Der Regler
gegeben. Dann stand er in der Tür mit der Nachricht: »Wir haben ein Herz.«
»Wovon reden Sie?«, wiederholte Maler fast wie in Trance. »Niemand darf wissen, von wem das Herz ist.«
»Ich lebe davon, Dinge zu wissen, die man nicht wissen darf.«
Maler stand auf und ging durch den Raum. Einmal um Tretjak herum und noch einmal um Tretjak herum. Dann setzte er sich wieder. »Mein Herz ist für Sie kein Thema, Herr Tretjak. Wir werden darüber nicht weiter sprechen. Unser Thema sind drei Morde. Und Ihre Rolle dabei, um es vorsichtig zu formulieren.«
»Sie haben gefragt, was ich für ein Mensch bin, Herr Kommissar. Da habe ich mir den Hinweis auf Ihre Herztransplantation erlaubt. Sie würden nicht mehr leben, wenn Sie Ihr Schicksal nicht korrigiert hätten. Ich dachte, jemand wie Sie müsste Verständnis haben für meine Lebensphilosophie. Ich glaube daran, dass man Lebenswege erfolgreich ändern kann. Und ich glaube daran, dass ich auch meinen Lebensweg korrigieren kann, wann immer es nötig ist. So ein Mensch bin ich.«
Maler stand wieder auf. »Herr Tretjak, was ist wirklich passiert am 11. Mai vor zehn Jahren?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte Tretjak.
»Sie kennen doch diese Frage, oder?«
»Ich kenne diese Frage, aber ich kann mit ihr nichts anfangen.«
»Sie saßen gestern Abend in der
Osteria
mit einer Frau zusammen. Als wir kamen, war sie weg. Warum?«
»Das müssen Sie die Frau fragen. Sie ging auf die Toilette und kam nicht wieder zurück. Warum das so war, konnte ich nicht mehr klären, weil Sie mich dann ja verhaftet haben.«
»Frau Poland sagt, ihr sei das Gespräch unangenehm geworden mit Ihnen. Deshalb sei sie gegangen.«
»Das hat Sie gesagt?«, fragte Tretjak.
»Warum haben Sie sich mit Charlotte Poland getroffen?«, fragte Maler.
»Es ging um ihren Sohn, der ein paar Probleme macht. Sie war der Ansicht, ich könnte ihm helfen.«
»Sie hat mir von ihrem Sohn erzählt. Aber Frau Poland ist eine Freundin Ihres Vaters. Sie sagte, das sei der entscheidende Grund, warum Sie sich getroffen haben. Sie sagte auch, Ihr Vater und Sie seien tief verfeindet.«
»Ich bin mit meinem Vater nicht verfeindet. Ich habe ihn aus meinem Leben gelöscht. Das ist etwas anderes«, sagte Tretjak.
»Warum haben Sie dann Frau Poland getroffen, eine Freundin Ihres Vaters?«
Tretjak schwieg einen Moment. »Lassen Sie es mich so sagen, Herr Kommissar: Mich beunruhigt, was da draußen passiert. Und ich verstehe es nicht. Ich versuche, einer Lösung näher zu kommen, und ich denke dabei in alle Richtungen.«
»Sie glauben, Ihr Vater hat damit etwas zu tun?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Tretjak.
»Was soll die Frage nach dem 11. Mai vor zehn Jahren? Was geschah an diesem Tag?«, fragte Maler.
»Keine Ahnung. Das müssen Sie meinen Vater fragen.«
»Keine Sorge«, sagte Maler, »das tue ich. Ihr Vater hat mich gestern angerufen. Er will mich treffen, mir etwas Wichtiges über Sie erzählen. Wir treffen uns heute Nachmittag.« Maler machte eine Pause. Dann sagte er: »Es gibt eine Menge Leute, Herr Tretjak, die uns etwas über Sie erzählen wollen.«
Es klopfte an der Tür. Eine Frau trat herein. August Maler blickte genervt hoch.
»Sorry«, sagte sie, »aber es ist wichtig. Ein Gespräch für dich.« Sie hielt ein Handy in der Hand. »Willst du das Gespräch hier annehmen?«
Maler schüttelte den Kopf, ging mit ihr zusammen aus dem Raum. Und schloss die Tür.
Tretjak blieb allein zurück, er stand auf, ging umher, mit dem Blick auf die Tür.
Nach drei Minuten öffnete sie sich, und Maler kam zurück. Er setzte sich wieder hin, Tretjak auch.
»Es gibt einen vierten Toten«, sagte Maler. »Dimitri Steiner, Sie kennen ihn. Er wurde vor einigen Minuten in einem Hamburger Café erstochen. Viel weiß man noch nicht, nur dass er dort mit Ihnen verabredet war.«
»Das ist richtig«, sagte Tretjak, »wir wollten über alte Zeiten reden.«
»Das geht jetzt nicht mehr«, sagte Maler.
»Aber zumindest«, sagte Gabriel Tretjak, »können Sie es sich sparen, mich nach meinem Alibi zu fragen.«
Mörlbach, Jedlitschka-Hof, Mitternacht
Die Nacht war vollkommen schwarz und sternklar. Er parkte den Wagen in einer kleinen Ausbuchtung der Straße am Waldrand, so dass man ihn vom Jedlitschka-Hof aus nicht sehen konnte. Als er ausstieg, fiel das Licht der Innenbeleuchtung einen Augenblick lang auf die Zeitung, die auf dem Beifahrersitz lag. Die Schlagzeile, fette schwarze Buchstaben, rot
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