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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Stroms eindringlich zu, indem er sich an ihr Ohr beugte. »Aber ich bin dir dafür dankbar.«
    Darauf wußte sie keine Antwort. Fortwährend widersprach sein Verhalten ihren Erwartungen. Wenn er am destruktivsten und unzugänglichsten wirkte, in seine tödliche Gewißheit gehüllt war wie in Mauern, zeigte er unvermutet Anwandlungen größter Freundlichkeit, unverkennbarer Besorgnis. Hinter seinem Mitgefühl und Mut aber verbarg sich nach wie vor der Entschluß zur Kapitulation, unaustreibbar wie Verzweiflung. Er offenbarte bei jeder Gelegenheit Gegensätze. Und wie hätte sie ihm antworten können, ohne den Vorsatz preiszugeben, den sie selbst gefaßt hatte? Anscheinend jedoch war er gar nicht an einer Erwiderung interessiert. Es konnte sein, daß er für sie Verständnis hegte, daß er darüber Klarheit besaß, er hätte an ihrer Stelle genauso wie sie empfunden. Oder vielleicht war er zu müde und zermürbt, um sich mit Fragen zu beschäftigen oder bezüglich seiner Absicht neue Überlegungen vorzunehmen. Er sehnte sich nach einem Ende seiner ausgedehnten Quälerei. Fast sofort gab er mit einer Gebärde zu verstehen, daß er bereit war zum Weitergehen. Ohne Umschweife begann die Erste den unregelmäßigen Uferpfad in der Richtung zum Schlund des Donnerbergs zu beschreiten.
    Pechnase und Hohl hinter sich, schloß Linden sich an, folgte dem Zweifler auf dem steinigen Pfad in die Entscheidung. Unterhalb des Ufers schrumpfte der Seelentrostfluß zwischen den Felswänden unaufhörlich in seiner Breite zusammen, indem die Gewalt des Sonnenübels ihn verzehrte. Die Geräuschentwicklung seines Dahinschießens schwoll an, veränderte sich von lautem Rauschen zu etwas wie gedämpftem Geschluchze. Aber Linden wandte den Blick nicht von den Rücken der Ersten und Covenants, den voraus immer höheren Wänden der Schlucht, der düsteren Massigkeit des Bergriesen. Vom nun durch die Sonne verunstaltet gemachten Gipfel waren einst Geschöpfe aus Feuer herabgekommen, um Thomas Covenant und die Lords vor den Scharen Seibrich Felswürms zu retten, des verrückt gewordenen Höhlenschrats. Aber jene Wesen waren durch das Gesetz des Landes gerufen worden; und es gab kein Gesetz mehr.
    Linden mußte sich konzentrieren, um angesichts der tückischen Bodenbeschaffenheit des Uferpfads keinen Fehltritt zu tun. Der Untergrund war rissig und gefährlich. Einzelne Abschnitte im Sims waren so stark gelockert, daß Linden sie mit ihren sensitiven Sinnen sogar unter ihrem nicht allzu erheblichen Körpergewicht nachgeben spürte. Andere Stellen waren schon vor langem in die Schlucht gestürzt, und schroffe Lücken waren zurückgeblieben. Nur schmale Felsränder waren noch vorhanden, über die die Gefährten an den Brüchen vorbeigelangen konnten. Linden grauste es davor mehr um Covenants als um ihrer selbst willen; wegen seiner Höhenfurcht drohte ihm ernstere Absturzgefahr. Aber er überwand diese heiklen Stellen ohne fremde Hilfe, als wäre auch seine Höhenfurcht lediglich ein Teil von ihm, dem er inzwischen entsagt hatte. Nur der Streß, der in seinen Muskeln glühte, verriet Linden, wie nahe er der Panik kam.
    Der Donnerberg ragte in den Himmel empor. Die Sonne der Dürre versengte seine Abhänge, verursachte die umgehende Verdunstung der Wasserschleier, die aus der Schlucht hinaufwehten. Die Geräuschkulisse des Seelentrostflusses klang in wachsendem Maße nach tiefer Trauer. Trotz ihrer Mattigkeit wäre Linden am liebsten losgerannt, um sich nachgerade kopfüber in die Dunkelheit im Innern des Bergs zu stürzen, aus keinem anderen Grund, als um sich dem Sonnenübel endlich entziehen zu können, aus dem Sonnenschein in die schwarzen Katakomben zu flüchten, in denen soviel Macht lauerte und sich ihrer Gier hingab. In denen niemand sehen würde, was geschah, wenn das äußere Dunkel der Finsternis in Linden begegnete und davon Besitz ergriff.
    Sie wehrte sich gegen die Logik eines solchen Resultats, blieb zu glauben bemüht, sie werde auf eine Lösung stoßen. Aber Covenant wollte Lord Foul seinen Ring geben. Und wo sonst sollte sie die Macht finden, um das zu verhindern? Auf gewisse Weise hatte sie das gleiche schon einmal getan. Während sie vor ihrer todgeweihten Mutter stand, war die Alptraumschwärze in Linden aufgesprungen, hatte die Gewalt über ihre Hände übernommen, und ihr Gehirn hatte von allem Abstand gehalten, nur zugeschaut und vor sich hin geheult. Und die Finsternis hatte gelacht wie in Lust.
    Jeden Tag eines jeden Jahrs

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