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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Fensterbank spürte.
    »Schattenschwarzes Laub,
    irrend in tiefen Wäldern –
    Mondlicht weist den Weg.«
    Ich drehte mich müde lächelnd zu ihr hin.
    »Wieder ein Haiku von dir?«
    »Mhhm.«
    »Das mir helfen soll?«
    »Mhhm.«
    »Wiederholst du es mir noch mal, bitte.«
    Sie tat es.
    »Warum Haikus?« fragte ich sie, denn das war jetzt schon das zweite Mal, dass sie mich mit dieser Form der japanischen Kurzlyrik aufheitern wollte.
    »Orientalische Eltern«, meinte sie kurz.
    »Oh, ein Irish Setter würde mir in einem solchen Fall einen Limerick liefern?« Ich lächelte sie an.
    »Quatsch, Hunde dichten nicht«, schnaufte sie verächtlich und verschwand lautlos. Ich sah in den Mond und atmete tief ein. Ein schwarzer Blätterwald, ja, so sah es in mir aus. Orientierungslos, durcheinander war ich. Zu viel war in den letzten Wochen auf mich eingestürzt, ich hatte Hilfe nötig, das alles zu verdauen.
    Ich teilte mein Leben mit einer sprechenden Katze, die behauptete, aus einem Land namens Trefélin zu stammen und Hilfe für ihre kranke Königin zu suchen. Das war irre genug. Und es verbot sich von selbst, mit nur irgendeinem anderen Menschen darüber zu sprechen. Fast ebenso irre war die Tatsache, dass ich mich in einen skurrilen Hexenzirkel begeben und dort unter den seltsamsten Bedingungen ein versiegeltes Buch entwendet hatte, das einer mir bislang unbekannten Ahnin gehörte.
    Und dann sollte ich morgen auch noch das erste Siegel öffnen.
    Ich schüttelte den Kopf, ging zum Tisch zurück und nahm mein Weinglas. Und als ich es hob, um einen Schluck daraus zu trinken, fiel das Mondlicht in das Glas, und es blitzte rot auf. Fast spöttisch hob ich den Kelch und erwies dem Mond eine kleine Reverenz, bevor ich daran nippte.
    Warum wollte dieser erfolgreiche Mann seine gutgehende Firma verkaufen? Und – wenn ein Haus brannte, würde er wirklich der Retter in der Not sein? Niemand ist so beherrscht, dass er nicht doch eine Untiefe hat. Kann man Ausstrahlung spielen? War ich verliebt? In wen?
    Ich trank aus, mein Bauch zwickte mich, und morgen früh würde ich wieder Ringe unter den Augen haben. Eine ferne Kirchturmglocke schlug Mitternacht, und ich sah noch einmal zum Mond auf, der jetzt hoch über dem Kirschbaum hing. Mond – Begleiter der Frauen. Meinen Rhythmus bestimmte er auch. Zumindest darauf konnte ich mich verlassen in dieser so verworren gewordenen Welt.
    Meine Gefühle waren nicht sonderlich klarer geworden, meine Gedanken nicht entwirrt, aber dennoch hatte ich den Eindruck, dass ich mit dem Chaos besser leben konnte, wenn ich nicht mit Gewalt eine Ordnung erzwingen wollte.
    Ich legte mich zu Minni und schlief traumlos bis zum Weckerklingeln. Und hatte am Morgen keine Ringe unter den Augen.
    »Und, wie war er, der berühmte Schrader?«, fragte Miriam mich über die Teetasse hinweg.
    »Faszinierend. Er könnte einem Blinden einen Farbfernseher andrehen.«
    Das war mir gerade so herausgerutscht, obwohl ich es gar nicht wollte.
    »Eine interessante Feststellung, Frau Leyden«, hörte ich Mergelstein hinter mir dazu sagen, und am liebsten hätte ich die ausgesprochenen Worte mit dem nächsten Atemzug wieder eingesogen. Er musste wohl meine roten Ohren bemerkt haben und beeilte sich, mir zu versichern, dass ihm natürlich an meiner ehrlichen Meinung gelegen sei. Miriam stand auf und verschwand. Die Frau ist wirklich mit Taktgefühl gesegnet.
    Als wir alleine waren, versuchte ich meinen Eindruck für Mergelstein in Worte zu fassen. Das, was mir in der Nacht nicht gelungen war, jetzt konnte ich es zumindest annähernd ausdrücken.
    »Na ja, sehen Sie, so auf den ersten Blick hin würde ich ihm schon meine Ersparnisse anvertrauen, aber es gibt da etwas, was mich auf den zweiten Blick hin doch vorsichtig machen würde. Er hat so etwas Schillerndes an sich, nicht wahr? Was auf so mittelmäßige Typen wie mich immer wie ein Sprudelbad wirkt. Und das macht mich ein wenig misstrauisch. Ich mag mich nicht manipulieren lassen. Aber ich habe leider für Sie bei diesem Urteil keinerlei belastbare Fakten.«
    Mit einem hilflosen Schulterzucken beendete ich meine Erklärung.
    »Machen Sie sich nichts draus. Sie bestätigen nur meinen eigenen Eindruck, aber wir beide stehen damit ziemlich alleine. Meine beiden Kollegen würden ihm nämlich unbedenklich ihre Ersparnisse zur Verfügung stellen. Und natürlich auch die der Firma. Nun, wir werden sehen. Leider wollen sie den Vertrag so bald wie möglich machen, am liebsten noch vor

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