Der Reisende
behauptet hatte. Alvin hatte in seinem Leben wahres Böses kennengelernt, beharrte aber noch immer auf der Ansicht, daß es schrecklich selten war und die Geschichten darüber von jenen aufgebauscht wurden, die eigentlich gar nicht verstanden, was wahre Verderbtheit war.
Er durfte allerdings nicht zulassen, daß er an die einzige andere Frau dachte, die er kannte und die sich mit Hexagrammen umgab. Anstatt sich an Miss Larner zu erinnern, die in Wirklichkeit die kleine Peggy war, schlief er endlich ein.
Was für ein interessanter Junge, dachte Vilate, als sie von dem Gasthof davonging. Ganz und gar nicht das verschlagene Wiesel, mit dem ich nach allem, was Makepeace Smith erzählt hat, gerechnet habe. Aber andererseits vertraut niemand verschlagenen kleinen Wieseln so sehr, daß er sich von ihnen betrügen läßt – es sind die starken, gut aussehenden Männer, die die Leute zu der irrigen Auffassung verleiten, ihr Herz sei genauso offen wie ihr Gesicht. Also war vielleicht jedes Wort wahr, das Makepeace gesagt hatte. Vielleicht hatte Alvin einen kostbaren Goldschatz gestohlen, den er gefunden hatte, als er einen Brunnen grub. Vielleicht hatte Alvin das Loch wieder aufgefüllt, in dem er das Gold gefunden hatte, und ein paar Meter weit entfernt ein anderes gegraben, in der Hoffnung, niemand würde es bemerken. Vielleicht hatte er das Gold zu einem Pflug geschlagen und so getan, als hätte er Eisen in Gold verwandelt, damit er mit Makepeaces Schatz davonlaufen konnte. Aber was geht mich das an? dachte Vilate. Es war nicht mein Gold und könnte es niemals sein, solange Makepeace es hatte. Aber falls Alvin in dieser Tasche, die er über der Schulter trägt, zufällig einen goldenen Pflug hat … nun, wer weiß, wem dieses Gold vielleicht schließlich gehören wird.
Wenn einer zum Beispiel stark genug dazu ist, könnte er ihm das Gold mit brutaler Gewalt wegnehmen. Wenn einer grausam genug ist, könnte er Alvin töten und es der Leiche abnehmen. Wenn einer hinterhältig genug ist, könnte er es aus Alvins Zimmer rauben, wenn er schläft. Wenn einer reich genug ist, könnte er Anwälte anheuern, die Alvin dann vor Gericht etwas nachweisen, und es ihm dann per Gesetzeskraft abnehmen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, an diesen Pflug heranzukommen, wenn man ihn unbedingt haben will.
Aber Vilate würde sich dem Zwang niemals beugen. Sie würde diesen goldenen Pflug nicht mal haben wollen, falls es ihn wirklich gab, außer, Alvin gab ihn ihr freiwillig. Als Geschenk. Vielleicht als Ausdruck seiner Liebe. Oder … nun ja, wenn es darauf hinauslief, würde sie ihn sich auch als Ausdruck seiner Schuld überreichen lassen. Er sah aus wie ein ehrenvoller Mann, aber wie er sie so anstarrte … nun ja, sie kannte diesen Blick. Der Mann war von Verlangen ergriffen, ihrem Zauber erlegen. Er gehörte ihr, wenn sie nur wollte.
Mach keinen Fehler, Vilate. Leite alles in die Wege. Sorge dafür, daß er dir hinterherläuft. Niemand soll sagen können, du hättest es auf ihn abgesehen.
Ihre beste Freundin wartete schon im Küchenschuppen hinter dem Postamt auf sie, als sie dort eintraf. »Was hältst du also von diesem Alvin?« fragte sie, bevor Vilate sie auch nur begrüßen konnte.
»Hab damit gerechnet, daß du die Nachricht erfährst, bevor ich es dir selbst sagen kann.« Vilate schickte sich an, den schönen gußeisernen Herd mit dem Brotofen darin aufzuheizen, um den alle Frauen in Hatrack River sie beneideten.
»Fünf Leute haben gesehen, wie du ihn auf der Veranda des Gasthofes begrüßt hast, Vilate, und ich bin sicher, die Nachricht hatte mich schon erreicht, bevor dein Fuß die Straße berührt hatte.«
»Dann haben diese Leute nichts Vernünftiges zu tun, würde ich sagen, und sind des Teufels.«
»Das wirst du ja zweifellos wissen – ich bin überzeugt davon, der Teufel gibt dir jedesmal, wenn er jemanden neu angeworben hat, eine Liste.«
»Natürlich tut er das. Nun ja, jeder weiß doch, daß der Teufel direkt hier in meinem schönen Ofen wohnt.« Vilate kicherte vor Schadenfreude.
»Also …« sagte ihre beste Freundin ungeduldig. »Was hältst du von ihm?«
»Ich halte nicht viel von ihm«, sagte Vilate. »Er hat natürlich die Arme eines Arbeiters und ist sonnengebräunt, wie jeder Junge aus der Unterschicht. Er redet ziemlich derb, und man merkt, daß er vom Lande kommt. Ich frage mich, ob er überhaupt lesen kann.«
»Oh, natürlich kann er lesen. Die Lehrerin hat es ihm beigebracht, als er hier
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