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Der Regler

Der Regler

Titel: Der Regler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
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völliger Quatsch. Ich habe das Frau Lanners Tochter bereits gesagt.«
    »Die hat es aber nicht geglaubt. Herr Tretjak, Ihre Methode zu antworten, wird allmählich eintönig: Weiß nichts, war nicht so, ich hab nichts damit zu tun.«
    »Ich kann nichts anderes sagen«, sagte Tretjak.
    »Warum haben Sie mir nichts davon erzählt, von dieser Reise Ihrer Putzfrau, angeblich von Ihnen finanziert? Bitte, wenn Ihnen das alles so absurd vorkam, warum haben Sie uns das nicht gesagt?«
    »Ich wüsste nicht, warum ich Ihnen das hätte erzählen sollen.«
    »Ach nein? Es sind zwei Menschen ermordet worden, unter rätselhaften Begleitumständen – und dann passiert wieder etwas Mysteriöses, aber Sie kommen nicht drauf, warum Sie das der Polizei erzählen sollten?«
    »War wahrscheinlich ein Fehler, sehe ich ein.«
    »Ich würde es anders formulieren, Herr Tretjak. Frau Lanner könnte womöglich noch leben, wenn Sie Ihre merkwürdige Informationspolitik geändert hätten.«
    Es entstand ein Moment der Stille. Maler sah Tretjak an, er konnte keine Regung ausmachen, keine Erschütterung.
    Tretjak sagte: »Es läuft ein wahnsinniges Spiel da draußen, Herr Kommissar. Aber ich spiele dieses Spiel nicht, ich habe nichts damit zu tun. Wenigstens nicht direkt.«
    »Schon klar«, sagte Maler, »diesen Eindruck versuchen Sie seit dem ersten Tag zu vermitteln, an dem ich bei Ihnen vor der Tür stand. Doch das können Sie vergessen. Sie stehen nicht am Rande, Sie stecken tief drinnen, tiefer geht es nicht.«
    »Sagen Sie mir einen Grund«, sagte Tretjak, »warum dieses Spiel mein Spiel sein sollte.«
    »Es geht um drei Morde, um drei Menschen. Ich finde, das Wort Spiel ist ziemlich unpassend.«
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen«, sagte Tretjak, »aber sagen Sie mir, was das alles für einen Sinn ergibt.«
    »Angenommen, Sie haben da draußen einen Feind, der Sie vernichten will. Wer könnte das sein? Wer hasst Sie so?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Tretjak.
    »Herr Tretjak, ich habe nur ein bisschen was von Ihrem Beruf verstanden. Aber eines scheint klar zu sein: Sie brechen in anderer Leute Leben ein. So etwas macht Ärger, so etwas schafft Feinde. Sie sind sozusagen ein Profi in der Schaffung von Feinden. Und Sie wollen mir weismachen, Sie hätten keine Ahnung, wer Ihnen etwas Böses wollen könnte?«
    »Nein, ich habe keine Ahnung.«
    »Ich erwarte von Ihnen eine Liste von Namen«, sagte Maler, »lauter Namen von Leuten, die Opfer Ihres Geschäfts geworden sind. Auf die unterschiedlichste Art.«
    »Vergessen Sie es. Eine solche Liste wird es nicht geben.«
    Maler hatte sich wieder auf seine Schreibtischseite gesetzt und goss sich noch eine Tasse Kaffee ein. Erstaunlicherweise war er immer noch heiß. Maler hatte jedes Zeitgefühl verloren. Wie lange dauerte das Verhör mit Tretjak schon? Es kam ihm wie Stunden vor. »Drei Morde. Eine alte Frau, die bei Ihnen putzt, wird abgeschlachtet. Und all das lässt Sie kalt.«
    Tretjak schwieg.
    »Was sind Sie nur für ein Mensch, Herr Tretjak?«
    Tretjak antwortete betont kühl. »Ich bin ein Mensch, der ziemlich gut informiert ist. Herr Maler, sagt Ihnen der Name Laura Müller etwas?«
    »Nein«, sagte Maler.
    »Ein Mädchen, 22 Jahre alt, muss hübsch gewesen sein. Eine tragische Geschichte. Es war ein Fahrradunfall. Ein betrunkener Autofahrer hatte sie beim Abbiegen übersehen. Sie starb an ihren Kopfverletzungen.«
    »Was soll das?«, fragte Maler, »wovon sprechen Sie?«
    »Ich spreche von der Frau, deren Herz Sie bekommen haben«, sagte Tretjak. »Ich spreche von der Frau, deren Tod für Sie lebenswichtig war. Wie fühlt sich das an, Herr Kommissar, das Herz eines anderen Menschen in sich schlagen zu hören?«
    Maler fühlte sich, als hätte ihn ein Blitz getroffen. Als stünde plötzlich sein Arzt wieder vor ihm, der damals ins Zimmer kam und sagte: »Wir haben ein Herz.« Und ihm erklärte, dass er nicht erfahren würde, wem das Herz gehöre, das sei die eiserne Regel bei Herztransplantationen. Keine Informationen über den Spender. Sechs Stunden dauerte es noch, bis sie ihn in den OP schoben, in seinem Krankenhausbett, in dem er 14 Wochen gelegen hatte, jeden Tag ein bisschen elender. Die letzten zehn Tage hatte Maler nicht einmal mehr den Weg bis zur Toilette geschafft. Er brauchte rund um die Uhr Sauerstoff, sein Herz war zu allem zu schwach. Eine schwere Herzmuskelentzündung war die Diagnose gewesen, mit besonders dramatischem Verlauf. Nur noch wenige Tage hatte der Arzt ihm

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