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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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konnte diesen Mann nur bis zu einer gewissen Grenze treiben. Besonders, da Calvin nicht die geringste Ahnung hatte, wie er seine Drohung, das Schiff auseinanderfallen zu lassen, wahr machen sollte, falls sie ihn töteten. Er konnte das Schiff lecken lassen und dem Lecken wieder ein Ende setzen, doch so oder so, er mußte noch leben und an Ort und Stelle sein, um es zu tun. Wie lange würde Fitzroy Calvin noch leben lassen, sollte der Captain je merken, daß seine schlimmsten Drohungen reiner Bluff waren?
    Gewöhne dich daran, Calvin, sagte er sich. Schon viele Leute haben auch Alvin tot sehen wollen, aber er hat alles überstanden. Wir Macher müssen irgendeinen Schutz haben, so einfach ist das. Die gesamte Natur gibt acht auf uns, sorgt für unsere Sicherheit. Fitzroy wird mich nicht töten, weil ich nicht getötet werden kann.
    Hoffe ich.

8 Abschied

    Aus irgendeinem Grund lief Alvins Unterricht der erwachsenen Frauen an diesem Tag einfach nicht gut. Es hatte den Anschein, daß sie abgelenkt waren, und Goody Sump wirkte geradezu feindlich. Die Lage spitzte sich zu, als Alvin anfing, mit ihren Kräuterkästen zu arbeiten. Er wollte ihnen dabei helfen, ihren Weg ins grüne Lied zu finden, die erste schwache Melodie, indem sie ihren Salbei oder Sauerampfer oder Thymian, für welches Kraut sie sich auch entschieden, dazu brachten, einen besonders langen Zweig wachsen zu lassen. Das war etwas, das Alvin für ziemlich einfach hielt, doch sobald man es beherrschte, konnte man sich auf diese Weise in Einklang mit so ziemlich jeder Pflanze bringen. Doch nur ein paar der Frauen erzielten einen nennenswerten Erfolg, und Goody Sump gehörte nicht zu ihnen. Vielleicht war sie deshalb so gereizt – ihr Lorbeer blühte nicht mal auf, geschweige, daß er einseitigen Wuchs an einem Zweig zeigte.
    »Die Pflanzen machen nicht mehr dieselbe Musik wie damals, als die Roten sich noch um den Wald kümmerten« sagte Alvin. Er wollte fortfahren und erklären, wie sie im kleinen Maßstab bewirken konnten, was die Roten im großen bewirkt hatten, bekam aber keine Gelegenheit dazu, denn das war der Augenblick, in dem Goody Sump explodierte.
    Sie sprang von ihrem Stuhl, schritt zum Kräutertisch hinüber und hämmerte ihre Faust direkt auf ihren eigenen Lorbeer, wobei sie den Topf zum Kentern brachte und Topferde und Lorbeerblätter über den gesamten Tisch und ihr eigenes Kleid verstreute. »Wenn Ihr die Roten für so viel besser haltet, warum lebt Ihr dann nicht einfach bei ihnen und tragt ihre Töchter fort, damit Ihr sie insgeheim geil ansehen könnt!«
    Alvin war von ihrer grundlosen Wut so benommen, von ihren unergründlichen Worten so verblüfft, daß er sie einfach nur mit offenem Mund anstarrte, während sie die Überreste ihres Lorbeers aus den Überresten der Erde zog, eine Handvoll Blätter abriß, sie ihm ins Gesicht warf, sich dann umdrehte und aus dem Raum stolzierte.
    Sie war kaum zur Tür hinaus, als Alvin versuchte, einen Scherz daraus zu machen. »Ich schätze, einige Leute hier haben für die Landwirtschaft nicht viel übrig.« Aber kaum jemand lachte.
    »Ihr müßt ihr dieses Verhalten nachsehen, Al«, sagte Sylvy Godshadow. »Eine Mutter muß ihrer eigenen Tochter glauben, auch wenn alle anderen wissen, daß sie Mondstrahlen spinnt.«
    Da Goody Sump fünf Töchter hatte und Alvin in letzter Zeit nichts von Bedeutung über sie gehört hatte, war diese Information nicht besonders hilfreich. »Hat Goody Sump zu Hause Ärger?« fragte er.
    Alle Frauen sahen sich gegenseitig an, doch keine wollte seinen Blick erwidern.
    »Tja, es sieht so aus, als wisse hier jede etwas, das noch nicht zu meinen Ohren vorgedrungen ist«, sagte Alvin. »Würde jemand es mir vielleicht erklären?«
    »Wir sind keine Klatschweiber«, sagte Sylvy Godshadow. »Es überrascht mich, daß Ihr uns das vorwerft.« Mit diesen Worten stand sie auf und ging zur Tür.
    »Aber ich habe niemanden ein Klatschweib genannt«, sagte Alvin.
    »Alvin, bevor Ihr andere kritisiert, solltet Ihr lieber die Läuse aus Eurem eigenen Haar kämmen«, sagte Nana Pease. Und auch sie erhob sich und ging.
    »Nun, worauf warten die anderen von Euch?« sagte Alvin. »Hättet Ihr heute unterrichtsfrei haben wollen, hättet Ihr nur fragen müssen. Ich bin hier jedenfalls für heute fertig.«
    Bevor er auch nur anfangen konnte, die verschüttete Erde aufzuwischen, waren die anderen Ladies allesamt hinausstolziert.
    Alvin versuchte sich zu trösten, indem er Dinge murmelte, die er

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