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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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sieht es aus«, sagte Honore. »Doch hier, mein Freund, ich weiß, wie kleinlich diese Beamten sein können. Nehmt dies.« Er gab dem Kapitän ein Bündel Francnoten.
    Calvin war erstaunt. »Die ganzen Wochen über hast du vorgegeben, arm und bis über beide Ohren verschuldet zu sein.«
    »Ich bin arm! Ich bin verschuldet! Warum sollte ich mich zu schreiben zwingen, wenn ich keine Schulden hätte? Nein, ich habe mir das Geld für die Passage einfach von meiner Mutter und meinem Vater geborgt – sie sprechen nicht miteinander, werden es also nie herausfinden –, und dann noch einmal von zwei meiner Verleger, denen ich jeweils ein völlig exklusives Buch über meine Reisen in Amerika versprochen habe.«
    »Du hast dir Geld geborgt, um deine Passage bezahlen zu können, obwohl du von Anfang an wußtest, daß der Kaiser sie bezahlen wird?«
    »Ein Mann muß Geld ausgeben, oder er ist kein Mann«, sagte Honore. »Ich habe jede Menge davon, das ich in meiner Großzügigkeit auch für dich ausgeben möchte; also hoffe ich, daß du meine Methoden nicht verdammst.«
    »Du bist nicht gerade schrecklich ehrlich, nicht wahr?« sagte Calvin halb abgestoßen, halb bewundernd.
    »Du schockierst mich, du verletzt mich, du beleidigst mich, ich fordere dich zu einem Duell heraus und erkranke dann an Lungenentzündung, damit ich nicht gegen dich antreten muß, aber ich dränge dich, ohne mich weiterzumachen. Bedenke bitte, daß der Kapitän uns wegen meines Geldes nun an jedem Abend der Reise zum Mahl in seine Kabine einladen wird. Und um deine Frage zu beantworten, ich bin völlig ehrlich, wenn ich etwas erschaffe, doch ansonsten sind Worte nur Werkzeuge, die es mir ermöglichen, jenen, die zur Zeit, aber nur befristet, Geld besitzen, soviel, wie ich brauche, aus den Taschen oder von den Bankkonten zu holen. Calvin, du hast zu lange unter den Puritanern gelebt. Und ich zu lange unter den Heuchlern.«
    Es war Peggy, die die Abzweigung nach Chapman Valley fand, problemlos fand, obwohl kein Schild aufgestellt war und sie diesmal aus der anderen Richtung kam. Sie und Alvin ließen die anderen bei dem Wagen unter der nun blattlosen Eiche vor dem Haus der Weberinnen zurück. Für Peggy war es sowohl aufregend als auch peinlich, zu diesem Ort zurückzukommen. Was würden sie davon halten, wie die Dinge sich entwickelt hatten, seit sie sie auf ihren derzeitigen Weg gebracht hatten?
    Als sie dann gerade die Hand hob, um an die Tür zu klopfen, fiel ihr etwas ein. »Alvin«, sagte sie, »ich hatte es vergessen, aber Becca hat etwas gesagt, als ich vor ein paar Monaten hier war …«
    »Wenn du es vergessen hast, solltest du es vergessen.«
    »Du und Calvin. Du mußt Calvin zurückholen, ihn suchen und für dich einnehmen, bevor er sich vollständig gegen das wendet, was du tust.«
    Alvin schüttelte den Kopf. »Becca weiß nicht alles.«
    »Und was hat das zu bedeuten?«
    »Wieso bist du der Ansicht, daß Calvin nicht schon vor seiner Geburt der Feind unserer Arbeit war?«
    »Das ist nicht möglich«, sagte Peggy. »Babys werden unschuldig und rein geboren.«
    »Oder sind von der Erbsünde durchdrungen? Das sind die Möglichkeiten? Ich kann nicht glauben, daß ausgerechnet du an so etwas glaubst, die du doch die Hände auf den Mutterleib legst und im Herzfeuer des Babys die möglichen Zukünfte siehst. Das Kind ist also schon es selbst, das Gute und das Böse ist bereits vorhanden, und es ist bereit, in die Welt zu treten und zu dem zu werden, was es am dringendsten sein will?«
    Sie sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Warum klingst du, wenn wir allein sind und über wichtige Dinge sprechen, gar nicht mehr wie ein Bauerntölpel?«
    »Weil ich vielleicht alles gelernt habe, was du mich gelehrt hast, aber auch, daß ich nicht den Kontakt mit den gewöhnlichen Leuten verlieren will«, sagte Alvin. »Sie sind diejenigen, die die Stadt mit mir erbauen werden. Ihre Sprache ist meine Muttersprache – warum sollte ich sie vergessen, nur weil ich eine andere gelernt habe? Was glaubst du, wie viele gebildete Leute werden ihre schönen Häuser und gebildeten Freunde verlassen, die Ärmel aufrollen und etwas mit eigenen Händen erschaffen?«
    »Ich will nicht an diese Tür klopfen«, sagte Peggy. »Wenn ich dieses Haus betrete, verändert sich mein Leben.«
    »Du mußt nicht klopfen«, sagte Alvin. Er streckte die Hand aus und drehte den Knopf. Die Tür öffnete sich.
    Als er eintreten wollte, hielt Peggy ihn am Arm fest. »Alvin, du kannst

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