach Berlin. Dort verlor sich ihre Spur rasch wieder.«
Oliver drückte das Tier an sich. Es tat gut, sich festhalten und zugleich an Daniel anlehnen zu können.
Er hatte mit nichts anderem gerechnet. Trotzdem fühlte es sich falsch an. Ob sie gewusst hatte, was sie tat?
Dumpfer Druck baute sich auf und manifestierte sich in seiner Brust. Schwer pumpte Hitze durch seine Adern. Taubheit kroch durch seine Glieder. Daniel wusste davon. Er hatte es verschwiegen. Eine heiße Welle der Enttäuschung überrollte ihn. Für einen Moment fühlte sich der vertraute Arm und Daniels Gewicht, das sein Körper verursachte, abstoßend an. Als habe er den Gedanken wahrgenommen, löste Daniel seine warme Hand. Kälte strömte nach, Einsamkeit. Das fühlte sich noch weniger richtig an. Oliver drängte sich auffordernd an ihn, vielleicht ein bisschen zu sehr. Daniel umschlang ihn fest, besitzergreifend.
Matthias beobachtete sie. Aus seinem Blick stach Missbilligung. Er wusste anscheinend genau, was das zu bedeuten hatte. Seine Lippen bebten schwach.
»Sie schmuggelte kleine Gegenstände, Schmuck, Schatullen, nichts Besonderes, trotzdem die Art der Kleinigkeiten, die bei Kennern auf positives Feedback stoßen und in kleinem Rahmen wertvoll sind.«
»Was hat sie geschmuggelt?«
»Schalen, Armbänder, Ketten, kleine Grabbeigaben, Münzen, Kämme, Phiolen, Ringe, Kleinzeug eben. Sachen, die nicht auffallen, besonders, wenn man sie als einfache Zollfracht deklariert.« Matthias verzog spöttisch die Lippen. »Silke war mit ihren zu restaurierenden Gegenständen bekannt. Sie konnte sie immer genau ausweisen. Mein Verdacht war, dass sie einige Kontakte besaß und zu nutzen verstand.«
»Aber dann ist das doch Sache der Zollfahndung.« Oliver hob die Schultern. »Wie kamt ihr an den Fall?«
»Die Sachen tauchten in Berlin und München auf, bei Auktionen, auf dem Schwarzmarkt, dieses Mal über uns einschlägig bekannte Händler, die mit dem organisierten Verbrechen – genau genommen den illegalen Kunsthändlern – zusammenarbeiten.«
»Heißt das, sie hat unwissentlich die Mafia bedient?«
Nervös blinzelte Matthias ihn an. Er zögerte. »Nicht unwissentlich, wissentlich, Oliver. Deswegen waren wir ihr auf der Spur. Sie sollte uns zu ihrem Auftraggeber führen.«
Amman Aboutreika . Oliver befeuchtete seine trockenen Lippen. Darauf lief es hinaus. Etwas in ihm begann zu vibrieren. Das Echo seiner eigenen Nervosität hallte wieder.
Sein erster Eindruck stimmte. Er legte keinen sonderlichen Wert auf die Form der Wahrheit. Manchmal lebte es sich in einer Traumwelt sicherer und schöner.
Standen laut Camilla nicht seine beiden Eltern unter Verdacht? Wenn das wahr wäre – dann hatte sein Vater ein paar Gründe mehr als lediglich die Eifersucht, um zu morden. Vielleicht handelte es sich um Rache, auch möglich, dass er dem Druck nicht mehr standhielt. Er wusste es nicht. In die Auswirkungen der Mordnacht spielten zu viel unterschiedliche Gefühle von Personen, die er erst jetzt Stück um Stück kennenlernte. Von diesem Standpunkt aus war es nicht möglich, in die Seelenwelt seines Vaters Einblick zu gewinnen. Jeder Faktor zog ein Bündel neuer Optionen mit sich. Wer sich in dieses Denkmodell einarbeiten wollte, konnte darüber nur durchdrehen.
Sein Hals war zu trocken und zu rau, um mehr
Weitere Kostenlose Bücher