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Der Regler

Der Regler

Titel: Der Regler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
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Spezialwochenenden erzählt. Zehn dieser Wochenenden hatte es insgesamt gegeben, nur sie beide, Tretjak hatte viel Geld bezahlt, Kufner war teuer gewesen.
    Einmal hatten sie zwei Tage lang in einem Zimmer ohne Fenster gesessen. Vor sechs verschiedenen Tonbandgeräten, aus denen gleichzeitig verschiedenste Stimmen zu hören waren. Kufner wollte ihm zeigen, wie es möglich war, nur das zu hören, was man hören wollte. Und wenn man gar nichts hören wollte, dann ging das auch. Und er wollte ihm zeigen, was eine Stimme sagen musste, um sich gegen die anderen durchzusetzen. Welche Worte man wählen musste, um eine bestimmte Botschaft zu installieren.
    Jetzt saß Tretjak mit geschlossenen Augen in der dunklen Zelle und versuchte sich zu erinnern, was Kufner über den Begriff der doppelten Stille erzählt hatte. Es war eine Langzeituntersuchung durch russische Psychologen gewesen, die sich die Frage gestellt hatten, warum manche Gefangene in Sibirien jahrzehntelange Haft ohne größere Schäden überstanden hatten, wie es ihnen gelungen war, dabei sogar zu einer Art innerem Frieden zu gelangen. Das entscheidende Moment schien die Fähigkeit zu sein, eine Art doppelte Stille aufzusuchen. Die Bereitschaft, von dem äußeren stillen, ereignislosen Ort aus nach innen zu gehen und die innere Stille zu suchen. Sich auf diese Weise abzukapseln von der äußeren Stille. Man meditierte sozusagen in die äußere Stille hinein und wurde unverwundbar. Bauen Sie sich eine Mauer, hatte Kufner gesagt, Stein für Stein, bis der innere Kern eingemauert ist und geschützt.
    Kufner teilte das Ich in verschiedene »Ego-States« ein, in unterschiedliche Ich-Staaten: Es gibt das Ich der guten Gefühle, es gibt das Ich der schlechten Gefühle. Es gibt ein Ich der peinlichen Gefühle. Es gibt eines der Schwäche. Es gibt ein Ich der Entscheidungskraft und eines der Entscheidungslosigkeit. Es gibt ein Ich der Erinnerungen, der Ordnung und der Unordnung. All diese Ichs leben wie Staaten zusammen, mal in harmonischer Nachbarschaft, mal im Kriegszustand. Kufner hatte ihm das genau erklärt und betont, es sei die freie Entscheidung jedes Einzelnen, welchem Staat er die Führung in seinem Leben überlasse.
    In der Nacht in der Zelle versuchte Gabriel Tretjak, die Mauer zu bauen. Er merkte, wie es jeden Moment besser funktionierte, wie er ruhiger wurde, wie der Herzschlag aufhörte zu toben. Der Schweiß begann zu trocknen. Die Mauer wuchs.
    Doch dann war ein anderes Ich aufgeflackert. Ein nervöses Ich, aber auch ein ziemlich lebendiges. Der Nachmittag an der Isar. Die Haut von Fiona Neustadt. Die Frage, wen sie eigentlich meinte, wenn sie ihn küsste. Die Frage, was er eigentlich fühlte, wenn er mit ihr zusammen war. Ein Ich der Gefühle? Gabriel Tretjak saß auf seinem Bett in der Zelle und dachte, ich weiß es nicht. Er wusste nur, auf irgendeine Weise versuchte dieses Ich, von ihm Besitz zu nehmen.
     
    Irgendwann war Tretjak eingeschlafen. Als er aufwachte, kurz nach sechs Uhr, brannte das Deckenlicht in seiner Zelle bereits. Er hatte geträumt. Er erinnerte sich, leider. Es war ihm nie gelungen, eine Technik zu entwickeln, die eigenen Träume zu löschen. Er hätte gut auf sie verzichten können. Was sollte das schon sein, Träume? Diesmal war es wieder der Krankenhaustraum gewesen. In diesem Traum ging er durch einen langen Gang in einer Klinik, bis er endlich auf der Station war, die er suchte. Er sah nirgends Menschen. Er klopfte an eine Zimmertür und trat ein. Ein großes Zimmer, voll mit Betten, acht, zehn Betten. In denen sehr alte Menschen lagen, Wracks. Da er nicht wusste, wen er suchte, schaute er in jedes einzelne Gesicht. Sagte ihm eines davon etwas? Vier, fünf Gesichter, nichts. Doch dann stand er vor einem, das ihm etwas sagte. Er erschrak, bis ins Mark. Das war das zentrale Gefühl des Traums. Der Traum löste nie auf, wer das nun war in diesem Bett, nicht einmal, ob es ein Mann oder eine Frau war. Aber das Gesicht sprach zu ihm. ›Du hast mich vergessen. Du glaubst, ich bin tot, aber nein, du siehst, ich bin nicht tot.‹
    Tretjak trank ein paar Schlucke Tee, aß nichts von dem Graubrot mit Wurst, das ihm ein Beamter auf einem Tablett gebracht hatte. Die Angst war wieder da, er spürte sie, sie flackerte. Aber sie war nicht dominant, das war gut.
     
    Um zwei Minuten nach neun betrat Tretjak das Verhörzimmer. Kommissar Maler war schon da. Maler ging auf ihn zu und gab ihm die Hand.
    »Guten Morgen, Herr Tretjak.«
    »Guten

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