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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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wohnte.«
    »Ach, ja, die berühmte Miss Larner, die so klug war, ihren besten Schüler dazu zu bringen, einen Rechtschreibewettbewerb zu gewinnen, was dazu führte, daß die Sklavensucher Wind von einem halbschwarzen Jungen bekamen und schließlich Horace Guesters Frau umbrachten, Miss Larners eigene Mutter. Eine überaus unnatürliche Frau.«
    »Du mußt eine Möglichkeit finden, die Geschichte richtig häßlich klingen zu lassen«, sagte ihre Freundin.
    »Gibt es eine hübsche Version davon?«
    »Eine süße Liebesgeschichte. Lehrerin versucht, das Leben eines halbschwarzen Jungen und seines groben Freunds, eines Schmiedelehrlings, zu retten. Sie verliebt sich in den Schmiedejungen und bringt dem halbschwarzen Jungen ganz hervorragend die Rechtschreibung bei. Dann werden die Kräfte des Bösen darauf aufmerksam …«
    »Oder Gott entschließt sich, sie wegen ihres Stolzes zu strafen!«
    »Ich glaube, du bist eifersüchtig auf sie, Vilate. Das glaube ich wirklich.«
    »Eifersüchtig?«
    »Weil sie Alvin Smith’ Herz gewonnen hat und vielleicht noch immer besitzt.«
    »Soweit ich es sagen kann, schlägt sein Herz noch in seiner eigenen Brust.«
    »Und das Gold leuchtet noch in seinem Rupfensack?«
    »Du sprichst freundlich von Miss Larner, gehst aber stets davon aus, daß ich die schlimmsten Motive habe.« Vilate hatte das Feuer im Ofen entfacht und setzte einen Teekessel auf, während sie grüne Bohnen abzog und in einen Topf mit Wasser warf.
    »Weil ich dich so gut kenne, Vilate.«
    »Du glaubst mich zu kennen, aber ich bin voller Überraschungen.«
    »Zeig mir nicht, wie deine Zähne aus dem Mund fallen, du verabscheuungswürdiges Geschöpf.«
    »Sie sind von allein gefallen«, sagte Vilate. »Das tue ich niemals absichtlich.«
    »Du bist ja eine solche Lügnerin.«
    »Aber ich bin eine wunderschöne Lügnerin, meinst du nicht auch?« Sie bedachte ihre Freundin mit ihrem besten Lächeln.
    »Ich verstehe sowieso nicht, was Männer in einer Frau sehen«, antwortete ihre Freundin. »Hexagramme oder nicht, solange eine Frau ihre Kleider an hat, kann ein Mann sowieso nicht sehen, was ihn interessiert.«
    »Ob das bei allen Männern so ist, kann ich nicht sagen«, erwiderte Vilate. »Ich glaube, einige lieben mich wegen meines Charakters.«
    »Zweifellos eines Charakters aus Sterlingsilber – die kleinen Flecken sind nicht weiter wichtig, die kann man mit etwas Politur beseitigen.«
    »Und einige Männer lieben mich wegen meines Witzes und Charmes.«
    »Ja, davon bin ich überzeugt – wenn sie seit vierzig Jahren in einer Höhle gelebt haben und in dieser Zeit keine zivilisierte Frau gesehen haben.«
    »Du kannst mich aufziehen, soviel du willst, aber ich weiß, daß du eifersüchtig auf mich bist, weil Alvin Smith sich bereits in mich verliebt, der arme, rettungslos verlorene Junge, während er dich nicht mal eines Blickes würdigen wird, eines einzigen Blickes. Das zerfrißt dir das Herz, meine Liebe.«
    Ihre beste Freundin saß mit einem unleidlichen Gesicht da. Mit der letzten Bemerkung hatte Vilate wirklich ins Schwarze getroffen. Der Teekessel pfiff. Wie immer stellte Vilate zwei Teetassen auf den Tisch. Doch wie immer roch ihre beste Freundin zwar an dem Tee, trank jedoch keinen Schluck davon. Na und? Vilate war stets höflich, und nur darauf kam es an.
    »Makepeace wird ihn vor Gericht bringen.«
    »Ha«, sagte Vilate. »Das hast du also auch schon gehört?«
    »Aber nein. Keine Ahnung, ob Makepeace Smith überhaupt mitbekommen hat, daß sein alter Lehrling wieder in der Stadt ist – aber ich wette, wenn die Neuigkeit so rasch zu mir vorgedrungen ist, hat er sie halb so schnell erfahren! Ich weiß nur, Makepeace hat so oft erzählt, Alvin habe ihn beraubt, daß alle wissen werden, es war nur leeres Gerede, wenn er den Jungen jetzt nicht vor Gericht bringt. Also muß er den Jungen vor Gericht bringen, verstehst du nicht?«
    Vilate lächelte leise vor sich hin.
    »Überlegst du schon, was du ihm bringen wirst, wenn er im Gefängnis sitzt?« fragte ihre Freundin. »Oder so«, sagte Vilate.
    Als Alvin aus seinem Nickerchen erwachte, stellte er fest, daß Arthur Stuart fort und der Raum halbdunkel war. Da er den Nachmittag verschlafen hatte, mußte das Reisen anstrengender gewesen sein, als er gedacht hatte.
    Ein Klopfen an der Tür. »Mach sofort auf, Alvin«, sagte Horace. »Der Sheriff tut nur seine Arbeit, sagt er, aber es läßt sich nichts daran ändern.«
    Also mußte ein erstes Klopfen gegen die Tür ihn

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