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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Ihr seid richtig verheiratet, sobald sie den Namen akzeptiert, mit dem Ihr sie ruft, statt den zu bevorzugen, den ihre Eltern ihr gegeben haben.« Er blinzelte Peggy zu. »Danke, daß Ihr mir diese Aufgabe verschafft habt. Meine Schwestern sind auch froh, sie hatten Alpträume, das kann ich Euch sagen. Sie bringen dem Webstuhl keine Liebe entgegen.« Er drehte sich wieder zu Alvin um. »Geht Ihr nun, oder nicht?«
    In diesem Augenblick wurde die Tür aufgestoßen, und ein zusammengerolltes Bündel flog hindurch.
    »Oha«, sagte der Junge. »Dreht Euch lieber um. Becca kommt durch, und da man in Frauenkleidern nicht durch diese Tür gehen kann, ohne irgend etwas zu berühren, reist sie immer splitternackt.«
    Alvin wandte der Tür den Rücken zu, und Peggy ebenfalls, obwohl sie im Gegensatz zu Alvin schwindelte und einen Blick riskierte. Doch nicht Becca kam zuerst durch die Tür. Vielmehr war es Ta-Kumsaw, ein Mann, den Peggy nie kennengelernt hatte, wenngleich sie ihn oft genug in Alvins Herzfeuer gesehen hatte. Er war nicht nackt, sondern trug engsitzende Buckskins. Er bemerkte sie und grunzte. »Der Renegado-Junge kommt zurück, um den gefährlichsten Roten aufzusuchen, der je gelebt hat.«
    »Howdy, Ta-Kumsaw«, sagte Alvin.
    »Hallo, Isaac«, sagte der Junge. »Ich habe ihn vor der Tür gewarnt, wie du es mir aufgetragen hast.«
    »Braver Junge«, sagte Ta-Kumsaw. Er drehte sich gerade noch rechtzeitig zur Tür um, um zu sehen, wie Becca hindurchsprang, die nur dünne und enganliegende Unterwäsche trug. Sofort nahm er sie in die Arme. Dann öffneten sie gemeinsam das Bündel und entfalteten es zu einem Kleid, das sie über ihren Kopf zog. »In Ordnung«, sagte Ta-Kumsaw. »Jetzt ist sie für eine Weiße genug bekleidet.«
    Alvin drehte sich um und begrüßte sie. Sie gaben sich die Hände, und die Frauen umarmten sich sogar kurz. Sie sprachen darüber, was in den letzten paar Monaten in Hatrack River passiert war, und dann erklärte Alvin, was er vorhatte.
    Ta-Kumsaw zeigte keine Gefühlsregung. »Ich weiß nicht, was mein Bruder sagen wird. Er behält seine Meinung für sich.«
    »Herrscht er im Westen?« fragte Alvin.
    »Herrschen? So handhaben wir das nicht. Es gibt viele Stämme, und in jedem Stamm gibt es viele Weise. Mein Bruder ist einer der größten von ihnen, das bestätigt jeder. Aber er macht das Gesetz nicht einfach, indem er entscheidet, wie es sein sollte. Wir handeln nicht so töricht wie ihr – einen Präsidenten wählen und zuviel Macht in seinen Händen zu konzentrieren. Das mag vielleicht funktionieren, solange gute Männer das Amt ausüben, aber immer, wenn man ein Amt schafft, das jeder ausüben kann, wird es eines Tages ein böser Mann ausüben.«
    »Was am Neujahrstag passieren wird, wenn Harrison…«
    Ta-Kumsaw sah ihn finster an. »Sprich niemals diesen Namen aus, diesen unerträglichen Namen.«
    »Er wird nicht verschwinden, wenn ich ihn nicht ausspreche.«
    »Aber das wird sein Böses von diesem Haus fernhalten«, sagte Ta-Kumsaw. »Fern von den Menschen, die ich liebe.«
    Mittlerweile war Becca mit dem Anziehen fertig. Sie ging zu dem Jungen und versetzte ihm mit der Hüfte einen Stoß. »Rutsch rüber, Stummelfinger. Das ist mein Webstuhl, den du da verhedderst.«
    »Die festeste Bindung überhaupt«, erwiderte der Junge. »Die Leute werden immer wissen, welche Stellen ich gewoben habe.«
    Becca nahm auf dem Stuhl Platz und ließ das Schiffchen tanzen. Die ganze Musik des Webstuhls veränderte sich, der Rhythmus, das Lied. »Bist du aus einem besonderen Grund hier, Schöpfer? Die Tür steht dir noch offen. Tu, was zu tun du eigens gekommen bist.«
    Zum erstenmal betrachtete Peggy die Tür richtig, versuchte sie festzustellen, was dahinter lag; doch dahinter befand sich nichts. Keine Schwärze, aber auch kein Tageslicht. Einfach … nichts. Ihre Augen konnten es nicht ansehen; ihr Blick wanderte unwillkürlich weiter.
    »Alvin«, sagte sie. »Bist du sicher, daß du …«
    Er küßte sie. »Ich liebe es, wenn du dir Sorgen um mich machst.«
    Sie lächelte und erwiderte den Kuß. Als er seine Mütze ablegte und die Stiefel auszog, und den langen Mantel, der gegen den Türpfosten schlagen konnte, sah er nicht, wie sie in das kleine Kästchen griff, das sie in einer Tasche ihres Rocks aufbewahrte; wie sie den letzten Rest seiner Schafhaut zwischen die Finger nahm und dann sein Herzfeuer beobachtete, bereit, in dem Augenblick zu handeln, da er sie brauchte, seine Macht zu benutzen, um

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