Der Ring der Kraft - Covenant 06
Linden hasteten.
Covenant begann zu rufen, noch ehe der Steinhausener in seinen näheren Umkreis gelangte; aber Hamako blieb in kurzem Abstand stehen, brachte Covenant mit einer Geste zum Schweigen. »Du hast deinen Teil getan, Ringträger«, keuchte Hamako; sein Rhysh sammelte sich um ihn. »Der Name der Croyel ist unter den Wegwahrern bekannt.« Er mußte die Lautstärke seiner Stimme heben; die Wegwahrer hatten einen neuen Gesang angestimmt. »Uns ermangelte es allein am Wissen, daß es der Croyel Macht ist, der unser Kampf gilt.« Dabei handelte es sich um eine Beschwörung, wie Covenant sie schon einmal zu hören bekommen hatte. »Wir besitzen darüber Klarheit, was nun begonnen werden muß. Nähere dich uns nicht.« Wie um seine Mahnung zu unterstreichen, zog Hamako einen steinernen Dolch aus dem Gürtel.
Begreifen durchzuckte Covenant. Er kannte den Dolch; oder jedenfalls diese Art von Messer. Es gehörte zu der Beschwörung. Nicht! versuchte er zu schreien. Aber der Einspruch versiegte ihm noch im Mund. Vielleicht hatte Hamako recht. Möglicherweise konnte man nur noch mit so verzweifelten Maßnahmen darauf hoffen, die bedrängten Rhysh zu retten.
Mit einer raschen Bewegung furchte der Steinhausener einen langen Einschnitt über die Adern seines Handrückens. Der Schnitt blutete nicht. Sofort reichte er den Dolch einem Wegwahrer. Flink schlitzte sich der Wegwahrer ebenfalls den Handrücken auf, gab das Messer an seinen Nebenmann weiter. Dann nahm er Hamakos Hand und preßte seinen Schnitt auf dessen Schnittwunde. Während der Beschwörungsgesang anschwoll, standen die beiden da, verbunden durchs Blut. Als der Wegwahrer zurücktrat, glitzerten Hamakos Augen von Kraft.
Auf genau die gleiche Weise hatten er und sein Rhysh Covenant die Kraft verliehen, dank deren er dazu imstande gewesen war, die gesamte Ausdehnung der Mittlandebenen wie ein Schnelläufer zu durchqueren, um Linden, Sunder und Hollian zu folgen. Diese Leistung hatte er mittels der Lebenskraft von nur acht Wegwahrern vollbringen können; dennoch war es schwierig für Covenant gewesen, soviel Kraft in sich aufzunehmen. Und hier umstanden rund zwanzig Wegwahrer Hamako. Schon hatte das zweite der Wesen seinen Anteil beigetragen.
Einer um den anderen schnitten die Angehörigen des Volkes, das ihn bei sich aufgenommen hatte, sich für ihn die Handrücken auf, ließen ihm ihr Blut zuströmen. Und jede Infusion von Blut versah ihn mit einem neuen Schub an Kraft, drohte die Grenzen seiner Sterblichkeit zu sprengen. Was man ihm zumutete, war zuviel. Wie sollte ein einzelner Mensch hoffen dürfen, im Gefäß seines Körpers aus gewöhnlichen Sehnen und herkömmlichem Gewebe ein solches Maß an Macht bergen zu können? Während er zuschaute, befürchtete Covenant, Hamako werde das Verfahren nicht überleben.
Da entsann er sich an den ausgeglühten Gram und die Entschlossenheit, die er in Hamakos Augen gesehen hatte; und er begriff, der Steinhausener hatte gar nicht die Absicht, zu überleben.
Wenig später hatten zehn Wegwahrer Hamako von ihrem Blut zum Geschenk gemacht. Hamakos Haut hatte in der eisigen Luft zu glimmen begonnen wie entflammter Zunder. Aber er schrak nicht zurück, und seine Kameraden brachen den Prozeß des Spendens nicht ab.
Drunten in der Ebene nahm der Kampf unterdessen einen schlimmen Verlauf. Covenants Aufmerksamkeit war auf Hamako gerichtet gewesen; er hatte nicht bemerkt, wie es den Arghuleh gelungen war, die Wegwahrer-Formation zu spalten. Inzwischen jedoch fochten die Wegwahrer in zwei Abteilungen, zwei getrennten Keilen, die jeder nur noch mit der Hälfte der gemeinsamen Kräfte rangen und vergeblich versuchten, den Eiswall zu durchbrechen und sich wieder zusammenzuschließen. Weitere Wegwahrer waren gefallen; noch mehr fielen. Die Riesen waren so sehr mit Eis verkrustet, daß sie wirkten, als dürften sie sich kaum noch regen können. Sie kämpften heldenhaft; aber sie konnten es mit Bestien, die immer wieder vom Tod zurückzukehren vermochten, nicht auf Dauer aufnehmen. Bald mußte schon die Ermüdung sie überwinden, und dann würden sie rettungslos verloren sein.
»Los!« keuchte Covenant Cail zu. Blutige Eiszapfen splitterten von seinem Ellbogen, als er den Arm bewegte. »Hilf ihnen!« Aber der Haruchai gehorchte nicht. Trotz der uralten Freundschaft zwischen den Riesen und seinem Volk verriet seine Miene keine Andeutung von Besorgnis. Sein Versprechen des Dienstes war Covenant abgelegt worden, nicht der Ersten; und
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