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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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der Richter ihn wieder mit einer kleinen Gemeinheit bedacht hatte. Wie zuvor hatte er keine Ahnung, was er getan hatte, um sie zu provozieren.
    Doch abgesehen von der unerklärlichen Verärgerung des Richters war die Sache ziemlich gut verlaufen.
    Außer natürlich, die Millers hatten sich geirrt, und die Sklavensucher konnten Arthur Stuart als den gesuchten Flüchtling identifizieren. Dann würde es Probleme geben. Aber … das Schönste an diesem Fall war, falls Verily schlechte Arbeit leisten sollte, falls man Alvin hängen oder Arthur Stuart wieder in die Sklaverei zurückschicken wollte, konnte der Schöpfer Alvin jederzeit den Jungen nehmen und fliehen; und keine Seele konnte sie aufhalten, falls Alvin sich nicht aufhalten lassen wollte, oder sie finden, falls Alvin nicht gefunden werden wollte.
    Doch Verily hatte nicht die Absicht, schlechte Arbeit zu leisten. Er wollte einen spektakulären Sieg erringen. Er wollte Alvins Namen von allen Beschuldigungen reinwaschen, damit der Schöpfer ihn alles lehren konnte, was er wissen wollte. Und da war noch ein weiteres, ein tiefergehendes Motiv, eins, das er nicht vor sich selbst zu verbergen versuchte, obwohl er es keinem anderen eingestanden hätte: Er wollte, daß der Schöpfer ihn respektierte. Er wollte, daß Alvin Smith ihm in die Augen sah und sagte: »Gut gemacht, Freund.«
    Das wäre gut. Und Verily Cooper wollte genau das.

14 Zeugen

    Die ganze Zeit des Wartens war eigentlich gar nicht so schlimm gewesen. Im Gefängnis passierte zwar nichts, aber Alvin hatte nichts dagegen, allein zu sein und nichts zu tun. Das gab ihm Zeit zum Nachdenken. Und Zeit zum Nachdenken war Zeit zum Schöpfen, schätzte er. Nicht wie damals als Junge, als er Körbe aus ausgerissenem Gras schuf, um den Unschöpfer zurückzuhalten. Sondern indem er im Kopf schöpfte. Indem er versuchte, sich an die Kristallstadt zu erinnern, wie er sie gesehen hatte, als er mit Tenskwa-Tawa in der Wasserhose gewesen war. Indem er herauszufinden versuchte, wie solch ein Ort entstand. Kann den Leuten nicht beibringen, ihn zu machen, wenn ich selbst nicht weiß, wie es geht.
    Er wußte, daß der Unschöpfer draußen, außerhalb des Gefängnisses, durch die Welt zog, hier ein wenig einriß, dort ein wenig umkippte, einen Keil in jeden winzigen Spalt hieb, den er fand. Und es gab immer Leute, die nach dem Unschöpfer suchten, nach irgendeiner fürchterlichen zerstörerischen Kraft außerhalb von ihnen. Arme Narren, sie glaubten stets, Zerstörung sei lediglich Zerstörung, sie könnten sie benutzen, und wenn sie damit fertig waren, könnten sie sich wieder ans Erschaffen machen. Aber man erbaut nichts auf einem Fundament aus Zerstörung. Das ist das dunkle Geheimnis des Unschöpfers, dachte Alvin. Sobald er einen dazu bringt, etwas einzureißen, wird es schwer, wieder etwas zu erbauen, schwer, sein eigenes Ich zurückzubekommen. Und sobald man zuläßt, daß man zum Werkzeug in der Hand des Unschöpfers wird, wird er einen kaputtmachen, wird er einen einreißen, wird er einen stumpf machen und durchlöchern, und die ganze Zeit über wird man denken, man sei so scharf und fein und hell und ganz, und man wird es nie erfahren, bis er einen losläßt, einfach fallenläßt. Was ist das für ein Scheppern? He, das war ja ich. Das war ich, und ich klang nach einem verbrauchten Werkzeug. Weshalb läßt du mich fallen? Ich bin noch zu etwas zu gebrauchen!
    Aber das bist du nicht, nicht wenn der Unschöpfer dich gehabt hat.
    Alvin fand heraus: Wenn man schöpft, benutzt man Menschen nicht wie Werkzeuge. Man verbraucht sie nicht, macht sie nicht kaputt, um seine eigenen Ziele zu verwirklichen. Man verbraucht sich selbst, um ihnen zu helfen, die ihrigen zu verwirklichen. Man verbraucht sich, indem man lehrt und führt, überzeugt und auf Ratschläge hört und sich von den Leuten überzeugen läßt, sollten sie recht haben. Statt also einen Herrscher und einen Haufen verbrauchter Werkzeuge zu haben, hat man eine ganze Stadt mit Schöpfern, die alle freie Mitbürger sind und schwer arbeiten …
    Abgesehen von einem kleinen Problem. Alvin konnte das Schöpfen nicht lehren. Oh, er konnte die Leute dazu bringen, sich zu konzentrieren, und ihre Werke würden danach etwas besser sein. Und ein paar Leute, zum Beispiel Measure und seine Schwester Eleanor, lernten zwei oder drei Sachen, erfaßten einen Schimmer. Aber die meisten blieben im Dunkeln.
    Und dann kommt so einer wie dieser Anwalt aus England, dieser Verily Cooper,

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