Der Ring Der Jaegerin
Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, was sie brüllte und wie sich die Bewegung zusammensetzte, und mehrmals kollidierte ich mit den anderen Teilnehmerinnen. Und ich schnaufte! Blamabel. Und trotzdem, wie an diesem Morgen, als ich das erste Mal in diesen wundervollen Schuhen stand, entdeckte ich plötzlich einen ganz neuen Zug an mir. Genau das wollte ich jetzt, und wenn ich dabei draufging. Ich wollte zu dieser absolut irren Musik wie eine Geisteskranke durch den Raum hetzen, wollte spüren, wie der Schweiß in Strömen über mein hochrotes Gesicht lief, wollte um Luft ringen und mich in dieser wildgewordenen Gruppe Frauen integrieren. Sie nahmen mich auf, völlig vorurteilsfrei, machten Platz, wenn ich die Richtung verwechselte, grinsten mir zu, wenn ich mir die Tropfen aus den Augen wischte, und Liane feuerte mich an, auch noch das Letzte aus mir herauszuholen.
Nach einer Stunde sah ich aus wie gebadet und war froh, dass meine Haare wirklich als Zopf über den Rücken hingen. Er tropfte ebenfalls.
»Gar nicht schlecht für das erste Mal, gar nicht schlecht.« Die Trainerin sah noch immer kühl aus, sie hatte sich wohl nicht sonderlich angestrengt dabei. Nur ihre roten, kurzen Haare kringelten sich als feuchte Löckchen im Nacken.
»Ich weiß nicht, das war für mich die absolute Premiere.«
»Allerhand, Katharina. Und wie hat es dir gefallen?«
»Sagenhaft. Wie oft bietet ihr so etwas an?«
»Ach, wir haben jeden Tag so vier, fünf Kurse. Anfangs solltest du aber nur …« Sie fischte einen Stundenplan hinter der Theke hervor und bezeichnete mir die Stunden, von denen sie meinte, dass sie für mich in Frage kämen, dann drückte sie mir noch einen Vertrag in die Hand und sprang zu ihrem nächsten Kurs in den Raum.
»Und, Frau Leyden?«
Himmel, wie blöd sich das anhörte.
»Katharina, nicht Kathy.«
»Na endlich. Komm, willst du hier duschen oder zu Hause?«
»Ich habe nichts dabei, weil ich nicht wusste, wie sauber das hier ist.«
»Gut, dann fahren wir gleich. Aber ich denke, wir sehen uns demnächst häufiger hier.«
Minni schnüffelte, als ich in die Wohnung kam.
»Hast dich mal gesund angestrengt, was?«
Ich ignorierte das und verschwand unter der Dusche. Eine wahre Wohltat. Mit nassen Haaren, in ein dickes Frottiertuch gehüllt, kehrte ich ins Wohnzimmer zurück und fand Minni gleichfalls mit Körperpflege beschäftigt. Ich setzte mich zu ihr, und sie schaute auf.
»Riechst gut.«
»Danke. Lavendel, wie du befohlen hattest. Und du siehst sehr gepflegt aus. Wollen wir beide jetzt mal überlegen, wie wir weiter vorgehen sollen, damit du dein Buch bekommst?«
»Mhhm.« Ein letzter Schlecker über die Pfote, die Pfote über die Nase, und sie war fertig.
»Ich habe schon nachgedacht. Hast du eine Ahnung, wo die holde Cosmea – meine Güte, was für ein Name – wohnt?«
»Nein, aber das finden wir schnell heraus.«
»Dann finde mal!«, forderte sie mich mit einem hochnäsigen Nasezucken auf. Aber an derartige Mimik hatte ich mich schon gewöhnt und holte lediglich kommentarlos das Telefonbuch. Cosmea Seghersdorf wohnte mit Gemahl im Nobelviertel, ich kannte die Straße sogar, ich fuhr täglich an den großzügigen Villengrundstücken vorbei.
»Du meinst, wir sollten ihr einen Besuch abstatten, Minni?«
»Nicht direkt, schlage ich vor. Wir sollten sie besser erst mal beobachten. Sehen, was sie mit dem Buch will. Oder was sie darüber weiß.«
»Zur Detektivin bin ich nicht geboren, Süße.«
»Aber ich. Und ich bin viel unauffälliger als du.«
Da war etwas Wahres dran. Ich dachte darüber nach. Ganz kurz fühlte ich mich in die Gestalt einer Katze versetzt und erkannte die ungeheuren Möglichkeiten. Alarmanlagen, Zäune, vergitterte Fenster waren kein Hindernis, schlimmstenfalls wurde man als aufdringliches Tier rausgeworfen, aber mit ein bisschen Geschick konnte man sich vor menschlichen Blicken hervorragend verstecken. Gefahr drohte vermutlich nur durch andere Tiere.
»Was ist, wenn die einen scharfen Wachhund haben?«
»Der Hund, der mir ans Fell kommt, muss erst noch geworfen werden. Wann fahren wir?«
»Wenn es richtig dunkel ist. Schade, dass du keine schwarze Katze bist. Die Tarnung wäre noch besser, nicht?«
»Kann man so oder so sehen. Im Haus wird es hell sein, und moderne Einrichtung ist oft weiß, nicht wahr?«
Wo sie recht hatte, hatte sie recht. Ich ging zurück ins Schlafzimmer und suchte eine passende, gedeckte Kleidung aus. Schwarze Jeans hatte ich ja, ein
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