Der Rebell
McMann-Wappen über dem Kaminsims an. Teela kam zu ihr, setzte sich auf die Armstütze des Lehnstuhls und drückte schweigend ihre Hand. »Niemals werde ich ihn vergessen«, wisperte Alaina.
»Natürlich nicht.«
»Ich vermisse ihn so sehr.«
»Dein Leben lang wirst du ihn vermissen. Aber du wirst die Erinnerungen an die gemeinsamen Zeiten in deinem Herzen bewahren. Ich verlor meinen Vater, als ich sehr jung war. Danach wurde ich auch noch von einem grausamen, tyrannischen Stiefvater gequält.« Lächelnd fügte Teela hinzu: »Wenigstens das bleibt dir erspart.«
»Wie hast du's ertragen?«
»Es war die Hölle. Um diesem gräßlichen Mann zu entrinnen, flüchtete ich nach Florida und lernte James kennen. Auf dieser Welt herrscht eine gewisse Gerechtigkeit. Mein Stiefvater kam hierher und ermordete zahllose Indianer. Und ich heiratete ein Halbblut. Gewiß, Alaina, Teddys Tod war schrecklich und so sinnlos. Aber der Gedanke, daß er ein glückliches, erfülltes Leben führte und dich abgöttisch liebte, sollte dich trösten. In deinem Baby wird er weiterleben. Natürlich gleichen meine Kinder ihrem leiblichen Vater. Und doch — wenn ich Jerome oder Brent in einem bestimmten Licht sehe oder wenn sie sich auf besondere Art bewegen, erinnern sie mich an meinen Papa.«
Nun trat Jennifer zu den beiden Frauen, den kleinen Anthony auf ihrem Arm. »Die Zeit wird den Schmerz nicht verscheuchen, Alaina, aber lindern. Als meine Mutter und meine Schwester starben, war ich fünf Jahre alt. Später bekam ich dann eine wundervolle Stiefmutter, die meinem Leben wieder einen Sinn gab.« Sie lächelte Teela an, die ihren Blick gerührt erwiderte.
»Danke, mein Kind.«
»Aber sie hat mir auch zwei ungebärdige Halbbrüder zugemutet, die ständig an meinen Nerven zerrten«, scherzte Jennifer.
Endlich mußte auch Alaina lächeln. Anthony streckte die Händchen nach ihr aus, und sie nahm ihn auf ihren Schoß. Das Gesicht an seinen Hals gepreßt, spürte sie seinen warmen, weichen Körper.
Was würde sie empfinden, wenn sie ihr eigenes Baby an sich drückte? Würde sie einen Jungen oder ein Mädchen zur Welt bringen, mit ihren grünbraunen Augen oder den kobaltblauen des Vaters? Doch der traurige Gedanke, daß Teddy sein Enkelkind niemals umarmen würde, ließ sich einfach nicht verdrängen.
Teela erhob sich von der Armstütze des Sessels. »Vorerst werden wir uns um Belamar kümmern.«
»Oh, ich komme schon zurecht«, versicherte Alaina und beobachtete, wie die zwei Frauen einen unbehaglichen Blick wechselten. »Stimmt was nicht? Warum soll jemand anderer die Insel verwalten?«
»Das mußt du mit Ian besprechen«, erwiderte Jennifer.
»Ich hätte das Thema gar nicht anschneiden dürfen«, seufzte Teela. »Natürlich ist es Ians Aufgabe, dich über seine Entscheidungen zu informieren, Alaina.«
»Seine Entscheidungen? Bitte, Teela, Jennifer — sagt mir, worum es geht!«
»Nun ja . ..«, antwortete Teela beklommen. »Nach allem, was geschehen ist, will er dich nach Washington mitnehmen.«
Unmöglich, dachte Alaina, wo Teddy doch eben erst gestorben ist ...
»Und mir wäre es auch nicht recht, wenn du allein auf der Insel leben würdest«, betonte Jennifer hastig.
»Aber ich bin nicht allein. Ihr seid in meiner Nähe, du und Lawrence. Teela und James wohnen drüben an der
Küste. Und Sydney wird bald aus Charleston zurückkommen ...«
»Alaina«, fiel Teela ihr mit sanfter Stimme ins Wort, »Ian hat dich deinem Vater anvertraut. Unter den veränderten Umständen möchte er seine Frau natürlich bei sich haben.«
Tatsächlich? Alaina erinnerte sich an jenen letzten Morgen auf Cimarron. Ohne Abschied war er gegangen, ohne ihr mitzuteilen, daß sie ihren Vater auf die Insel begleiten würde. Und er hatte wieder sein eigenes Leben geführt. In ihrem verletzten Stolz hatte sie seine Briefe nicht beantwortet — und ihm die Schwangerschaft verschwiegen.
»Sicher wird's dir in Washington gefallen«, meinte Jennifer. »Eine faszinierende Stadt . . . Die Abwechslung müßte dir außerdem guttun. Man trifft so viele interessante Leute, auf Bällen und Parties.«
»Versteh doch, Alaina«, bat Teela, »Ian kann dich unmöglich allein auf Belamar zurücklassen.«
Darüber wollte Alaina vorerst nicht nachdenken. »Es war ein langer, anstrengender Tag ... Jetzt sollte ich ins Bett gehen.« Sie stand auf und hielt Anthony vorsichtig fest. »Oh, der Kleine ist eingeschlafen. Ich bringe ihn ins Gästezimmer. Dort werdet ihr's bequem
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