Der Ring Der Jaegerin
Böse,
und seht nur das Heil.
Wascht rein, was besudelt,
das Üble verstrudelt!
So sei es!«
Dabei versprengte sie einige Tropfen des Salzwassers auf dem Boden, dem Altar und dem Dolch und flatterte im Kerzenschein heftig mit den weiten Ärmeln ihres Gewandes.
»Möge dieser Dolch gereinigt sein,
Möge der Altar gereinigt sein,
Möge unser Geschenk gereinigt sein.«
Minni kommentierte: »Auf die Art kriegt es davon nur Stockflecken.«
Und ich stellte fest, dass es wohl wider Erwarten ein heiterer Abend würde. Jetzt wedelte Cosmea jedoch durch den Raum und besprengte unter reinigendem Gemurmel alle Anwesenden mit Wasser. Auch die, die besser eine komplette Dusche vertragen hätten. Dann bückte sie sich und hielt die Messerspitze auf den Boden.
»Sie erdet das bisschen Energie, was sie aufgebaut hat.«
Nach dieser erhellenden Erklärung wurden dann die vier Himmelsrichtungen begrüßt und die vier Kerzen entzündet. Es herrschte eine andachtsvolle Stimmung, der ich mich fast nicht hätte entziehen können, wenn da nicht immer wieder Minnis respektlose Bemerkungen gewesen wären. So kämpfte ich jedoch ständig mit meinen Gesichtszügen. Allerdings kam mir langsam der Verdacht, dass Minni ein wenig mehr von der Sache verstand als die hier versammelten Hexlein.
Bislang hatte die Mutter Oberin des Konvents alleine agiert, jetzt aber wurden die Beteiligten mit einbezogen. Wir sollten den magischen Kreis bilden. Behufs dessen setzten wir uns also aufrecht hin, Beine untergeschlagen, und fassten einander an den Händen. Die der Lilahaarigen waren warm und trocken, die der ersten Kichererbse verschwitzt und kühl. Was Magie am besten leitet, würde ich ja wohl gleich erfahren.
Madame la Sorcière befahl uns, die Augen zu schließen und tief in den Bauch einzuatmen – auszuatmen – einzuatmen – auszuatmen. Und dann die Energie in den Kreis abzugeben.
Ich fühlte mäßig verwundert einen Hitzestrom meine Wir belsäule hinauflaufen, durch meine Arme fließen, in die Hände, in die Fingerspitzen und von dort in die Finger meiner Nachbarinnen übergehen. Unwillkürlich öffnete ich die Augen und sah mit Staunen, dass alle sich wie gebannt mir zugewendet hatten.
»Dreh’s ein bisschen runter, so viel vertragen die hier nicht«, flüsterte Minni, und ich bemühte mich, dieser aufsteigenden Hitze Herr zu werden und sie bei einer mäßigen Temperatur zu halten. Es funktionierte problemlos. Nach einer Weile – ich hatte inzwischen jedes Zeitgefühl verloren – erhob sich Hexe Cosmea wieder und hub zu einem seltsamen Singsang an, in dem sie alle möglichen Namen murmelte.
»Wuchernde Webende, wallende Wirkende,
wachsende Wandelnde, windende Wehende,
Isis, Astarte, Ishtar, Aradia, Diana,
Ceridwen, Luna, Selene, Demeter …«
»Gleich jault sie noch ›Wigalla weia‹, und der Schwan kommt.«
Aha, Wagner kannte Minni auch. Und ich hatte wieder Prob leme mit dieser komischen Hitze. Sie blubberte, sprich, ich sonderte unregelmäßige Energiestöße ab, was die Hexlein stark verunsicherte.
»’tschuldigung!«, hüstelte Minni. Ich brachte mich auf konstante Leistung. Nachdem die Hohepriesterin ihre Anrufung beendet hatte, verkündete sie, sie werde nun das kostbare Geschenk enthüllen. Das Buch des Wissens, das nur diesem Kreis zugänglich werden sollte. Das Buch einer großen Hexenmeisterin, das zweihundert Jahre verschlossen war und nur von geweihter Hand geöffnet werden dürfe. Dabei setzte sie wohl voraus, dass ihre Hand das sei. Sie zückte wieder den Dolch, und Minni gab mir eine etwas seltsame Anweisung. »Stell dir eine blaue Flamme vor, Katharina.«
Ich fühlte mich inzwischen so abgedreht, dass ich ohne zu fragen gehorchte. Ein hellblaues Flämmlein züngelte vor meinen Augen auf.
»Mit der Flamme jetzt schräg nach links unten einen Strich ziehen.«
Schräg nach links unten, jawohl. Eine blauglühende Linie blieb vor meinem Auge bestehen.
»Schräg nach rechts oben.«
Nach fünf Strichen hatte ich einen leicht flackernden, fünfzackigen Stern vor Augen, und mir kam die Bezeichnung Pentagramm in den Sinn. Hexe Cosmea beschwor unterdes ihren Dolch.
»Nimm das Pentagramm und halte es über das Buch. Kann sein, dass du gleich ein bisschen Kraft brauchst, aber nicht sehr viel, so wie Cosy sich anstellt. Das Dings da muss einfach über dem Buch bleiben. Marsch, Katharina!«
Zu Befehl, Minni!, dachte ich, und sie gluckste: »So förmlich brauchst du nicht zu sein.« Vor Schreck flackerte mein
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