Der Rebell
haben, Lawrence und du.«
Aber Jennifer nahm ihr das Kind aus dem Arm. »Wir können heimfahren.«
»Nein, bitte, bleibt hier. Sonst wäre das Haus so — leer. Teela, es stört James und dich doch nicht, im Zimmer meines Vaters zu schlafen?«
»Natürlich nicht«, entgegnete Teela lächelnd. »Mach dir keine Sorgen um uns und ruh dich aus. Denk dran, daß du dich schonen mußt, deinem Baby zuliebe.«
Alaina nickte, küßte beide Frauen auf die Wange und floh in ihr Zimmer.
Rasch zog sie sich aus, schlüpfte in ihr Nachthemd und kroch unter die Bettdecke.
Nun war sie endlich mit ihren Gedanken allein. Washington . . . Sollte sie sich über Ians Entschluß freuen, mit ihr in seiner Welt zu leben? In der Stadt, wo sie vielleicht die Frau treffen würde, die er beinahe geheiratet hätte? Sie schloß die Augen, versuchte im Schlaf Vergessen zu finden. Aber es gelang ihr nicht. Schließlich stieg sie aus dem Bett, trat auf die Veranda und schaute zum Grab ihres Vaters hinüber.
Die Stimmen der Männer waren zu hören. Obwohl sie leise sprachen, trug der Nachtwind jedes Wort zu ihr, klar und verständlich.
»Etwa eine Woche werden wir noch hierbleiben«, sagte Ian, »und alles regeln. Bitte, komm auf die Insel zurück, wenn du mit Julian nach Key West gefahren bist und die Behörden informiert hast, Jerome. Das müßte ich selber erledigen. Aber ich will meine Frau nicht allein lassen.«
»Keine Bange, ich weiß, wie man mit den Militärs redet. Wahrscheinlich ist's sogar günstiger, wenn ich diese Sache übernehme. Du gehörst der Army an. Und du besitzt ein aufbrausendes Temperament.«
»Weiß Alaina schon Bescheid?« fragte James, der inzwischen zurückgekehrt war.
»Nein«, erwiderte Ian. »Ich bin mir nicht sicher, wann ich's ihr sagen soll — welcher Zeitpunkt geeignet wäre.«
»Gar keiner«, seufzte Lawrence.
»Vermutlich hast du recht«, stimmte James seinem Schwiegersohn zu. »Vergiß einfach, was passiert ist, Ian, und erspar deiner Frau zusätzlichen Kummer.«
»Das wäre nicht richtig, Onkel James.«
»Nun, diese Entscheidung mußt du treffen.«
Alaina merkte erst, daß sie die Veranda entlanggegangen war, als sie vor den Männern stand, die Hände geballt. Mit schmalen Augen schaute sie von einem zum anderen. James lehnte am Türrahmen, Ian am Geländer, Julian und Jerome saßen in Schaukelstühlen, und Lawrence kauerte auf den Stufen. »Wovon redet ihr?« fauchte sie. »Wenn es mit dem Tod meines Vaters zusammenhängt ...«
Ian kam zu ihr und umfaßte ihre Schultern. »Hast du uns belauscht?« fragte er ärgerlich. »Es wäre besser gewesen, du hättest dich bemerkbar gemacht.«
Erbost schüttelte sie seine Hände ab und wandte sich zu Julian. »Nun? Worum geht's?«
Ihr Schwager zuckte hilflos die Achseln. Unbehaglich stand Jerome auf und wanderte zum anderen Ende der Veranda.
»Alaina«, begann Ian zögernd, »dein Vater wurde nicht von einem entlaufenen Sträfling, sondern von einem Soldaten erschossen.«
»Was?« rief sie entsetzt. »Die Army hat ihn getötet?«
»Nicht die Army, sondern leichtfertige Grünschnäbel.«
»Das kommt aufs selbe raus!«
»Demnächst wird eine Untersuchung stattfinden.«
»Eine Untersuchung? Diese Mörder müßte man hängen!«
»Versuch doch die Situation zu begreifen ...«
»Verteidigst du die Schurken, die meinen Vater auf dem Gewissen haben?«
»Bitte, Alaina, du mißverstehst mich. Du bist aufgeregt und ...«
»Aufgeregt? Papa ist tot. Meine Gefühle kannst du gar nicht nachempfinden, weil deine Eltern leben — weil deine ganze große, wundervolle Familie am Leben ist. Oh, du ahnst ja gar nicht ...«
»Bitte, Alaina, man wird die Soldaten zur Rechenschaft ziehen und wahrscheinlich unehrenhaft aus der Army entlassen. Aber du darfst dich nicht wie ein unvernünftiges Kind benehmen ...«
Eine schallende Ohrfeige unterbrach ihn, und alle Männer erstarrten — auch Ian. Auf seiner Wange zeichneten sich rote Fingerspuren ab. Zitternd wich Alaina zurück. Tränen brannten in ihren Augen. Nein, sie würde nicht weinen. »Obwohl die Army den Tod meines Vaters verursacht hat, versuchst du, sie zu entschuldigen.«
Als er sie an sich zog, wehrte sie sich verzweifelt. Aber er hielt sie eisern fest, und nach einer Weile lehnte sie kraftlos an seiner Brust. »Alaina, bitte!«
»Sie haben Papa umgebracht«, wisperte sie.
Wortlos hob er sie hoch, trug sie über die Veranda zu ihrem Zimmer und setzte sie aufs Bett. Ein trockenes Schluchzen erschütterte
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