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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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solchen Verhalten gegenüber. Für Ironie hat Deck kein Gespür.
    Ein Teil meiner Arbeit als neuester Mitarbeiter der Kanzlei J. Lyman Stone wird darin bestehen, hier herumzuhängen und diese Weiden abzugrasen. Auch im ersten Stock des zwei Blocks entfernten Cumberland Hospital gibt es eine große Cafeteria, und im VA Hospital sogar drei. Deck weiß natürlich, wo sie sich befinden, und teilt sein Wissen mit mir.
    Er rät mir, mit St. Peter’s zu beginnen, weil es die größte Unfallchirurgie hat. Er zeichnet auf einer Papierserviette eine Karte, auf der ich sehen kann, wo sich die anderen potentiellen Fundgruben befinden – die Hauptcafeteria, ein Imbiß in der Nähe der Entbindungsstation im zweiten Stock, ein Cafe in der Nähe der Eingangshalle. Nachts ist es besonders gut, sagt er, immer noch seine potentielle Beute musternd, weil sich die Patienten dann oft in ihren Zimmern langweilen und, wenn sie dazu imstande sind, gern auf einen Happen hereinrollen. Vor ein paar Jahren hat einer von Bruisers Anwälten gegen ein Uhr nachts in der Hauptcafeteria herumgelungert und dort einen Jungen an Land gezogen, der schwere Verbrennungen erlitten hatte. Der Fall endete ein Jahr später mit einem Vergleich über zwei Millionen. Das Problem war nur, daß der Junge Bruiser entlassen und einen anderen Anwalt engagiert hatte.
    »Ist uns entwischt«, sagt Deck wie ein frustrierter Angler

17
    Miss Birdie geht nach der Wiederholung von M.A.S.H. um elf zu Bett. Sie hat mich etliche Male eingeladen, nach dem Abendessen mit ihr vor dem Fernseher zu sitzen, aber bisher ist es mir immer gelungen, die richtigen Entschuldigungen zu finden.
    Ich sitze auf der Treppe vor meiner Wohnung und warte darauf, daß es in ihrem Haus dunkel wird. Ich kann ihre Silhouette sehen, während sie sich von einer Tür zur nächsten bewegt, Schlösser überprüft, Jalousien zuzieht.
    Ich nehme an, alte Leute gewöhnen sich ans Alleinsein, obwohl niemand damit rechnet, seine letzten Jahre in Einsamkeit verbringen zu müssen, fern von geliebten Menschen. In jüngeren Jahren war sie bestimmt überzeugt, daß sie diese Zeit umgeben von ihren Enkelkindern verbringen würde. Ihre eigenen Kinder würden in der Nähe wohnen, täglich vorbeikommen, um nach Mom zu sehen, ihr Blumen und Kekse und Geschenke bringen. Miss Birdie hatte nicht die Absicht, ihre letzten Jahre allein zu verbringen, in einem alten Haus mit verblassenden Erinnerungen.
    Sie spricht nur selten über ihre Kinder und Enkelkinder. Es stehen ein paar Fotografien herum, aber sie sind, der Mode nach zu urteilen, ziemlich alt. Ich bin jetzt seit mehreren Wochen hier und wüßte nicht, daß sie in dieser Zeit auch nur einmal Kontakt mit ihren Angehörigen gehabt hätte.
    Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich ihr abends nicht Gesellschaft leiste, aber ich habe meine Gründe. Sie sieht sich eine alberne Comedy-Serie nach der anderen an, und die kann ich nicht ausstehen. Ich weiß das, weil sie unaufhörlich davon erzählt. Außerdem muß ich für das Anwaltsexamen lernen.
    Es gibt noch einen weiteren Grund, warum ich Abstand halte. Miss Birdie hat ziemlich unmißverständlich angedeutet, daß das Haus gestrichen werden muß und daß sie, wenn sie jemals mit dem Mulchverteilen fertig werden sollte, Zeit haben würde für das nächste Projekt.
    Ich habe heute einen Brief an einen Anwalt in Atlanta geschrieben, als Anwaltsgehilfe der Kanzlei von J. Lyman Stone, und um ein paar Auskünfte über den Nachlaß eines gewissen Anthony L. Murdine, den letzten Ehemann von Miss Birdie, gebeten. Meine Nachforschungen gehen nur langsam voran und bringen nicht viel ans Licht.
    In ihrem Schlafzimmer geht das Licht aus, und ich schleiche die wacklige Treppe hinunter und dann barfuß und auf Zehenspitzen über den feuchten Rasen zu der zwischen zwei kleinen Bäumen aufgehängten, ausgefransten alten Hängematte. Letzte Nacht habe ich eine Stunde darin geschaukelt, ohne mich zu verletzen. Von der Hängematte aus hat man einen prächtigen Blick durch die Bäume hindurch auf den vollen Mond. Ich schaukele sanft. Es ist eine warme Nacht.
    Seit der Van-Landel-Episode heute nachmittag im Krankenhaus bin ich ziemlich deprimiert. Vor knapp drei Jahren habe ich das Jurastudium in der typischen edlen Absicht angefangen, daß ich eines Tages meine Lizenz dazu benutzen würde, im kleinen Rahmen die Gesellschaft zu verbessern, einen ehrenwerten Beruf auszuüben, regiert von einem ethischen Kanon, den einzuhalten sich alle

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