Der Ring an meiner Hand
ich, warum meine Anwälte vor dir zittern, vor allem Pietro.“
„Das meine ich ernst. Ich habe nicht vor, nur zu deinem Vergnügen im hellen Tageslicht eine Art Striptease hinzulegen. Und solltest du auf dergleichen bestehen, gehe ich – zur Hölle mit dem Schnee. Lieber erfriere ich in einer Schneewehe, als mich so zu erniedrigen.“
„Mein Mitleid gehört der Schneewehe“, erwiderte er kühl und musterte sie eindringlich. „Es erstaunt mich, dass du die Vorstellung, dich vor einem Mann auszuziehen, erniedrigend findest. Ich kann mich an eine Zeit erinnern, zu der du ganz begierig darauf warst.“
Oh nein, dachte sie, musst du mich an diese schreckliche Nacht erinnern? Aber du liegst völlig falsch. Denn ich habe es nie wirklich gewollt … nicht einmal für Simon .
Laut sagte sie jedoch: „Das war für den Mann, den ich liebe. Nicht für dich. Außerdem war es mitten in der Nacht.“
„Tageslicht, Lampenlicht, Mondlicht“, zählte er nachdenklich auf. „Macht das wirklich einen so großen Unterschied?“
„Ja.“ Sie sah ihn mit erhobenem Kopf an. „Ich kann nicht verhindern, dass du nachts mit mir schläfst. Aber die Tage gehören mir.“
Stille trat ein, dann neigte Rafaele den Kopf. „Gut, du bekommst die Tage, wenn dir so viel an ihnen liegt. Aber in den Nächten gehörst du mir, einverstanden?“
Sie nickte knapp.
„Vielleicht könntest du dann auch ein Zugeständnis machen, carissima , und mir heute Nacht ein wenig von der Freundlichkeit zeigen, von der du vorhin so begeistert ge sprochen hast.“ Er wandte sich ab. „Und um dir meinen guten Willen zu beweisen, werde ich mich jetzt anziehen.“ Mit einer Hand streifte er über sein Kinn. „Aber mit der Rasur warte ich bis nachher.“
Als ihr die unterschwellige Bedeutung seiner Worte bewusst wurde, schnürte sich Emilys Kehle zu. Trotzdem sagte sie mit aufgesetzter Fröhlichkeit: „Bis dahin habe ich das Frühstück fertig.“
„ Grazie . Du bist auf dem besten Weg, eine wundervolle Ehefrau zu werden“, fügte er spöttisch hinzu, bevor er ging.
Emily lehnte sich gegen das Spülbecken. Er hat mir erlaubt zu gewinnen, dachte sie. Aber davon würde sie sich nicht täuschen lassen. Sie hatte zwar eine kleine Schlacht gewonnen, doch den Sieg im Krieg beanspruchte er für sich.
Aber das kann ich nicht zulassen, murmelte sie. Ich kann nicht … Das würde mein Leben für immer ändern. Und sobald ich aufhöre, neu und interessant für ihn zu sein, geht er sowieso.
Sie starrte aus dem Fenster in das leere Weiße.
Aber will ich denn nicht genau das? Dass er geht? fragte sie sich mit wachsender Verzweiflung. Aus irgendeinem Grund konnte sie die Antwort nicht finden.
Es war ein seltsamer Nachmittag. Trotz Rafaeles Versicherung, sie in Ruhe zu lassen, fühlte Emily sich nervös und unruhig. Schließlich hatte er schon einmal sein Versprechen gebrochen, warum sollte er dieses halten?
Sie trug das Tablett mit den Eiern und dem Kaffee ins Wohnzimmer und sah, dass das Feuer im Kamin wieder munter flackerte. Rafaele, in khakifarbenen Hosen und einem schwarzen Hemd, kniete davor und legte gerade Holz nach.
„Oh“, sagte sie. „Darum wollte ich mich kümmern.“
„Von nun an ist das meine Aufgabe.“ Er lächelte und stand auf. „Ich will nicht, dass du deine Hände ruinierst. Oder deinem Verehrer einen weiteren Grund gibst, dich zu besuchen.“
„Zum letzten Mal, er ist nicht mein Verehrer“, sagte sie zähneknirschend.
Er bedachte sie mit einem schiefen Blick. „Nicht mehr“, stimmte er zu und setzte sich an den Tisch.
Während Emily noch über eine passende Antwort nachdachte, lenkte das Wetter ihre Aufmerksamkeit ab.
„Oh nein, es schneit schon wieder!“
„Wir wussten doch, dass das passieren kann.“ Er schenkte den Kaffee ein. „Ist das ein Problem?“
„Dein Wagen … ich dachte, wir könnten ihn vielleicht ausgraben und abreisen.“
„Wohin?“ Rafaele klang höflich interessiert.
„Spielt das eine Rolle? Nur fort von hier. Schließlich haben wir beide ein Leben, in das wir zurückkehren müssen.“
„Und es gefiele dir viel besser, wenn diese zwei Leben Hunderte von Meilen auseinanderlägen“, murmelte er. „Keine Chance, carissima . Der Wetterbericht in der Zeitung warnt davor, dass die Straßen in dieser Gegend unpassierbar werden könnten. Und nicht einmal deine Abneigung, mit mir allein zu sein, rechtfertigt dieses Risiko.“
Nach dem Essen trug Rafaele trotz Emilys Protest das Geschirr in die
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