Der Ring an meiner Hand
Liebkosungen fort. Dieses schamlose Verhalten mit dem eleganten jungen Mann in Verbindung zu bringen, der in den letzten drei Jahren immer wieder in ihrem Leben aufgetaucht war, fiel ihr schwer.
In ihren Augen brannten Tränen, als sie die Seife nahm und sich von Kopf von Fuß einschäumte. Keine Spur von ihm sollte auf ihrer Haut zurückbleiben.
Bis zum nächsten Mal, meldete sich eine eisige Stimme in ihrem Kopf. Emily zuckte zusammen und fragte sich, wie viel sie wohl noch erdulden müsste.
Bestimmt würde ihre Sturheit ihn bald ärgern und in die Arme einer willigeren Dame treiben.
Lange müsste er nach der nicht suchen. In den Zeitungen tauchte sein Name in letzter Zeit oft zusammen mit dem von Valentina Colona auf, einem siebenundzwanzigjährigen Exmodel, das einen reichen Industriellen in Mailand geheiratet hatte, der dreimal so alt war wie sie. Mit seinem Geld eröffnete sie eine Kette von Boutiquen namens Valentina X.
Emily wusste sogar, wie sie aussah. Rabenschwarze Haare, ein herzförmiges Gesicht von fast puppenhafter Schönheit und ein geschmeidiger sinnlicher Körper.
Und gestern Nacht hat Rafaele es gewagt, mich schön zu nennen, dachte sie hitzig. Verglichen mit ihr bin ich ein dürres Insekt.
Was sein Verhalten unerklärlich machte, war, dass die Zeitungen immer häufiger berichteten, dass Signora Colona bestimmt bald die nächste Contessa Di Salis werden würde.
Als ob ihre Ehe mit Rafaele gar nicht existierte, hatte Emily ein ums andere Mal beim Lesen der Klatschmagazine denken müssen. Das versetzte ihr stets einen kleinen Stich, führte sie aber auch zu der Annahme, dass Rafaele ihren Wunsch nach einer Annullierung der Ehe akzeptieren würde, um schnell wieder frei zu sein.
Nur hatte Rafaele gestern Nacht sehr nachdrücklich klargestellt, es mitnichten so zu sehen.
Vielleicht will er vermeiden, dass seine Zukünftige denkt, er sei nicht der Herr im eigenen Haus, überlegte sie und ver zog das Gesicht.
Aber wenn er sie wirklich liebt und eines Tages heiraten will, was macht er dann hier bei mir? Wie kann er sie betrügen, wenn auch mit der eigenen Ehefrau?
Vielleicht war es Valentina Colona ja egal – solange sie ihn am Ende bekam.
Mit einem Mal fühlte Emily sich sehr deprimiert. Noch immer brannten Tränen in ihren Augen. Aber sie hielt sie zurück, als sie aus der Wanne stieg und nach einem Handtuch griff. Sie zog sich an, flocht die Haare zu einem Zopf und versuchte, den verletzten Blick in den Augen zu ignorieren, die sie aus dem Spiegel ansahen.
Bald würde Rafaele aufwachen und sie suchen. Sie müsste all ihren Mut aufbringen, um sich ihm zu stellen und so zu tun, als kümmerten sie die Ereignisse der letzten Nacht nicht im Geringsten. Genauso wenig wie die Enge des Cottages und die daraus resultierende unvermeidliche Intimität. Irgendwie würde sie die Tage durchstehen und die Nächte ertragen, ohne ihre moralische Integrität aufzugeben.
Nur wie? Letzte Nacht hatte sie all ihre Willenskraft aufbringen müssen, um das Jubilieren ihrer Sinne zu unterdrücken. Sosehr sie auch versucht hatte, sich abzulenken, war es ihr doch extrem schwergefallen, sich Rafaeles Liebkosungen zu verschließen.
Vor allem, weil er augenscheinlich so viel Wert darauf legte, sie zu erregen.
Zu ihrem eigenen Entsetzen überlegte Emily, wie es sich wohl anfühlte, mit Rafaele zu schlafen, wenn er in sie verliebt wäre. Wie zärtlich er sie verwöhnen würde, mit Küssen und den Berührungen seiner Hände. Was würde er ihr anschließend sagen, wenn sie erschöpft nebeneinander lagen? Würde er sie einfach an sich gedrückt halten, die Lippen an ihrem Haar?
Mit trockenem Mund befahl sie sich, sofort damit aufzu hören. Spekulationen dieser Art führten zu nichts. Im Gegenteil, sie waren sogar gefährlich.
Emily erschauerte und wandte ihr Gesicht vom Spiegel ab. Dann ging sie nach unten, um den ersten richtigen Tag ihrer ungewollten Ehe zu beginnen.
6. KAPITEL
Im Wohnzimmer angekommen, entdeckte Emily einen unerwarteten Rettungsanker: Hausarbeit. Damit konnte sie sich vor weiteren riskanten Innenansichten schützen.
Sie kehrte den Kamin, bevor sie das Feuer neu entfachte, und säuberte dann das Wohnzimmer. Noch nie hatte Hausarbeit zu ihren Pflichten gehört. Natürlich musste sie als Kind ihr eigenes Zimmer und das im Internat aufräumen, aber für alles andere gab es Personal.
Sie sah auf die Uhr. Fast Mittag. Das Hühnchen war für das Abendessen bestimmt, also würde sie jetzt Kaffee
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