Der Reiz des Verbotenen - Page, S: Reiz des Verbotenen
sie könnte sich vielleicht doch noch gut verheiraten. Soweit ich weiß, mieteten sie unterwegs als Ehepaar ein Zimmer, und als sie morgens aufstand, war ihr schlecht, sodass sie annahm, schwanger zu sein. Doch sie fand heraus, dass Rodesson sie betrogen hatte, und so traf sie eine Entscheidung. Mithilfe von Freunden ließ sie sich in einem Haus nieder und erfand eine neue Identität für sich. Einer ihrer Freunde spielte für die Dorfbewohner ihren Ehemann. Sie behauptete, er sei ein Schiffskapitän, der beschlossen hatte, nach Indien zu reisen und dort sein Glück zu machen. Natürlich gab es Zweifel und Klatsch, und so musste sie, und als wir erwachsen wurden, auch meine Schwestern und ich, über jeden Verdacht erhaben sein, irgendetwas Unschickliches zu tun.“
Es war erleichternd, die ganze Geschichte zu erzählen. Doch ihre Wangen brannten. Sicher interessierte ihn das alles nicht wirklich.
Er kehrte zum Bett zurück und reichte ihr den Teller, auf dem ein Messer und eine Gabel über dem viel zu großen Berg aus Speisen lagen. Sie hatte gedacht, die Unmengen von Essen wären für ihn selbst.
„Iss so viel du kannst“, riet er ihr mit einem Funkeln in den Augen.
Sie nahm das Essen entgegen und murmelte einen Dank, während er bereits wieder zu den Tabletts ging. Er sah von seinem Teller auf. „Trotz des Kindes – trotz deiner Existenz – hat dein Vater deine Mutter also nicht geheiratet oder mit ihr gelebt?“
„Sie zog es vor, ihn nicht unter Druck zu setzen und beschloss, ihr eigenes Leben zu leben.“
„Eine mutige Wahl für eine Lady mit wenig Erfahrung, was das reale Leben betrifft“, sagte er nachdenklich.
„Die romantische Idee einer Frau, die dachte, der richtige Weg, einen freiheitsliebenden Künstler zu beeindrucken, sei, ebenso wild zu sein wie er.“ Ihre Mutter war hoffnungslos verliebt und völlig verrückt nach ihm gewesen.
„Aber sie war nicht wild.“
„Aus Liebe war sie bereit, alles zu sein.“ Sie ärgerte sich über das Zittern in ihrer Stimme. Dies war eine sachliche Diskussion – und sie weigerte sich zu weinen. „Um des Babys, um meinetwillen, brachten ihre Freunde sie davon ab, ein völlig skandalöses Leben zu führen. Es gab immer noch Hoffnung, dass ihre Zukunft gerettet werden konnte, wenn ihre wahre Natur die Überhand gewann. Sie lebte zurückgezogen und widmete sich der Wohltätigkeitsarbeit im Dorf.“
Marcus wählte ein Brötchen, schnitt es auf und butterte es sorgfältig bis an die Ränder. Als er aufblickte, erwischte er sie dabei, wie sie ihn anstarrte. „Magst du es so?“
„Ja. Danke.“ Venetia seufzte. „Nur du, Mylord Trent, könntest eine Frau allein mit der Art, wie du ein Brötchen butterst, verführen.“
„Ich habe niemals eine Frau auf diese Weise verführt – bei Licht betrachtet, glaube ich nicht einmal, dass ich jemals zuvor das Brötchen einer Frau gebuttert habe.“
Sie kicherte hilflos, und ihre Tasse klapperte auf der Untertasse. Er brachte seinen Teller und ihr verschwenderisch bestrichenes Brötchen zum Bett. „Deine Mutter hatte gute Freunde, die zu ihr hielten. Dennoch hat Rodesson sie offensichtlich besucht – du hast jüngere Schwestern.“
Venetia setzte ihre Tasse ab. „Meine Mutter reiste zu ihm. Im Dorf erzählte sie, sie würde meinen Vater, den angeblichen Kapitän, bei seinen Landgängen in Plymouth treffen, aber in Wahrheit fuhr sie zu ihm nach London.“
„Das tat sie? Deine Mutter ist eine Frau, die verzeihen kann.“
„Sie ist eine besessene Frau. Jedes Mal wenn sie sich von ihm befreit zu haben schien, erlag sie erneut seinem Zauber.“
„Und so wurde die Existenz deiner Schwestern erklärt? Was ist mit dem Freund, der ihren Ehemann gespielt hat?“
„Er verließ wirklich das Land, um sein Glück in Indien zu suchen. Und er schickte Briefe und Geschenke, die die Geschichte wahr erscheinen ließen. Dann starb er, und sie behauptete, Witwe zu sein.“
„Interessant. Danach durfte es aber nicht noch mehr Kinder geben.“
Damit meinte er natürlich, dass ihre Mutter und ihr Vater kein Liebespaar mehr sein konnten. War es so? Ihre Mutter hatte Rodesson auch später noch besucht, aber sie war nie mehr schwanger geworden.
„Nun, es konnten keine Briefe und Päckchen mehr geschickt werden, und das musste sie erklären. Ich nehme an, wenn jemand wirklich neugierig geworden wäre, hätte er die Wahrheit herausfinden können, doch meine Mutter stürzte sich mit ganzem Herzen ins Dorfleben, zu jeder Zeit
Weitere Kostenlose Bücher