Der Ring Der Jaegerin
ihren tollen Hecht so diplomatisch wie möglich zu bremsen.
Ich entzog mich durch Flucht in die Küche und half meiner Mutter bei der Zubereitung des Roastbeefs, durfte eigenständig das Kartoffelgratin erstellen und die Salatteller richten. Nur die Kressesuppe und das Orangensorbet waren tabu. Sabina steckte ihre neugierige, zierliche Nase in die Küche und verletzte mich mit ihrer Bemerkung über Hausmütterchen. Ich freute mich, dass Minni mit ihr hineinschlüpfte und mit der Kralle an einem ihrer exquisiten Strümpfe hängen blieb. Wahre Freundschaft gibt es nur unter Frauen!
Wir wollten gegen acht Uhr essen, und anschließend sollte es Feuerzangenbowle mit Christbaumbeleuchtung geben. Um sieben warf meine Mutter mich aus der Küche und meinte, ich solle mich endlich umziehen und »schön machen«.
Ich bewohnte mein altes Zimmer, in dem ich meine Kinder- und Mädchentage verbracht hatte. Fast widerstrebend kleidete ich mich in den goldenen Samt. Hier in diesen Räumen meiner Vergangenheit wirkte es so ganz anders. Wieder hatte ich das Gefühl wie kurz vor dem Auftritt, als ich mich im Spiegel sah. War das ich, das großnasige Kind, das mit lebenshungrigen Augen damals die Welt erobern wollte, das sich mit den Qualen des Erwachsenwerdens herumschlug, verzweifelt über einer schlechten Note heulte, so beklommen sich für die ersten Verabredungen »schön machte« und dann noch beklommener die Tage bis zum Vollmond zählte? War die selbstbewusste, verführerische Katharina das staksige Mädchen von damals?
War sie nicht, und energisch schüttelte ich meine Haare auf, um sie nach Lianes Anweisungen zur Mähne zu frisieren. Wenn schon, denn schon!
Minni schwänzelte um mich herum und schnüffelte. Aber einen Kommentar hörte ich nicht von ihr. Ich nahm das mal als Kompliment.
Aber dann fiel mir noch was ein.
»Warum verstehe ich Pfötchen eigentlich nicht, Minni?«
»Weil du eine dusselige Wachtel bist.«
»Aha.«
Verächtlich sahen mich ihre blauen Augen an.
»Trägt die vielleicht einen Ohrring?«
»Nein. Aber ich.«
»Hilft nichts.« Und plötzlich sah Minni bedrückt aus. »Ist schwierig zu erklären, Katharina. Sie ist eine Katze.«
»Du nicht?«
»Ich bin eine Trefélingeborene.«
Mir blieb wieder nichts anderes übrig als zu sagen: »Aha.«
»Wir sind – anders.«
»Ja, dieser Eindruck drängt sich mir allmählich auch auf.«
»Aber Pfötchen geht es gut, nicht?«
»Das solltest du wohl gesehen haben. Sie wird nach allen Regeln der Kunst verwöhnt.«
»Schön für sie.«
»Und du nach allen Regeln der Kunst misshandelt, nicht wahr?«
»Nnna ja …«
Ich lachte sie an und kraulte ihren Nacken.
Mandy hatte das Esszimmer dekoriert, es schimmerte in Tannengrün und Gold. Eine glänzende grüne Satindecke lag auf dem Tisch, Gestecke aus Stechpalmen und goldgelben Rosen standen zwischen weißem, goldgerandetem Geschirr, Kristallgläser funkelten im Licht der Kerzen in ihren hohen Messingständern.
Ich war die Letzte, die eintrat, und hatte damit einen Überraschungseffekt erzielt. Sogar meiner hochmütigen Cousine blieb offensichtlich die Spucke weg. Auch wenn sie durchaus mit mir konkurrieren konnte, das wollte ich gar nicht leugnen. Zumindest passten wir beide trefflich zur Dekoration, ich in Gold, sie in dunklem Grün, viel Chiffon und Goldstickerei.
Das Essen verlief heiterer als in all den Jahren zuvor. Ich merkte, dass ich anfing zu sprühen. Neckte meinen Vater, machte durch ein paar spitze, aber witzige Bemerkungen TomTom mundtot und alberte mit Mandy herum. Dann war das Essen beendet, und wir begaben uns in das Wohnzimmer.
Gemeinsam zündeten wir die Kerzen an – so richtig schöne, altmodische Wachskerzen – und tauschten unsere kleinen Gaben aus. Mandy hatte mal wieder den Vogel abgeschossen. Sie schenkte Sabina und mir je einen Messingkessel – Resultat eines ausdauernden und harten Handels auf einem tunesischen Bazar –, gefüllt mit Goldtalern aus Schokolade. Ihrer Begründung, einen Topf voll Gold könne ja wohl jeder gebrauchen, konnten wir nur lachend zustimmen. Außerdem fanden Sabina und ich beide ein Päckchen mit einer dünnen Kette und einem kleinen Anhänger aus Jade darin, der einen kleinen Katzenkopf darstellte.
Was mich daran erinnerte, dass ich Minni auch etwas zu schenken hatte. Ich sah mich suchend nach den beiden Katzen um und fand sie schlafend und – unter uns: total überfressen – hinter dem Christbaum.
»Minerva!«, lockte ich flüsternd, und
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