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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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des Gerichts gestellt wird.«
    »Darauf wird der Richter nicht eingehen«, sagte Alvin. »Er weiß genau, daß in der Sekunde, da ich diesen Pflug aus meinen Händen gebe, ein paar harte Jungs vom Fluß, ganz zu schweigen von einigen gierigeren Seelen aus der Stadt, Himmel und Hölle in Bewegung setzen werden, um ihn in ihre Hände zu bekommen. Das Ding besteht aus Gold – mehr wissen sie nicht, und mehr interessiert sie auch gar nicht. Aber wer seid Ihr, Mr. Cooper, und was hat das alles mit Euch zu tun?«
    »Ich bin Euer Anwalt, Mr. Smith, wenn Ihr mich haben wollt.« Er gab Alvin einen Brief.
    Alvin erkannte sofort Armors Handschrift und die Unterschriften seiner Eltern und Geschwister. Sie alle hatten unterzeichnet und damit bestätigt, daß sie Mr. Cooper für einen Mann von gutem Charakter hielten, und teilten ihm mit, daß jemand einen bekannten Anwalt aus New England namens Daniel Webster dafür bezahlte, in Vigor Church herumzuschnüffeln und von jedem, der einen Groll gegen ihn hegte, Lügen zu sammeln. »Aber ich habe dort niemandem Schaden zugefügt«, sagte Alvin, »und warum sollten sie lügen?«
    »Mr. Smith, ich muß …«
    »Nennt mich bitte Alvin, ja? ›Mr. Smith‹ klingt für mich immer nach meinem alten Meister Makepeace, dem Burschen, dessen Lügen mich in diese Klemme gebracht haben.«
    »Alvin«, wiederholte Cooper. »Und Ihr müßt mich Verily nennen.«
    »Wie Ihr meint.«
    »Alvin, ich habe die Erfahrung gemacht, je besser ein Mensch ist, desto mehr Leute gibt es, die einen deshalb verabscheuen und Anlaß finden, auf einen wütend zu sein, ganz gleich, wie freundlich man seine Taten gemeint hat.«
    »Nun, dann bin ich ja ziemlich ungefährdet, da ich kein so bemerkenswert guter Mensch bin.«
    Cooper lächelte. »Ich kenne Euren Bruder Calvin«, sagte er.
    Alvin runzelte die Stirn. »Ich würde gern sagen, daß ein Freund Calvins auch mein Freund ist, kann es aber nicht.«
    »Calvins Haß auf Euch ist, so glaube ich, eine der besten Empfehlungen Eures Charakters, die ich mir denken kann. Wegen seiner Schilderung von Euch bin ich hierher gekommen, um Euch kennenzulernen. Versteht Ihr, ich habe ihn in London getroffen und mich sofort entschlossen, meine Laufbahn als Anwalt zu beenden und nach Amerika zu gehen und den Mann zu suchen, der mich lehren kann, wer und was ich bin und wofür das gut ist.«
    Mit diesen Worten bückte Cooper sich und nahm Alvins Bibel, das Buch, das neben seiner Pritsche aufgeschlagen auf dem Boden lag. Er schloß es und gab es Alvin dann zurück.
    Alvin versuchte, es zu öffnen, aber die Seiten waren so fest miteinander verschmolzen, daß es sich bei dem Buch um einen Holzblock mit einem Ledereinband zu handeln schien.
    Verily nahm es ihm kurz ab und gab es ihm dann wieder zurück. Diesmal öffnete das Buch sich genau auf der Seite, die Alvin gelesen hatte. »Dafür hätte ich in England sterben können«, sagte Verily. »Die Weisheit meiner Eltern und meine Fähigkeit, schnell zu lernen, diese Kräfte zu verbergen, haben mich all diese Jahre lang am Leben gehalten. Aber ich muß wissen, was es ist. Ich muß wissen, warum Gott einigen Menschen solche Kräfte zugesteht. Und was man mit ihnen anfangen soll. Und wer Ihr seid.«
    Alvin legte sich auf die Pritsche. »Das ist doch nicht zu fassen«, sagte er. »Ihr habt einen Ozean überquert, um mich kennenzulernen?«
    »Ich hatte damals keine Ahnung, daß ich Euch zu Diensten sein könnte. Mir kam sogar in den Sinn, daß vielleicht die Hand der Vorsehung mich Jura studieren ließ, statt das Handwerk meines Vaters einzuschlagen und Böttcher zu werden. Vielleicht hat sie gewußt, daß Ihr es eines Tages mit der silbernen Zunge Daniel Websters zu tun bekommen würdet.«
    »Dann habt Ihr eine goldene Zunge, Verily?« fragte Alvin.
    »Ich halte die Dinge zusammen«, sagte Verily. »Das ist mein … Talent, wie ihr Amerikaner es nennt. Und genau das tut auch das Gesetz. Ich benutze das Gesetz, um die Dinge zusammenzuhalten. Ich sehe, wie die Dinge zusammenpassen.«
    »Dieser Webster – er wird das Gesetz benutzen, um die Dinge auseinanderzureißen.«
    »Wie Euch und den Pflug.«
    »Und mich und meine Nachbarn«, sagte Alvin.
    »Dann versteht Ihr das Dilemma«, sagte Verily. »Bis jetzt wart Ihr bei allen als großzügiger und freundlicher Mann bekannt. Aber Ihr habt einen Pflug aus Gold gemacht, den Ihr niemandem zeigen wollt. Ihr habt einen phantastischen Reichtum, den Ihr mit niemandem teilt. Das ist der Keil, den Webster

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