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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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großen, dunklen, langbewimperten Augen.
    Leider blieb meine Anrufung vergeblich, außer vielleicht dem Effekt, dass ich innerlich zur gänzlichen Unscheinbarkeit wurde.
    Sie wurde uns vorgestellt als Frau Hollerkamp – und ein winziger Funke des Wiedererkennens lag in ihrem Blick. Dann begrüßte mich Schrader, und der zweite absolut faszinierende Mann innerhalb weniger Tage trat in mein Leben. Gut, er hatte zwar die klassischen grauen Schläfen in seinem schwarzen Haar, ein markantes Gesicht, der Anzug verbarg die gutgebaute Figur nicht, aber es war noch etwas anderes. Er gehörte wirklich zu den Leuten, bei deren Eintreten die Gespräche verstummen. Die vorgeschriebenen Höflichkeiten, die er bei der Begrüßung von sich gab, hörte ich kaum, mich bannte sein Blick. Wissend, durchdringend, mit einem Hauch von Spott in den Augenwinkeln, sah er mich mit seinen eigenartigen hellen Augen an. Aber nicht lange, ich war ja mit Abstand nicht die wichtigste Dame am Tisch. Doch wenigstens schienen wir alle gleichermaßen in den Bann dieses überwältigenden Mannes gezogen zu werden. Er wirkte wie jemand, der Verdurstenden Nektar reichte. Und mir war einfach nicht klar, warum. Ich konnte meine Aufmerksamkeit von ihm erst wieder abwenden, als ich die Speisekarte gereicht bekam. Nicht weil ich besonders hungrig gewesen wäre, sondern weil eines der Fischgerichte pochierter Lachs in Crevettentunke hieß und ich heftig an Minnis Feinschmeckergelüste erinnert wurde. Ich bestellte es mir. Danach gab ich mir Mühe, Mergelsteins Auftrag gerecht zu werden und mir ein möglichst subjektives Bild von Schrader zu machen.
    Mein Chef hatte mit seinem Adjektiv »bezwingend« durchaus recht, und was ich herausfinden wollte, war, was diese Eigenschaft ausmachte. Daher trug ich wenig zum Gespräch bei, was meiner Rolle ja auch entsprach, und beobachtete ihn so unauffällig wie möglich. Natürlich, das eine waren seine Augen, eine helle Iris kann fesseln, das kannte ich von meinen sehr hellgrauen Augen. Seine Mimik war nicht übertrieben, doch hatte sein Gesicht den Ausdruck größter Konzentration, wenn er jemandem zuhörte. Als sauge er förmlich die Worte aus dem Sprecher heraus, was, wie ich mit Belustigung feststellte, dazu führte, dass seine Gesprächspartner mehr und mehr redeten. Und dann, wenn er etwas sagte, dann klang es immer überzeugend – ob es das Urteil über die Qualität des Weines war, die Art-déco-Brosche von Frau Börris, die politische Lage. Er war ein Mann, der ganz und gar da war, nichts Geistesabwesendes, nichts Unkonzentriertes. Nichts Unbeherrschtes?
    »Haben wir uns nicht schon einmal gesehen?«, fragte mich in meine Betrachtungen hinein die schöne Hollerkamp.
    Ich lächelte sie verneinend an und erlaubte mir hinzuzufügen, dass ich mich an jemanden von so bemerkenswertem Aussehen sicher erinnern würde.
    »Nun, Ihr Aussehen ist auch bemerkenswert, darum meinte ich mich an Sie zu erinnern, Birgit.«
    Das sagte sie sehr leise. Ich konnte nicht anders, ich schlug die Augen nieder und verriet mich dadurch, dass mir durchaus die gemeinsam erlebte Zeremonie im Gedächtnis war. Aber es war wohl guter Ton unter Hexen, sich in der Öffentlichkeit nicht zu erkennen zu geben, wofür ich leidlich dankbar war. Wir unterhielten uns also über völlig andere Dinge, und ich erfuhr, dass sie eigentlich nur als Aushilfe bei Schrader jobbte.
    »Ich bin eigentlich Studentin, Geschichte, und verdiene mir das eine oder andere Brötchen durch Schreibarbeiten, Übersetzungen, einmal sogar als Fotomodell in flotter Schwesterntracht.«
    »Na, so ganz trocken sind Brötchen aber nicht«, rutschte mir aus meinem vorlauten Mund. Sie nahm es aber nicht übel und meinte lachend: »Nein, manchmal ist Kaviar dabei. Aber – soll ich mich wehren? Er ist ein interessanter Mann mit vielen Qualitäten.«
    Und ihr Blick landete schief auf Mergelstein.
    Das also dann auch noch.
    »Tja, weniger Kaviar, mehr Arbeit und das Studium am Abend alleine zu Hause«, konnte ich mich nicht enthalten richtigzustellen.
    »Okay, ich sehe schon, das Fettnäpfchen wieder getroffen.«
    »Macht nichts, hat ja keiner gehört.«
    Ich fand sie mit einem Mal ganz sympathisch, und wir unterhielten uns höchst angeregt über unsere Studien. Wobei das Verblüffendste war, dass ich durch sie erfuhr, wie die Hexen auf das Buch gestoßen waren. Gerti – dieses zigeunerhafte Wesen hieß Gertrud und wurde Gerti genannt, was sie weniger störte als mich – war bei einer

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