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Der Richter und sein Henker - Der Verdacht

Der Richter und sein Henker - Der Verdacht

Titel: Der Richter und sein Henker - Der Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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Gesandtschaft, die Wert darauf legt, unter keinen Umständen mit einer gewissen Klasse von Industriellen zusammen genannt zu werden.«

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    Jetzt begriff Lutz den Nationalrat, und es blieb lange still im Zimmer des Untersuchungsrichters, Das Telefon klingelte, doch Lutz nahm es nur ab, um »Konferenz« hineinzuschreien, worauf er wieder verstummte. Endlich jedoch meinte er:
    »Soviel ich weiß, wird aber doch mit dieser Macht jetzt offiziell um ein neues Handelsabkom-men verhandelt.«
    »Gewiß, man verhandelt«, entgegnete der
    Oberst. »Man verhandelt offiziell, die Diplomaten wollen doch etwas zu tun haben. Aber man verhandelt noch mehr inoffiziell, und in Lamboing wird privat verhandelt. Es gibt schließlich in der Industrie Verhandlungen, in die sich der Staat nicht einzumischen hat, Herr Untersuchungsrichter.«
    »Natürlich«, gab Lutz eingeschüchtert zu.
    »Natürlich«, wiederholte von Schwendi. »Und diesen geheimen Verhandlungen hat der nun leider erschossene Leutnant der Stadtpolizei Bern, Ulrich Schmied, unter falschem Namen geheim bei-gewohnt.«
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    Am neuerlichen betroffenen Schweigen des Untersuchungsrichters erkannte von Schwendt, daß er richtig gerechnet hatte. Lutz war so hilflos geworden, daß der Nationalrat nun mit ihm machen konnte/ was er wollte. Wie es bei den meisten etwas einseitigen Naturen der Fall ist, irritierte der unvorhergesehene Ablauf des Mordfalls Ulrich Schmied den Beamten so sehr, daß er sich in einer Weise beeinflussen ließ und Zugeständnisse machte, die eine objektive Untersuchung der Mordaffäre in Frage stellen mußten.
    Zwar versuchte er noch einmal, seine Lage zu bagatellisieren.
    »Lieber Oskar«, sagte er, »ich sehe alles nicht für so schwerwiegend an. Natürlich haben die schweizerischen Industriellen ein Recht, privat mit denen zu verhandeln, die sich für solche Verhandlungen interessieren, und sei es auch jene Macht. Das bestreite ich nicht, und die Polizei mischt sich auch nicht hinein. Schmied war, ich wiederhole es, privat bei Gastmann, und ich möchte mich deswegen offiziell entschuldigen; denn es war gewiß nicht richtig, daß er einen falschen Namen und einen falschen Beruf angab, wenn man auch manchmal als Polizist gewisse Hemmungen hat. Aber er war ja nicht allein bei diesen Zusammenkünften, es waren auch Künstler da, lieber Nationalrat.«
    »Die notwendige Dekoration. Wir sind in einem 65
    Kulturstaat, Lutz, und brauchen Reklame. Die Verhandlungen müssen geheimgehalten werden, und das kann man mit Künstlern am besten. Ge -
    meinsames Fest, Braten, Wein, Zigarren, Frauen, allgemeines Gespräch, die Künstler langweilen sich, sitzen zusammen, trinken und bemerken nicht, daß die Kapitalisten und die Vertreter jener Macht zusammensitzen. Sie wollen es auch nicht bemerken, weil es sie nicht interessiert. Künstler interessieren sich nur für Kunst. Aber ein Polizist, der dabeisitzt, kann alles erfahren. Nein, Lutz, der Fall Schmied ist bedenklich.«
    »Ich kann leider nur wiederholen, daß die Besuche Schmieds bei Gastmann uns gegenwärtig unverständlich sind«, antwortete Lutz.
    »Wenn er nicht im Auftrag der Polizei gekommen ist, kam er in einem anderen Auftrag«, entgegnete von Schwendi. »Es gibt fremde Mächte, lieber Lucius, die sich dafür interessieren, was in Lamboing vorgeht. Das ist Weltpolitik.«
    »Schmied war kein Spion.«
    »Wir haben allen Grund anzunehmen, daß er einer war. Es ist für die Ehre der Schweiz besser, er war ein Spion als ein Polizeispitzel.«
    »Nun ist er tot«, seufzte der Untersuchungsrichter, der gern alles gegeben hätte, wenn er jetzt Schmied persönlich hätte fragen können.
    »Das ist nicht unsere Sache«, stellte der Oberst fest. »Ich will niemand verdächtigen, doch kann 66
    nur die gewisse fremde Macht ein Interesse haben, die Verhandlungen in Lamboing geheimzuhalten.
    Bei uns geht es ums Geld, bei ihnen um Grundsätze der Parteipolitik. Da wollen wir doch ehrlich sein. Doch gerade in dieser Richtung kann die Polizei natürlich nur unter schwierigen Umständen vorgehen.«
    Lutz erhob sich und trat zum Fenster. »Es ist mir immer noch nicht ganz deutlich, was dein Klient Gastmann für eine Rolle spielt«, sagte er langsam.
    Von Schwendi fächelte sich mit dem weißen Bogen Luft zu und antwortete: »Gastmann stellte den Industriellen und den Vertretern der Ge -
    sandtschaft sein Haus zu diesen Besprechungen zur Verfügung.«
    »Warum gerade Gastmann?«
    Sein hochverehrter Klient, knurrte der Oberst,

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