Der Regler
Anliegen?«
Charlotte Poland fing an zu erzählen, von ihrem Sohn, von all den Problemen, von der Idee Paul Tretjaks, dass sein Sohn, »also Sie«, helfen könnte. »Ich weiß«, sagte Charlotte Poland, »Sie sind kein Samariter. Eher das Gegenteil davon. Aber ich habe eine hohe Meinung von Ihrem Vater, und wenn er sagt, Sie sind in Ihrem Geschäft richtig gut, dann glaube ich das. Ich will es glauben, weil ich große Angst um meinen Sohn habe. Es wäre schön, wenn Sie helfen könnten. Natürlich zahle ich dafür, ich bin eine vermögende Frau. Aber ich tue in dieser Sache auch sonst alles, was Sie sagen.«
Gabriel Tretjak hörte schweigend zu. Keine Notizen, er tippte nichts in sein vor ihm liegendes Handy. Er wirkte konzentriert, interessiert. Sie hatte nicht das Gefühl, zu viel zu reden. Er konnte gut zuhören, fand sie.
»Zweite Frage«, sagte Gabriel Tretjak. »Sie haben damals gesagt, ich würde einen Fehler machen, wenn ich nicht mit Ihnen spreche. Das klang nach einer Drohung. Was meinten Sie damit? Womit wollten Sie mir drohen?«
»Keine Drohung«, sagte sie. »Mit Fehler meinte ich: Es ist ja vielleicht auch eine Chance, dass Sie und Ihr Vater sich wieder näherkommen. Ich mag Ihren Vater, er ist mir eine große Stütze.«
Er blickte sie an und schwieg. Glaubte er ihr? In diesem Moment leuchtete sein Handy kurz auf, er hatte eine Nachricht erhalten. Und jetzt sah sie eine Reaktion, er wirkte erschrocken. Sie merkte, dass er kurz überlegte. Er rief den Kellner, bestellte sich noch ein Glas Champagner. Fragte nicht, ob sie auch noch eines wollte.
Vielleicht war das der Moment, auf den sie hatte warten sollen. Paul hatte sich das so vorgestellt, eine Gesprächspause, damit die Dramatik größer wurde. »Herr Tretjak«, sagte sie. »Jetzt habe ich noch eine Frage, es ist eine Frage Ihres Vaters: Was genau ist vor zehn Jahren, am Abend des 11. Mai, wirklich passiert?«
Sie stand auf, entschuldigte sich, sie müsse kurz auf die Toilette. Was nicht stimmte. Sie ging nicht links zu den Toiletten, sondern rechts zum Ausgang. Sie ging hinaus, stieg in den Volvo, und sie fuhren davon.
München,
Osteria
, 21 Uhr
Gabriel Tretjak saß am Tisch und war immer noch mit dem Bild auf seinem Handy beschäftigt, das man ihm gerade geschickt hatte. Er fragte sich, wo Charlotte Poland so lange blieb und blickte suchend Richtung Toiletten. Genau in diesem Moment betrat Kommissar Maler das Lokal, zwei Beamte im Schlepptau. Er trat an Tretjaks Tisch und sagte: »Herr Tretjak, Sie sind verhaftet. Ich muss Sie bitten, mit uns zu kommen.«
Gabriel Tretjak spürte die Unruhe, die im Restaurant entstand, die verstörten Blicke der Kellner. Er sah Maler an und fragte: »Darf ich wissen, warum Sie mich verhaften?«
Maler nickte. »Wir haben vor ein paar Minuten in Ihrer Wohnung eine tote Frau gefunden. Und Sie stehen im dringenden Tatverdacht, damit etwas zu tun zu haben.«
Tretjak erhob sich. »Kann ich noch die Rechnung bezahlen?«
Maler sagte: »Sie wirken nicht gerade überrascht.«
Tretjak merkte, wie er fahrig den Kopf schüttelte, als er dem Kommissar sein Handy zeigte. Dieses Foto habe er vor ein paar Minuten erhalten, sagte er. Das Bild zeigte die Wohnung von Tretjak, wie schon das Foto vom Nachmittag. Doch diesmal war alles voller Blut, die Wände, der Boden, der Tisch.
Sie gingen nach draußen. Die zwei Beamten voraus, dann Tretjak, dann der Kommissar, direkt hinter ihm. Maler sagte: »Da klebt Ihnen etwas am Hals.«
Tretjak fasste sich ins Genick. Er spürte das Blatt eines Weidenbaums. Von der Isar. Vom Nachmittag.
München, Hotel
Splendid
, Mitternacht
Seine Geilheit war unverschämt. Seine Hände waren schon zwischen ihren Beinen, bevor sie sich richtig begrüßt hatten. Und wie immer bediente Fiona Neustadt seine Geilheit. Unten in der Hotelhalle war sie noch kurz auf der Toilette verschwunden, um sich ihr Höschen auszuziehen. Und sie hatte aus ihrer Handtasche ein kleines Fläschchen Massageöl herausgekramt. Die Flüssigkeit hatte sie an all den Stellen einmassiert, die jetzt schon Opfer seiner Finger waren.
Von der Tür des Zimmers zum Bett waren es nur etwa vier Meter. Am Ende dieser Strecke hatte er es geschafft, dass ihre Bluse ausgezogen, ihr Rock um ihre Hüften gewickelt war und sein Glied in ihr steckte. Sie dachte an heute Nachmittag, an das Rauschen am Fluss. An Tretjaks Zartheit. Größer konnte der Unterschied nicht sein. Lag es am Alter? An der Erfahrung? Ficken. Das Wort hätte heute
Weitere Kostenlose Bücher