Der Ring Der Jaegerin
auszufragen. Dabei erfuhr ich eine Menge von ihnen. Ich habe ein Auge für so etwas.«
Mein rechter Mundwinkel zuckte nach oben, und mit einem schiefen Lächeln nippte ich an meiner Tasse. Minni kam mit einer weiteren Maus herein und nuschelte: »Feinf Ficfion.«
»Wunderbar, Minerva. Magst du auch etwas warme, süße Sahne? Algorab schleckte sie immer, wenn ich meinen Kakao getrunken habe.«
Bei diesen Worten sah Buchbinder wieder verloren und traurig aus.
»Minerva, leg die Maus hin und lass dir ein Schälchen Sahne geben«, forderte ich sie auf, und sie gehorchte anstandslos. Als unser Gastgeber eine Untertasse mit dem warmen, süßen Getränk gefüllt hatte, hüpfte sie auf seinen Schoß und schnurrte.
»Da haben Sie aber eine Freundschaft geschlossen, Herr Buchbinder! Das macht Minni nur selten.«
»Schmeckt dir die Sahne, Minerva?«
»Delikat, Malte, delikat. Besser als das Zeug, was ich sonst bekomme.«
Wenn ich mich nicht verraten wollte, musste ich zu dieser Unterstellung schweigen. Umso mehr verblüffte mich, dass Buchbinder ihr mit dem wackelnden Zeigefinger drohte und sagte: »Frau Katharina scheint dich sehr gut zu ernähren. Dein Fell glänzt gesund, und ich fühle da doch sogar ein rundes Bäuchlein auf meinen Knien.«
Erschrocken hielt Minni mitten im Schlabbern inne. »Bäuchlein?«
Die beiden schienen sich ausgezeichnet zu verstehen, und mir fiel ein, dass ich vielleicht eine halbe Stunde ohne Minni durch die Stadt streifen konnte. Mir war da so ein Gedanke gekommen.
»Kann ich dieses undankbare Geschöpf eine Weile bei Ihnen lassen? Ich müsste da in ein Geschäft, wo man Katzen nicht so schätzt.«
»Aber natürlich, sehr gerne. Lassen Sie sich nur Zeit. Die Tür zum Laden bleibt offen.«
Ich ließ meinen unförmigen Beutel in seinem Büro und ging zielstrebig zu dem Juwelier in der nächsten Straße. Dort hatte ich im Fenster etwas gesehen, das ich Minni zu Weihnachten schenken wollte. Ein blaues Lederband mit goldenen Spangen, das eigentlich als Armband vorgesehen war. An einer kleinen Öse konnte man einen Anhänger befestigen, und ich wählte für sie eine tropfenförmige Perle aus.
Danach zwickte mich wieder der Übermut, denn als ich an einem exklusiven Geschäft für Abendmoden vorbeiging, kam mir Mergelsteins verlegene Bemerkung zu der unerwarteten Gratifikation in den Sinn, dass ich mir ein Kleidchen davon kaufen solle. Ich setzte also meine hochmütigste Nase auf und betrat den vornehmen Laden mit der Haltung einer Frau, die sich jedes der atemberaubenden Modelle leisten konnte.
Ganz konnte ich jedoch mein entscheidungsfreudiges Selbst nicht verleugnen. Ein goldfarbenes Samtkleid, kniekurz und ganz schmal geschnitten, mit einem hohen Kragen, jedoch schulterfrei, passte, als wäre es gerade für mich geschneidert worden. Es war ohne große Diskussion nach kürzester Zeit mein Favorit. Ein kurzes schwarzes Bolero-Jäckchen mit Goldapplikationen wurde darübergetragen und betonte meine Figur mehr, als ich es bislang gewillt war zu akzeptieren. Aber sowohl die beiden Verkäuferinnen als auch mein Spiegelbild überzeugten mich innerhalb von Minuten.
Goldene Strümpfe mit schwarzen Ornamenten an den Fesseln rundeten das Ganze ab, und an der Kasse legte ich nur beiläufig meine Kreditkarte hin. Dann beeilte ich mich zu Buchbinders Bücherecke zurückzukommen, wo ich zunächst nur Minni antraf, die die Strecke der erlegten Mäuse beträchtlich erweitert hatte.
»Wo ist der Besitzer des Ladens?«
»Hoch, in seine Wohnung, er wollte etwas für dich holen.«
Und meine Neugier brach durch: »Sag mal, du verstehst ihn, nicht wahr?«
»Ich hab doch diesen Ohrring an.«
Stimmt, daran hatte ich nicht gedacht. »Aber er versteht dich auch, oder spinne ich?«
»Diesmal spinnst du nicht. Er versteht mich. Algorab hat ihm eine Menge beigebracht. Manche Menschen lernen auch unsere Sprache, ohne dass sie diese Übersetzungsringe brauchen. Es ist eine Frage der Sensibilität.«
Buchbinder kam zurück und trug ein Buch in der Hand.
»Alles bekommen, was Sie suchten?«
»Sogar noch etwas mehr. Ich habe ein Kleid für Weihnachten gefunden, ich konnte einfach nicht umhin, es zu kaufen.«
»Nun, Sie werden es sich verdient haben. Und ich möchte Ihnen und Minerva auch ein kleines Geschenk machen. Nein, nein, nicht ablehnen. Sehen Sie, Minerva hat so viele Mäuse erlegt, das muss belohnt werden. Und mir würde es eine große Freude machen, wenn Sie das hier von mir annehmen würden. Es ist
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