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Der Rebell

Titel: Der Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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versuchte er sie zu trösten. Meistens saß sie reglos da und starrte ins Leere. Und wann immer er den Eindruck gewann, daß sie allein sein wollte, erfüllte er ihren Wunsch.
    Die beiden letzten Abende hatte er mit seinem Onkel und Lawrence auf der Veranda verbracht. Es war einfacher, Alainas Zimmer erst später zu betreten, wenn sie schon schlief. Seit jener unseligen Nacht hatten sie nicht mehr gestritten, und er verzichtete darauf, seiner Frau zu erklären, sie seien sehr lange getrennt gewesen und er würde sich nach ihr sehnen.
    Kraftvoll schlug er die Axt auf den Kiefernstamm und zertrümmerte ihn, statt ihn zu spalten. Er fluchte leise und hievte einen anderen Stamm auf den Block. Warum sie die Insel behalten sollten, wußte er nicht — abgesehen von der Tatsache, daß sie Alainas Erbe war. Wenn sie sich zum Verkauf entschlössen, würden sie kaum Interessenten finden. Im tiefen Süden — von Seminolen bevölkert, von Strandräubern und anderem Gesindel bedroht — wollten nur Exzentriker wie Teddy leben oder Menschen,, die dieses Land liebten, so wie James. Auch Ian wußte die Sonnenuntergänge zu schätzen, die Mangrovenwälder, die frische Morgenluft, die seinen verschwitzten Rücken kühlte.
    Als er Alaina auf die Veranda treten sah, unterbrach er seine Arbeit. Sie trug ein schlichtes weißes Baumwollkleid, kein Korsett, keine Unterröcke, nicht einmal Schuhe. In weichen Wellen fiel das blonde Haar auf ihre Schultern. In den Nordstaaten würde man ihre Aufmachung unschicklich finden. Aber hier, in der paradiesischen Wildnis, würde ein eleganteres Flair ihre natürliche Schönheit sogar beeinträchtigen.
    Sie ging zu ihm, und er hob erstaunt die Brauen. Seit seiner Ankunft hatte sie kein einziges Mal seine Nähe gesucht. »Das Haus erschien mir so seltsam, als ich erwachte«, erklärte sie und setzte sich auf die gestapelten Holzscheite. Wehmütig lächelte sie ihn an. »Niemand ist hier.«
    »Da meine Tante und mein Onkel schon zeitig aufgebrochen sind, wollten sie dich nicht wecken.«
    »Und Jennifer?«
    »Heute morgen ist sie mit Anthony heimgefahren, um ein paar Sachen zu packen, bevor sie hierherzieht.«
    »Wo steckt Lawrence?«
    »Wieder an Bord seines Bergungsschiffs.«
    »Oh ... Was soll mit Lilly, Bella und den Feldarbeitern geschehen?«
    »Lilly und Bella werden Jennifer zur Hand gehen. Und Lawrence will die Arbeiter in seinem Bergungsunternehmen beschäftigen.«
    »Sonderbar ...« Alaina blickte zum Meer hinüber. »Vor einer Woche war das noch die Insel meines Vaters. Und jetzt wuchert bereits Unkraut zwischen den Limonenbäumen.«
    »Jennifer hat versprochen, sie würde sich um die Plantage kümmern.«
    »Vielleicht sollte ich noch eine Weile hierbleiben ...«
    Am liebsten hätte er sie gepackt und geschüttelt. Statt dessen wandte er sich ab und lief zum Sandstrand, um seinen Zorn in den Meereswellen zu beruhigen. Er schwamm weit hinaus, drehte sich auf den Rücken, spürte den warmen Sonnenschein auf den geschlossenen Lidern. Als er zurückkehrte und durch das seichte Wasser watete, sah er Alaina am Ufer stehen. »Was willst du?«
    »Nichts«, erwiderte sie, »ich habe mir nur Sorgen gemacht ...«
    »Doch nicht um mich? Ich war erhitzt, und deshalb bin ich schwimmen gegangen. Das solltest du auch ausprobieren. Eine angenehme Erfrischung.«
    »Ian, ich bin in Trauer, und ich kann unmöglich ...«
    »Glaubst du, Teddy wäre böse, wenn du im Meer badest?«
    »Du verstehst das nicht.«
    »Nein, du verstehst nichts. Nun, das spielt vorerst keine Rolle. Geh ins Haus, ich komme gleich nach.«
    Aber sie rührte sich nicht. Hoch aufgerichtet stand sie da. Ihr goldblondes Haar flatterte im Wind, ihre Augen spiegelten das Sonnenlicht wider. Eindringlich schaute sie ihn an. War sie ihm gefolgt, um ihm das Versprechen zu entlocken, er würde sie auf der Insel zurücklassen?
    Während er aus dem Wasser stieg, wußte er nicht genau, was er plante. Er wollte sie nicht verletzen in ihrer Trauer. Aber sie mußte trotz ihres Verlustes weiterleben. Und das würde ihr leichter fallen, wenn er sie zum Leben zwang.
    Zielstrebig ging er zu ihr.
    »Verdammt, Ian!« rief sie erschrocken und wandte sich ab. Als sie davonlaufen wollte, hielt er sie am Handgelenk fest, hob sie hoch und trug sie ins Wasser. Mit aller Kraft wehrte sie sich. »Ian, was ist los mit dir? Bitte, benimm dich ausnahmsweise wie ein Gentleman! Ich sagte doch, ich kann nicht ... Mein Vater ist eben erst gestorben ...«
    »Aber du lebst. Und

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