Der Rebell
die Schwangerschaft ...« »O Gott! Habe ich mein Baby verloren?«
»Nein, nein.« Beruhigend drückte er ihre Hand. »Heute morgen hat sich's bewegt. Soweit ich's feststellen kann, ist dein Kind gesund.«
»Hast du's gespürt?«
»O ja. Selbstverständlich galt unsere erste Sorge deinem Wohl. Um die Wahrheit zu gestehen, bis gestern abend haben wir uns alle große Sorgen gemacht. Aber du bist eine Kämpfernatur, kleine Schwägerin.«
»Offensichtlich muß ich dir und deiner Familie danken.«
»Das ist auch deine Familie.«
»Nur meine angeheiratete Familie.«
»Keineswegs«, entgegnete er lächelnd. »Vergiß nicht — du trägst meinen Blutsverwandten unter deinem Herzen. Also gehören wir zusammen. Wie klingt das?«
»Sehr nett.« Mit Julians Hilfe richtete sie sich auf, und er schob ein Kissen hinter ihren Rücken. »Wie lange war ich krank?«
»Drei Tage — lange genug, um uns allen eine Heidenangst einzujagen.«
»Habe ich jemanden angesteckt? Geht es Ian gut?«
»Großartig.« Er stand auf, nahm einen Wasserkrug vom Nachttisch und füllte ein Glas. »Trink das ganz langsam. Etwas später wird Lilly eine Suppe für dich kochen. Du mußt wieder zu Kräften kommen.«
Gehorsam leerte sie das Glas, und Julian stellte es wieder auf den Nachttisch.
Als Jennifer mit einer Schüssel, einem Waschlappen und einer Haarbürste eintrat, ließ Julian die beiden Frauen allein.
Liebevoll küßte Jennifer die Stirn der Patientin. »Du siehst wundervoll aus.«
»Unmöglich ...«
»Doch. Und ich bin so froh, daß du diese schreckliche Grippe überwunden hast.«
»Danke, für alles. Trotz meines Fieberwahns habe ich gemerkt, wie gut du mich gepflegt hast.«
»Mit Julians und Teelas Hilfe. Meine Stiefmutter versteht sehr viel von Heilkräutern. Diese Kenntnisse hat ihr eine gute Freundin während des Seminolenkriegs beigebracht. Aber ich glaube, die wahre Heilkraft liegt in der Magie ihrer Seele.«
»Wenn ich sie das nächste Mal sehe, muß ich ihr von ganzem Herzen danken.«
Es klopfte an der Tür, und Alainas Herz schlug schneller, als sie Ian eintreten sah. Er trug seine Uniform — das Blau der US-Army. Sofort erlosch ihr zögerndes Lächeln, und sie erinnerte sich an die zahlreichen Soldaten in ihren Halluzinationen. Männer in blauen Uniformen — wie jene drei, die ihren Vater getötet hatten. Hastig senkte sie den Blick und ermahnte sich zur Vernunft. Nicht die ganze Army hatte Papa erschossen.
Aber Lincoln war zum Präsidenten gewählt worden. Oder gehörte auch das zu ihren Alpträumen?
»Alaina ...« Er setzte sich aufs Bett, gegenüber von Jennifer. An diesem Morgen wirkte er besonders attraktiv, mit glattrasierten Wangen, das Haar noch feucht von seinem Bad. Forschend schaute er seine Frau an. Dann wandte er sich zu seiner Kusine.
»Keine Bange, sie ist überm Berg«, versicherte Jennifer. »Nun lasse ich euch beide allein.« Mit leisen Schritten ging sie hinaus und schloß die Tür hinter sich.
Ian berührte Alainas Wange. In dieser Geste lag zärtliche Besorgnis — und noch etwas anderes, das sie unbehaglich stimmte.
»Dem Himmel sei Dank, du hast deine Krankheit überstanden.«
Sie nickte und schluckte krampfhaft. »Wirst du abreisen?«
»Mein Urlaub ist beendet, und ich muß meinen Dienst wieder antreten. Bedauerlicherweise kannst du mich nicht begleiten. Dafür bist du noch zu schwach. Sobald du neue Kräfte gesammelt hast, kommst du mir nach. Einverstanden?«
Wortlos nickte sie. Obwohl sie sein Kind erwartete, hatte er eine Barriere errichtet, die sie von ihm trennte. Es dauerte eine Weile, bis sie das drückende Schweigen brach. »Tut mir leid, daß ich Julian so viel Mühe bereitet habe. Ich weiß, er müßte sich um seine Arztpraxis in St. Augustine kümmern.«
»Oh, er ist dankbar für jede Gelegenheit, die ihn im Süden festhält. Und er freut sich, wenn er nach Herzenslust schwimmen und fischen kann.« Lächelnd drückte er Alainas Hand. »In ein paar Wochen wirst du dich gut genug fühlen, um zu verreisen. Julian und Jerome bringen dich nach St. Augustine, wo du an Bord eines Schiffs gehen wirst, von Lilly und Bella betreut.«
»Wohin sollen wir fahren?«
»Nach Charleston. Dort werde ich dich erwarten.«
Erleichtert seufzte sie auf. Also wollte er sie nicht für immer verlassen.
»Charleston gehörte zu den Lieblingsstädten meines Vaters. In Washington war ich noch nie. Und ich weiß nicht, ob dies der richtige Zeitpunkt für einen Besuch wäre.«
»Lincoln hat seinen
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