Der Rebell
du nicht mit Lavinia zum Reverend gelaufen. Es wäre schrecklich gewesen, hätte ich sie als künftige Herrin von Cimarron begrüßen müssen. Und ich danke dem Himmel, daß Peter O'Neill nicht mit Alaina verlobt ist, sondern mit Elsie Fitch.«
»Früher mochte sie ihn«, entgegnete Ian betont beiläufig, und Jarrett hob die Brauen.
Er wußte, wie abgrundtief sein Sohn den albernen Prahler verachtete. Empfand er jetzt eine gewisse Eifersucht? Vielleicht ist das sogar vorteilhaft, überlegte Jarrett. Der attraktive junge Mann war viel zu sehr daran gewöhnt, daß ihm die Frauen zu Füßen lagen und nach seiner Pfeife tanzten.
Natürlich fand Jarrett, der gute Dr. Theodore McMann hätte seine Tochter schon vor Jahren übers Knie legen und ihr das mutwillige Verhalten austreiben müssen, das zu dieser unplanmäßigen Hochzeit geführt hatte. Nun, daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern. Jarrett mochte die schöne, lebhafte Alaina. Aber gleichzeitig mußte er auf eine Schwiegertochter verzichten, die ihm ideal erschienen wäre.
»Vielleicht glaubte Alaina, sie würde Peter lieben«, fügte Ian hinzu. »Aber sie hätte ihn bald durchschaut und erkannt, wie wenig seine großartigen Worte bedeuten. Diese Ehe wäre für sie die reine Hölle gewesen.«
»Nun, ich nehme an, du wirst eine viel glücklichere Ehe mit ihr führen. Immerhin ist Alaina zu einer bildhübschen, intelligenten jungen Frau herangewachsen.«
»Also billigst du meine Heirat?« »Natürlich. Und Colonel Magees Tochter?«
»Risa?« murmelte Ian.
»Bei der Lektüre deines letzten Briefes gewann ich den Eindruck, sie würde dich interessieren.«
»Ja, wir trafen uns öfter, und wir verstanden uns sehr gut.«
»Aber du hast ihr nichts versprochen?«
»Nein. Vorher wollte ich mit Mutter und dir reden, auf deiner Geburtstagsparty, und Risa einen Antrag machen, wenn ich nach Washington zurückkehre.«
»Jetzt wirst du ihr vermutlich eine bittere Enttäuschung bereiten.«
»Ja«, gab Ian seufzend zu. »Sobald ich in Washington bin, werde ich mit ihr sprechen.«
»Das kannst du dir leider nicht ersparen. Und was deine Heirat angeht, du durftest nicht anders handeln. Teddy wäre todunglücklich, hättest du seine Tochter entehrt. Nun, was geschehen ist, läßt sich nicht mehr ändern. Ich gratuliere dir zur Hochzeit. Aber ich muß dich warnen. Alaina ist eine eigenständige, willensstarke Frau — und daran gewöhnt, stets zu tun, was ihr beliebt.«
Als Ian die Stirn runzelte, ahnte Jarrett, daß sein Sohn Alainas Charakter bereits ergründet hatte. »Glaub mir Vater, ich weiß, wie ich meine Frau behandeln muß.«
»Würdest du — einen Krieg gegen sie führen?« fragte Jarrett zögernd.
»Was meinst du?«
»Einerseits sind wir beide Unionisten, andererseits leben wir in einem Sklavenstaat. Falls es zu einem Konflikt kommt, würden wir uns gegen Florida stellen. Teddy und Alaina leben im tiefsten Süden, wo man die US-Army verabscheut, weil sie den Seminolen soviel Leid zugefügt hat. Ich fürchte, Alaina würde deinen Entschluß, bei der Army zu bleiben, deshalb niemals verstehen.«
»Diese Entscheidung habe ich noch nicht getroffen«, gestand Ian bedrückt.
»Bald wirst du dich auf die eine oder die andere Seite schlagen müssen.«
»Was auch immer ich beschließe — meine Frau wird es akzeptieren müssen.«
»Hoffentlich ist sie dazu bereit. Ihr seid beide stolz und eigensinnig.«
Plötzlich erklang ein lautes Niesen. Ian sprang erstaunt auf, ging um eine Eiche herum und sah seinen Bruder im Gras sitzen, an den Stamm gelehnt.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Julian. »Als ich hier ankam, wollte ich mich bemerkbar machen. Aber Vaters Stimme klang so ernst. Da wollte ich nicht stören. Also setzte ich mich und wartete auf eine günstige Gelegenheit, um lautlos davonzuschleichen.«
»Wieso um Himmels willen muß sich alle Welt dauernd in meine Privatangelegenheiten einmischen?« seufzte Ian.
»Ich bin nicht alle Welt, sondern dein Bruder.« Ungeduldig stand Julian auf, und die beiden gesellten sich zu Jarrett. »Ehrlich gesagt, ich begreife nicht, was es da groß zu besprechen gibt. Nach meiner Meinung ...«
»Niemand hat nach deiner Meinung gefragt«, fiel Ian ihm ins Wort.
»Nach meiner Meinung«, fuhr Julian unbeirrt fort, »ist Alaina eine zauberhafte, wundervolle junge Frau. Natürlich, sie hat kein Geld, und das nimmt ihr ein Großteil unserer vornehmen Gesellschaft übel. Aber wir McKenzies wurden zu der Überzeugung
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