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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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altes Haus haben. Der Makler rechnet damit, dass sie ein Angebot machen, aber ein ziemlich niedriges.« Harry Rex gähnte.
    Sie sprachen eine Weile über Forrest, dann versiegte das Gespräch. »Ich glaube, ich gehe jetzt besser.« Nach drei Bier schickte sich Harry Rex an aufzubrechen.
    »Wann fährst du nach Virginia zurück?«, fragte er, während er mühsam aufstand und sich streckte.
    »Morgen wahrscheinlich.«
    »Ruf mich an.« Er gähnte erneut und ging die Stufen hinunter.
    Ray beobachtete, wie die Lichter des Wagens am Ende der Straße verschwanden. Plötzlich fühlte er sich vollkommen allein. Das erste Geräusch, das er hörte, war ein Rascheln im Gebüsch nahe der Grundstücksgrenze.
    Wahrscheinlich nur ein alter Hund oder eine Katze auf der Jagd … Aber so harmlos es auch sein mochte, es jagte ihm solche Angst ein, dass er ins Haus flüchtete.

34
    Der Angriff begann um kurz nach zwei Uhr morgens, zur dunkelsten Stunde der Nacht, wenn der Schlaf am tiefsten und die Reaktionen am lang-samsten sind. Ray schlief wie ein Toter, obwohl sich sein müder Geist noch lange mit seinen Sorgen herumgequält hatte. Den Revolver neben sich, lag er auf einer Matratze in der Diele. Die drei Müllsäcke mit dem Bargeld standen direkt neben seinem improvisierten Bett.
    Zuerst flog ein Ziegelstein durch das Fenster - eine Explosion, die das al-te Haus erschütterte und Glas und Schutt auf den Esstisch und die frisch polierten Holzböden regnen ließ. Zeitpunkt und Ort der Attacke waren wohlgeplant. Dahinter stand jemand, der es ernst meinte und so etwas vermutlich nicht zum ersten Mal tat. Ray rappelte sich auf wie eine verwunde-te Straßenkatze und war froh, dass er sich nicht selbst erschoss, als er nach der Waffe tastete. Geduckt huschte er durch die Diele zum Lichtschalter und entdeckte den Ziegelstein, der Unheil verkündend neben der Fußbo-denleiste in der Nähe der Porzellanvitrine lag.
    Mit einer Decke fegte er die Splitter zur Seite, dann hob er den Ziegelstein vorsichtig auf. Er war ganz neu, rot, mit scharfen Kanten. Eine Nachricht war mit zwei dicken Gummibändern daran befestigt. Während Ray auf die Überbleibsel des Fensters starrte, entfernte er sie, aber seine Hände zitterten so, dass er die Botschaft kaum lesen konnte. Mühsam schlu-ckend, bemühte er sich, ruhig zu atmen und sich auf die handgeschrie-bene Warnung zu konzentrieren.
    Sie lautete schlicht: »Leg das Geld wieder dahin, wo du es gefunden hast, und dann hau sofort ab.«
    Rays Hand blutete, ein kleiner Kratzer von einer Glasscherbe. Es war seine Waffenhand - falls er denn so etwas hatte. Entsetzt fragte er sich, wie er sich schützen konnte. In eine dunkle Ecke des Esszimmers ge-kauert, befahl er sich, tief durchzuatmen und klar zu denken.
    Plötzlich klingelte das Telefon, was ihm erneut einen gewaltigen Schrecken einjagte. Beim zweiten Klingeln stolperte er in die Küche, wo ihm ein schwaches Licht über dem Herd half, das Telefon zu finden.
    »Hallo!«, brüllte er in den Hörer.
    »Leg das Geld zurück und dann hau ab«, sagte eine ruhige, aber un-beugsame Stimme, die er noch nie gehört hatte und in der er trotz seiner Panik den Hauch eines Küstenakzents zu entdecken meinte. »Sofort, bevor dir was zustößt!«

    Er wollte »Nein« schreien, »Hört auf« oder »Wer sind Sie?«, aber seine Unschlüssigkeit ließ ihn zögern, und dann war die Leitung tot. Mit dem Rücken an den Kühlschrank gelehnt, setzte er sich auf den Boden und ging in aller Eile seine Möglichkeiten durch. Es waren nicht viele.
    Er konnte die Polizei anrufen - in aller Eile das Geld verstecken, die Säcke unter ein Bett stopfen, die Matratze wegräumen, die Nachricht, aber nicht den Stein verstecken, und so tun, als wollten ein paar Kriminelle zum Spaß ein altes Haus verwüsten. Der Cop würde alles mit einer Taschenlampe absuchen und eine oder zwei Stunden bleiben, aber irgendwann musste er gehen.
    Nicht so die Priests, die an Ray klebten wie Kletten. Vielleicht zogen sie vorübergehend die Köpfe ein, doch verschwinden würden sie nicht.
    Außerdem waren sie wesentlich gewiefter als die Nachtstreife von Clanton. Und wesentlich motivierter.
    Er konnte Harry Rex anrufen - ihn wecken, sagen, es sei dringend, und ihn zum Haus kommen lassen, um ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Er sehnte sich nach jemandem, mit dem er reden konnte. Wie oft hatte er Harry Rex gegenüber schon reinen Tisch machen wollen?
    Sie konnten das Geld teilen oder es in den Nachlass

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