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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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es getan?«
    Alvin war über die Frage verärgert. »Niemals. Sie fing einfach an, Geschichten zu erzählen, und von da an ist es immer schlimmer geworden.«
    »Schlimmer?«
    »Deshalb habe ich Vigor Church verlassen. Ich wollte, daß ihre Lügen Gelegenheit bekamen, sich zu beruhigen und auszusterben.«
    »Sie hat Gerüchte über Euch in Umlauf gebracht, und Ihr seid davongelaufen?«
    »Was hat das mit dem Pflug und Makepeace Smith zu tun?«
    Verily verzog das Gesicht. »Es geht um die Frage, ob Ihr jemanden betrügen könntet oder nicht. Marty Laws hat mich eingewickelt.«
    Marty erklärte dem Richter gerade, da er noch keine Gelegenheit gehabt habe, mit dieser Zeugin zu sprechen, werde sein bekannter Kollege die Befragung vornehmen. »Das Mädchen ist jung und zerbrechlich, und die beiden haben ein gewisses Verhältnis zueinander aufgebaut.«
    Verily dachte, falls zwischen Webster und Amy tatsächlich ein ›gewisses Verhältnis‹ entstanden war, würde er von ihr wohl kaum eine ehrliche Aussage bekommen, aber er mußte vorsichtig vorgehen. Sie war ein Kind, und überdies ein Mädchen. Er durfte nicht den Eindruck erwecken, er sei ihr gegenüber feindselig eingestellt oder habe gar Angst vor ihrer Aussage, und beim Kreuzverhör mußte er feinfühlig vorgehen, wollte er nicht wie ein brutaler Schinder wirken.
    Im Gegensatz zu Makepeace Smith und Hank Dowser, die offensichtlich wütend und böswillig waren, wirkte Amy Sump absolut glaubwürdig. Sie sprach schüchtern und zögernd. »Ich will Alvin nicht in Schwierigkeiten bringen, Sir«, sagte sie.
    »Und warum nicht?« fragte Daniel Webster.
    Ihre Antwort war ein kaum verständliches Flüstern. »Weil ich ihn noch immer liebe.«
    »Ihr … Ihr liebt ihn noch immer?« Oh, Webster war ein guter Schauspieler, würdig, in der Drury Lane auf den Brettern zu stehen.
    »Aber wie könnt Ihr … warum liebt Ihr ihn noch immer?«
    »Weil ich schwanger bin«, flüsterte sie.
    Im Gerichtssaal erhob sich ein Summen.
    Erneut täuschte Webster bekümmerte Überraschung vor. »Ihr seid schwanger? Seid Ihr verheiratet, Miss Sump?«
    Sie schüttelte den Kopf. Funkelnde Tränen flogen aus Ihren Augen auf ihren Schoß.
    »Und doch seid Ihr schwanger. Mit dem Kind eines Mannes, der nicht mal den Anstand hatte, eine ehrbare Frau aus Euch zu machen. Wessen Kind ist es, Miss Sump?«
    Diese Sache war bereits außer Kontrolle geraten. Verily sprang auf. »Euer Ehren, ich erhebe Einspruch! Es besteht kein vorstellbarer Zusammenhang mit …«
    »Es geht um die Frage des Betrugs, der Täuschung, Euer Ehren!« rief Daniel Webster. »Es geht um einen Mann, der alles sagt, was nötig ist, um seinen Willen zu bekommen, und dann heimlich verschwindet, ohne sich auch nur zu verabschieden, nachdem er derjenigen, die ihm vertraut hat, ihr Kostbarstes genommen hat!«
    Der Richter knallte den Hammer auf den Tisch. »Mr. Webster, das war eine so gute Zusammenfassung, daß ich dazu geneigt bin, den Geschworenen die Rechtsbelehrung zu erteilen und den Prozeß zu beenden. Leider sind wir noch nicht am Ende des Prozesses angelangt, und ich würde es zu schätzen wissen, wenn Ihr in Zukunft nicht mehr wie von der Hornisse gestochen aufspringt und ein Plädoyer haltet, ohne daß ich um die Plädoyers gebeten habe.«
    »Ich habe auf den Einspruch meines verdienstvollen Gegners reagiert.«
    »Nun ja, seht Ihr, Daniel, genau da habt Ihr einen Fehler begangen. Denn sein Einspruch war an mich gerichtet. Ich bin hier der Richter, und im Augenblick brauche ich Eure Hilfe wirklich nicht. Aber ich bin dankbar zu wissen, daß ich mich jederzeit auf Eure Hilfe verlassen kann, sollte ich sie jemals brauchen.«
    Webster beantwortete den Sarkasmus mit einem fröhlichen Lächeln. Was interessierte ihn das? Er hatte bereits gesagt, worauf es ihm ankam.
    »Euer Einspruch wird abgelehnt, Mr. Cooper«, sagte der Richter. »Wer ist der Vater Eures Kindes, Miss Sump?«
    Sie brach in Tränen aus – genau aufs Stichwort, trotz der Unterbrechung. »Alvin«, sagte sie schluchzend. Dann schaute sie auf und blickte voller Schwermut durch den Saal zu Alvin hinüber. »Ach, Al, es ist noch nicht zu spät! Komm zurück und mach mich zu deiner Ehefrau! Ich liebe dich so!«

15 Liebe

    Verily Cooper tat sein Bestes, um sein Erstaunen zu verbergen, und drehte sich träge zu Alvin um. Dann runzelte er die Stirn.
    Alvin schaute leicht traurig drein. »Es stimmt, sie ist schwanger«, flüsterte er. »Aber es ist nicht wahr, daß ich der Vater

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