Der Rebell
bereitete.
»Willst du mich — oder das Kind nach Washington mitnehmen?«
Als sie aufstehen wollte, hielt er ihre Schultern fest und schaute ihr eindringlich in die Augen.
»Alaina, ich möchte dich und das Baby bei mir haben. Du bist meine Frau. Und falls du noch nicht bemerkt hast, wie sehr ich dich brauche, bist du blind. Fischst du nach Komplimenten? Seltsam — eigentlich müßtest du wissen, wie schön und reizvoll ich dich finde. Ich ließ dich mit Teddy hierherfahren, weil er mich darum gebeten hatte und weil ich diese Lösung für vernünftig hielt. Und es war auch dein Wunsch. Bist du mir nicht zum
Strand gefolgt, um mir klarzumachen, daß du hierbleiben willst?«
»Ian, ich ...«
In diesem Augenblick trug der Wind Stimmen heran, und Ian bedeutete ihr zu schweigen. Er schloß seine Breeches und sprang auf. »Da ist jemand.«
Offenbar hatte sie nichts gehört, denn sie starrte ihn verständnislos an. Er half ihr auf die Beine und verfluchte seinen Leichtsinn. Natürlich hatte er nicht vergessen, was seinem Schwiegervater zugestoßen war, und eine sechsschüssige Pistole zum Holzblock mitgenommen — aber bedauerlicherweise liegenlassen, als er zum Strand gelaufen war.
»Bleib inzwischen hier, bis ich mich umgesehen habe, Alaina.«
Ehe sie antworten konnte, erklang Julians Stimme. »Ian? Alaina? Wo seid ihr?«
Erleichtert atmete Ian auf. »Mein Bruder und Jerome sind zurückgekehrt. Alles in Ordnung.«
»O nein, wir sind klatschnaß und ...«
»... und diesmal verheiratet«, ergänzte er. »Außerdem werden wir nicht von Feinden bedrängt. Und wir erwecken den Eindruck, wir wären nur schwimmen gegangen.« Grienend ergriff er ihre Hand und führte sie zwischen den Mangroven zum Haus. Die Hände in die Hüften gestemmt, stand Jerome vor der Veranda, und Julian rannte gerade zu den Limonenbäumen hinüber. »Hallo, da sind wir!« rief Ian.
Sofort machte Julian kehrt, und die vier trafen sich vor den Stufen.
Julian und Jerome hatten ihre formellen Gehröcke über die Arme gelegt und die Hemdkrägen geöffnet. Beim Anblick des derangierten Zustands, in dem sich Ian und seine Frau befanden, grinsten sie.
»Seid ihr etwa geschwommen?« fragte Julian gedehnt.
»Das geht dich nun überhaupt nichts an«, erwiderte Ian. »Was ist passiert?«
»Wollen wir ins Haus gehen?« schlug Julian vor, und sein Bruder nickte.
»Auf dem Herd steht noch ein Kaffeekessel. Alaina, zieh dir was Trockenes an.« Er führte sie die Stufen hinauf, und nachdem sie in ihrem Schlafzimmer verschwunden war, ging er in die Küche, um Kaffee einzuschenken.
Die dampfenden Tassen in den Händen, kehrten sie auf die Veranda zurück. Julian sank in einen Schaukelstuhl, die beiden anderen lehnten sich ans Geländer.
»Nun?« fragte Ian.
»Man wird Teddys Tod untersuchen«, erwiderte Jerome.
»Wann?«
»Das weiß ich nicht.«
Julian räusperte sich. »Natürlich lungerten wir eine Zeitlang im Fort herum, Ian, ließen deinen und Vaters Namen fallen und erwähnten unsere innige Freundschaft mit General Winfield Scott. Hoffentlich kennst du ihn überhaupt ... Aber so eindringlich wir auch auf unsere guten Beziehungen hinwiesen — es nützte nichts. Man teilte uns höflich mit, in so heiklen Fällen würden die Ermittlungen einige Zeit dauern. Vielleicht wird man die drei Soldaten vors Kriegsgericht stellen. Sobald eine Entscheidung getroffen wird, gibt man uns Bescheid. Oh, natürlich bedauert man Theodore McManns Tod zutiefst. Colonel Talbot hat mir einen Brief für Alaina und dich mitgegeben.«
»Also wird gar nichts geschehen.« Stirnrunzelnd wandten sie sich zu Alaina, die langsam auf sie zukam. Sie hatte sich nicht umgezogen. Statt dessen war sie durch ihr Schlafzimmer auf die Veranda geschlichen, um zu lauschen. »Man hat euch mit billigen Ausreden abgespeist, nicht wahr?«
Hilflos hob Jerome die Hände und wandte sich zu seinem Vetter.
»Alaina, wie ich dir bereits erklärt habe, wurde dein Vater nicht absichtlich erschossen ...«
»Ja«, unterbrach sie ihren Mann, »und inzwischen sehe ich ein, daß man diese Soldaten nicht hängen kann. Aber ich hätte etwas mehr erwartet als einen Beileidsbrief.«
»Hast du nicht gehört, was Jerome sagte? Der Fall wird untersucht.«
»Und man stellt die drei vielleicht vor ein Kriegsgericht. Aber man wird uns hinhalten, bis die Würmer Papas Leiche gefressen haben, und das war's dann!«
»Da dem Militär schwere Zeiten bevorstehen«, begann Julian, »wird man gewisse, nicht
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