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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Mike Fink hier, um auf dich aufzupassen.«
    »Warum ist er auf meiner Seite? Ich habe ihm sein Schutz-Hexagramm weggenommen. Es war ein starker Zauber. Ein fast perfekter.«
    »Und er hat seitdem ein paar Narben bekommen und ein Ohr verloren. Aber er hat auch gelernt, Mitgefühl zu haben. Er schätzt den Tausch hoch ein. Und du hast seine Beine geheilt. Du hast ihm eine Chance gelassen.«
    Alvin dachte darüber nach. »Tja, man weiß wirklich nie, oder? Ich hielt ihn für einen eiskalten Mörder.«
    »Ich glaube, ein guter Mensch kann manchmal aus Unwissenheit oder Schwäche oder wegen einer falschen Auffassung das Falsche tun, doch wenn dann schwere Zeiten kommen, setzt sich das Gute in ihm trotzdem durch. Und eine schlechte Person kann oft lange gut und vertrauenswürdig erscheinen, aber wenn schwere Zeiten kommen, enthüllt sich in ihr dann das Böse.«
    »Also sollten wir vielleicht nur darauf warten, daß sehr schlechte Zeiten kommen, um herauszufinden, wie böse ich in Wirklichkeit bin.«
    Sie lächelte verkniffen. »Bescheidenheit ist eine Tugend, aber ich kenne dich zu gut, um auch nur einen Augenblick lang zu glauben, daß du dich für einen schlechten Menschen hältst.«
    »Ich denke nicht oft darüber nach, ob ich gut oder schlecht bin. Ich denke aber oft darüber nach, ob ich mich würdig erweisen werde oder nicht. Im Augenblick gestehe ich mir einen verdammten Wert von etwa anderthalb Dollar zu.«
    »Alvin«, sagte sie, »du hast vor mir noch nie geflucht.«
    Er spürte den Tadel, doch ihm gefiel das Gefühl, sie zu verärgern. »Da kommt nur das Böse in mir zum Vorschein.«
    »Du bist sehr wütend auf mich.«
    »Na ja, du weißt alles, du siehst alles.«
    »Ich hatte viel zu tun, Alvin. Du vollbringst dein Lebenswerk, ich vollbringe das meine.«
    »Früher einmal hatte ich gehofft, es könnte dasselbe Lebenswerk sein«, sagte Alvin.
    »Es wird nie dasselbe Werk sein. Obwohl unsere Bemühungen sich vielleicht ergänzen könnten. Ich werde nie eine Schöpferin sein. Ich sehe nur, was es zu sehen gibt. Während du dir vorstellst, was man erschaffen kann, und es dann erschaffst. Mein Talent ist bei weitem geringer und größtenteils nutzlos für dich.«
    »Das ist der größte Unsinn, den ich je gehört habe.«
    »Ich gebe keinen Unsinn von mir«, sagte sie scharf. »Wenn du nicht der Ansicht bist, daß meine Worte richtig klingen, solltest du über sie nachdenken, bis du sie verstehst.«
    Er stellte sie sich vor, wie er sie früher gesehen hatte, als streng aussehende Lehrerin, die mindestens zehn Jahre älter war, als Peggy es in Wirklichkeit war; sie wußte noch immer, wie sie ihre Stimme so einsetzen konnte, daß sie wie ein Klaps auf die Finger klang. »Für mich ist die Kenntnis darüber, was in der Zukunft kommt, alles andere als nutzlos.«
    »Aber ich weiß nicht, was kommt. Ich weiß nur, was kommen könnte. Was wahrscheinlich kommen wird. Es gibt so viele Wege, die die Zukunft einschlagen könnte. Die meisten Menschen stolpern blindlings weiter, stürzen auf diesen oder jenen Weg, den ich in ihren Herzensfeuern sehe, streben der Katastrophe oder der Freude entgegen. Nur wenige haben deine Macht, Alvin, einen neuen Weg zu öffnen, den es zuvor nicht gegeben hat. Es gab keine Zukunft, in der ich sah, wie du diesen Stuhl durch die Gitterstäbe der Zelle schiebst. Und doch war es eine fast unausweichliche Handlung deinerseits. Der simple Ausdruck der Impulsivität eines jungen Mannes. Ich sehe in den Herzensfeuern der Menschen die Zukünfte, die beim natürlichen Verlauf der Ereignisse für sie möglich sind. Aber du kannst die Naturgesetze aufheben, und daher kann man deine Taten nicht genau vorhersehen. Manchmal kann ich sie deutlich ausmachen; aber es gibt tiefe, dunkle und weite Lücken.«
    Er erhob sich von der Pritsche, ging zu den Gitterstäben, umfaßte sie und kniete vor ihr nieder. »Sag mir, wie ich herausfinden kann, wie ich die Kristallstadt erschaffe.«
    »Ich weiß nicht, wie du es tust. Aber ich habe tausend Zukünfte gesehen, in denen du es tust.«
    »Dann sag mir, wo ich suchen soll, um es zu lernen!«
    »Das weiß ich nicht. Was auch immer es damit auf sich hat, es folgt nicht den Naturgesetzen. Zumindest glaube ich, daß ich es deshalb nicht sehen kann.«
    »Vilate Franker sagt, daß mein Leben in Carthage City endet«, sagte Alvin.
    Sie versteifte sich. »Woher will sie das wissen?«
    »Sie weiß, woher Dinge kommen und wo sie enden.«
    »Geh nicht nach Carthage City. Geh niemals

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